Montag, 22. September 2008
[…] Der gesamte Markt wird neu geordnet, Paulson zieht die Fäden. Spötter sprechen seitdem vom größten „volkseigenen Betrieb“ der Welt.
Dass ausgerechnet ein Investmentbanker wie Paulson diese staatlichen Interventionen führt, ist für die Wall Street nicht ohne Ironie. „Die Freiheit zum Erfolg bedeutet auch die Freiheit zu scheitern“, pflegte der Jurist früher zu sagen. Doch genau dieses Scheitern wird jetzt um jeden Preis verhindert. „Bisher haben wir immer Einzelfallentscheidungen getroffen“, sagt er. „Jetzt brauchen wir mehr. Wir müssen nun eine grundlegende Lösung finden.“
Quelle: FTD.de – Agenda: Paulsons Plan – International
Wir erleben eine Zeitenwende – in den USA wird derzeit gerade alles verstaatlich, was nicht niet und nagelfest ist (respektive kurz vor dem Bankrott steht). An der Spitze des Landes steht aber faktisch nicht mehr Hampelmann George W. Bush, sondern Finanzminister (soon-to-be: Lieber Führer) Henry Paulson.
Den Gesetzestext, den Paulson diese Woche durch das Parlament peitschen will – von einem aufmerksamen Zeitgenossen seziert – hat es in sich:
Hank Paulson, CEO of Goldman Sachs on leave, has complete and total control over the nation’s treasure. He would be unchecked by Congress, unchecked by the President. He will be king.
The end of America as you knew it is at hand. It was a good 232 year run. But it is about to be stolen in the night.
Auch den Massenmedien dämmert es:
Wenn der Kongress den Rettungsplan tatsächlich genehmigt, wird Paulson damit wohl zum mächtigsten Finanzminister aller Zeiten. Sein Haus bekommt umfassende Vollmachten – und wird zugleich vor juristischen Angriffen geschützt. „Paulson sagt: ‚Glaubt mir, ich werde alles richtig machen, wenn ich die absolute Kontrolle bekomme'“, klagt Nouriel Roubini, Volkswirtin an der New York University. „Aber wir leben doch nicht in einer Monarchie!“ Der Minister würde damit „für einige Monate zum Diktator des US-Finanzsystems“, spottet auch die Wall Street.
[…] Paulson müsse vor allem das Budgetdefizit zurückführen, hieß es damals in Washington. Gemessen daran, soviel kann man heute bereits sagen, ist der dritte und letzte Finanzminister der Regierung Bush grandios gescheitert.