Archiv 17. März 2011

Donnerstag, 17. März 2011

Bye bye, Elektroauto

Heute habe ich an der SES-Veranstaltung „Elektromobilität: Mit Strom in den Verkehrskollaps?“ in Bern teilgenommen. Dort referierten Prof. Dr. Guzzella von der ETH Zürich sowie Dr. Axel Friedrich aus Deutschland über die Marktchancen von Elektroautos. Die Folien der Präsentationen stehen im Netz zum Download bereit.

Besonders der Vortrag von Prof. Guzzella hat einen grossen Eindruck auf mich hinterlassen — er hat seine äusserst klare Auffassungen mit grösster Effizienz ans Publikum gebracht, dabei aber einige Anwesende sicherlich vor den Kopf gestossen. Recht so, denn nur mit klaren Kontrapunkten kommt die Diskussion in die Gänge!

Mich hat dieser Vortrag im Eindruck bestärkt, dass wir auf dem Holzweg sind, wenn wir unsere gesamte Fahrzeugflotte von Benzin- auf Elektromotoren umstellen möchten. Obwohl er sich nicht mit den Peak Oil-Schauermärchen-Theorie anfreunden kann, ist auch er der Auffassung, dass mit einem solch hirnrissigen Umstieg vom Otto- auf den Elektromotor der Status Quo niemals aufrecht erhalten werden kann. Stattdessen propagiert er klar einen Paradigmenwechsel in den Köpfen der Schweizer und Westler: Sparen, sparen, sparen!

Konkret sähe er die Autoindustrie bereits heute in der Lage, 2 Liter Benzinmotoren herzustellen — doch die Mehrheit unserer Mitbürger sei nicht bereit, solche Fahrzeuge zu kaufen: Weil diese zu klein seien und viel zu langsam von 0 auf 100 beschleunigten. Süffisant liess er sich zur Nebenbemerkung hinreissen:

Das Auto ist nicht dazu da, um irgendwelche Psycho-Probleme zu lösen. 30 PS reichen!

Dies geht auch an die Adresse der Mehrheit meiner Kollegen. Da muss leider noch viel Überzeugungsarbeit geleistet werden.

Die Zukunft des motorisierten Individualverkehrs liegt laut Guzzella auf Grund der unlösbaren Schwächen der Batterietechnologie nicht in Elektro- oder Hybridautos, sondern weiterhin im Verbrennungsmotor. Eindrücklich zeigt er dies auf Folie 22 seiner Präsentation, wo er die Energiedichten von Kohlewasserstoffen und Batterien vergleicht. Falls die Batterietechnologie doch noch markant verbessert werden könnte (was noch nicht erwiesen ist), würde dieses Unterfangen Jahrzehnte in Anspruch nehmen.

Exponenten, die mit unglaublichen Energiedichten ihrer Batterien schwärmen, hält er Toyota vor die Nasen: Wenn Toyota in seinem Prius keine solche Batterie verbaue, existieren diese Wunderbatterien schlicht und ergreifend nicht. Toyota sei ein Autohersteller, der Autos verkaufen müsse, weil das nun einmal das vernünftige Geschäftsmodell der Firma ist. Unrealisierbare Träumereien zu verkaufen überlassen die privatwirtschaftlichen Autohersteller den Hinterhoferfindern, denn diese müssten ja nichts marktfähiges realisieren und sind auch keinem Aktionär Rechenschaft schuldig.

Weiter gab er zu bedenken, dass heutige Elektroautos dem Markt vorbeigeplant seien: Wenn ein Bürger mit seinem Erspartem für 25’000 Franken ein Auto kaufe, werde er sich immer für dasjenige Modell entscheiden, welches auch mal 600 Kilometer an einem Stück mache und danach nicht für 8 Stunden an das Stromnetz angeschlossen werden müsse, sondern innert 3 Minuten aufgetankt sei und danach weitere 600 Kilometer zurücklegen könne (Folie 35). Und das ist nun einmal der VW Polo mit Verbrennungsmotor und nicht ein Elektromobil im Prototypen-Stadium. Wer sich ein Elektroauto kaufe, müsse sich noch einen Zweitwagen leisten, um auch mal vier Personen transportieren und längere Distanzen zurücklegen zu können. Und das könne ja nun wirklich nicht der Sinn der Sache sein.

Guzzella warnt deshalb die Politik davor, Elektroautos zu subventionieren. Das wäre das Gefährlichste, was ein Staat seiner Wirtschaft, Umwelt und seinen Bürgern antun könne. Stattdessen müssten Gesetze erlassen werden, die die Autoindustrie zwängen, effiziente und äusserst sparsame Autos herzustellen — und die Bürger (evtl. mit finanziellen Abgaben) derart einschränken, dass diese nur noch solche Fahrzeuge anschaffen würden.

Nebenbei: Folie 33 zeigt, was ich auch schon hier in meinem Blog erwähnt habe: Das grösste Manko in der IT-Industrie sind die Batterien. Die CPU-Leistung, die Speicherkapazität von RAM und Festplatten steigen zwar linear an, die Energiedichte von Batterien ist hingegen seit Jahrzehnten stagnierend.

Schlusswort

An der Veranstaltung nur von einem Beamten des Bundesamtes für Umwelt angesprochen wurde die Frage, ob wir denn überhaupt so viel Mobilität benötigen … Auch aus meiner Sicht wäre dies immer noch das Grundproblem in diesem weitreichenden Themenkomplex.

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