Dienstag, 17. Januar 2006, 0:57 Uhr

Rechtschreibung und Stil in deutschen Blogs

Gerade vor wenigen Minuten ist es passiert. Ich habe ein Blog aus meinem Feed-Reader verbannt. Nicht, dass das noch nie vorgekommen wäre – doch heute geschah es aus einem speziellen und bisher einmaligen Grund: Fürchterliches Deutsch.

Jawohl, sorry Pesche Stöckli, aber die Lektüre war eine regelrechte Folter. Hier einige Hingucker (oder besser: Weggucker):

[…] und beim vorbeisurfen sticht euch hinter einer Welle eine Domain in das Auge und ihr denkt so für euch die will ich haben.

Wenn man nicht weiss um was es geht denkt man es handelt sich um einen Scherz, warum sollte ein Besitzer einer guten Domain diese Abstossen?

Das jemand von Hand eine Top-Domain registrieren kann aufgrund dessen das sie gelöscht wurde ist heutzutage beinahe unmöglich. Um ein Beispiel zu machen das es sich grundsätzlich lohnt den Markt zu beobachten zeigt ein Beispiel von Heute […]

Quelle: Die will ich! Jetzt!

Wenn ich solche Sätze lese, komme ich im Geiste ausser Atem. Als würden meine Auge durch den ganzen Satz gejagt … Was ist falsch? Es fehlen die KOMMAS KOMMATA! Anscheinend gibt es heutzutage zwei unterschiedliche Typen von strapazierenden Schreiberlingen: Diejenigen, die zu viele Kommatas Kommata* setzen (Faustregel: so alle drei, vier Wörter eines), und diejenigen, die sich darüber hinweg setzen und eine anständige Interpunktion gar nicht erst für nötig halten.

Keine Ahnung, ob solche fundamentale Kritik an einem Bloger in der Blogosphäre verpönt ist, aber nach der Lektüre (die ich im letzten Drittel abbrechen musste) wollte ich hier meine Meinung stinkfrech loswerden.

Ja, ich weiss – Deutsch ist nicht gerade die Erfindung der Einfachheit. Unsere Kinder mühen sich in der Schule zu Tode mit der zum Teil sehr unlogischen und über Jahrhunderte gewachsenen Orthographie und Grammatik. Und erst dieser Genitiv (Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod sowie Deppen-Apostroph)! Doch nun sind wir nun mal im deutschen Sprachraum aufgewachsen und sollten doch versuchen, anständige Texte hinzukriegen. Für mich ist das schon fast eine Anstandsfrage – wenn ich schon für die Welt oder das Internet oder die Blogosphäre schreibe, dann bitte so, dass die Leser dann auch Spass an der Sache entwickeln.

Weltsprache

Verwunderlich, dass eine amerikanische Bekanntschaft in Madrid mir doch tatsächlich weismachen wollte, dass die nächste Weltsprache (nach Englisch) Deutsch sein wird. Ich war dann doch gar etwas anderer Meinung: Je einfacher desto besser. Von Lateinisch zu Französisch zu Englisch haben wir bisher immer eine grössere Vereinfachung hingekriegt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir alsbald zu einer Sprache tendieren werden, die die Völkerverständigung unnötig verkomplizieren würde. Deutsch ist zwar vielleicht nicht gerade so schlimm wie Chinesisch (Gott behüte!), aber doch derart kompliziert, dass viele überfordert wären.

Da es das Esperanto irgendwie immer noch nicht zu Weltruhm geschafft hat, wurde ich hellhörig, als Kollege Zgraggen kürzlich erläutert hat, wie simpel das Schwedisch gestrickt sei. Jedermann duzt sich (wie im Amerikanischen Englischen) und die Verben werden nicht konjugiert. Man sagt also beispielsweise:

ich gehen
du gehen
er gehen
wir gehen
Sie gehen
sie gehen

Tönt auf den ersten Blick blöd, doch ein exzellentes Beispiel für das von mir propagierte „Keep it simpleTM„. Mit einer solchen Konjugation schreiben alle nur noch 6er – garantiert.

In der Vergangenheitsform genau dasselbe (also wohl irgendwie ‚ging‘). Das nenne ich fortschrittlich. Um in unserer zunehmend globalen Welt werden wir um eine möglichst einfach zu lernende Sprache nicht herum kommen. Denn anstelle sich mit Dictionaries in der MIGROS-Klubschule herumzuärgern, sollte die Zeit lieber dazu eingesetzt werden, zusammen mit der globalen Kommunikation etwas auf die Beine zu stellen, das die Menschheit weiter bringt.

Das Internet existiert – nun ist es an der Zeit, die mit dieser Technik transportierten Inhalte demselben Quantensprung zu unterwerfen.

Deutsche Immigranten

A propos eidgenössische Gofen und deutsche Immigranten-Kinder: Chasch du nöd Dütsch redä? ? Als Deutsches Kind unter Schweizerkindern.

Auf der Arbeit haben wir ein junges Elternpaar aus Deutschland, dass mir das letzte Mal zu verstehen gegeben hat, dass ihr Kind gefälligst perfektes Hochdeutsch sprechen wird und die „Bauernsprache“, die man hier in Bern pflegt, dann in den eigenen vier Wänden zum Tabu erklärt wird. Naja, das Kind spricht noch nicht einmal – irgendwie glaube ich noch nicht so recht, dass das Kind den Eltern sprachtechnisch Freude machen wird. Man stelle sich vor, der Sohnemann kommt in den Kindergarten und spricht perfektes Hochdeutsch … und keiner versteht ihn. Etwas schlimmeres kann man einem Kind nicht antun. Hoffen wir also auf eine kinderreiche Nachbarschaft, die ihm das langsamste, urchigste Berndeutsch beibringt (inkl. aller Fluchwörter), das man sich wünschen kann *smile*

PS: Auch ich mache Rechtschreibefehler. Deshalb lese ich mein Blog einmal sorgfältig durch und korrigiere nicht selten eine Vielzahl der Sätze. Qualitätssicherung muss auch zum Bloggen gehören!

PPS: Dank Kollege Burgdorfer (der sich übrigens eines solchen Rechtschreibe-Marathons entzieht, in dem er auf’s Englische ausgewichen ist) weiss nun auch ich, wie man Komma im Plural schreibt … Kommata, ohne s. ‚Kommas‘ wäre aber auch erlaubt, sei zu meiner Unschuld gesagt.

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