Archiv Februar 2022

Montag, 28. Februar 2022

Wie abhängig sind wir von russischem Gas?

(Bitte kommentieren, wenn ich Rechen- und/oder Überlegungsfehler gemacht haben sollte)

Spannende Diskussion gestern: 47 Prozent der Gas-Importe in die Schweiz stammten 2020 aus Russland.

Tönt vorerst nach erschreckend viel — wie einfach ist es, die Hälfte unserer Gas-Importe zu ersetzen, wenn gleichzeitig das ganze westliche Europa ebenfalls händeringend auf der Suche nach Gas ist?

Ein Bekannter wies mich dann aber daraufhin, dass man unbedingt auch den Anteil von Gas am gesamten Energiemix der Schweiz betrachten müsse.

Sprich: Katastrophal würde die Situation, wenn Gas 99 Prozent unseres gesamten Energiehaushalts stellen wurde, und somit auf einen Schlag die Hälfte unseres Energiebedarfs wegbrechen würde. Höchst vernachlässigbar hingegen, wenn Gas am gesamten Mix nur 1 Prozent ausmacht.

Nun, gemäss Watson lieferte Gas 15.1 Prozent der 2020 insgesamt produzierten/verbrauchten 747’400 Terajoule (TJ) an Energie. Somit müsste die Schweiz Pi mal Daumen 7.5 Prozent ihrer Energieproduktion (ungefähr 56’055 TJ) anderweitig beschaffen.

Zum Vergleich: Bereits verbaute Photovoltaik generierte im Jahr 2020 insgesamt 9’355 TJ (Quelle). Wir müssten also in ein paar Wochen nur fünf Mal soviel Photovoltaik auf die Dächer pappen wie bereits verbaut sind, dann könnten wir auf Putins Gas verzichten.

Wer den Sarkasmus nicht versteht:

  • Die Photovoltaik-Terrajoules werden mehrheitlich im Sommer anfallen — doch wann verbrennen wir am meisten Gas? Vermutlich im Winter.
  • Gemäss Watson werden 40 Prozent aller Gaslieferungen von den Haushaltungen verwendet — ich gehe davon aus Heizen, Warmwasser, Kochen.
  • Ob die restlichen 60 Prozent der Gasnutzung einfach so durch Strom ersetzt werden können, verschliesst sich mir. Es könnte sich um Anwendungszwecke handeln, die — aus welchen Gründen auch immer — zwingend Gas benötigen.

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Montag, 28. Februar 2022

Was bedeutet Schweizerische Neutralität konkret?

In Gesprächen mit Bekannten scheint sich in den letzten Tagen eine für mich nicht nachvollziehbare, völlig unlogische Interpretation der „Schweizerischen Neutralität“ breit zu machen.

Der Grundsatz ist in Art. 185 BV verankert:

Der Bundesrat trifft Massnahmen zur Wahrung der äusseren Sicherheit, der Unab­hängigkeit und der Neutralität der Schweiz.

Auf Grund der russischen Operationen in der Ukraine/des Angriffs Russlands auf die Ukraine/der russischen Invasion der Ukraine fordern einige Bekannte, dass wir uns umgehend an allen Sanktionen gegen Russland beteiligen müssen, die derzeit von den USA, Grossbritannien und der EU etappenweise ergriffen werden.

Ich verstehe die moralisch-ethischen Beweggründe hinter solchen Forderungen durchaus — aber für eine Seite in einem Konflikt Partei zu ergreifen ist meiner Meinung nach ja genau das Gegenteil von Neutralität.

Nun kann man durchaus darüber sinnieren, ob die Neutralität noch zeitgemäss ist (meine Meinung: für eine kleine offene Volkswirtschaft überlebenswichtig, und deshalb unabdingbar).

Offenbar hat eine andere, kleine offene Volkswirtschaft, bereits ihre gegenteiligen Schlüsse gezogen: Das „neutrale“ Schweden ist bereits gekippt.

Wenn die Mehrheit der Schweizer zum Schluss kommt, dass wir uns künftig in jeder geopolitischen Krise auf eine Seite schlagen sollten (wir werden selbstverständlich jedes Mal die „gute“ Seite erwischen!), ist der Weg ganz einfach: Volksinitiative starten, 100’000 Unterschriften sammeln, Volk- und Ständemehr ergattern, Paragraph kippen, oder umschreiben.

Ich bin kein (Verfassungs)Jurist, aber wäre bis dann nicht jedes Zuwiderhandeln gegen die Neutralität ein Verfassungsbruch? Oder darf man in einer Güterabwägung diesen Artikel übersteuern, weil einem ein anderer Artikel (welcher?) wichtiger erscheint? Schrecklicher Verdacht: Haben unsere Vorväter die „Neutralität“ die letzten 207 Jahre, das heisst seit 1815, falsch umgesetzt?

Hintergrund

Doch was bedeutet Schweizerische Neutralität? Respektive was bedeutete sie bis zum 28. Februar 2022?

Mit ihrem eigenwilligen Verständnis des Neutralitätsbegriffs deklarierte die Schweiz das direkte Ergreifen von Sanktionen als unvereinbar mit der Neutralität. Gleichzeitig wollte sie, aus Angst vor internationalem Druck und Reputationsschäden, nicht als Kriegsgewinnerin oder Unterstützerin von Pariastaaten dastehen. Sie erfand deshalb den Diskurs vom «Courant normal». […] Sanktionen, die zu einer Verringerung des Handelsvolumens mit einer Konfliktpartei geführt hätten, wären im damaligen Verständnis als Verletzung des neutralitätspolitischen Gebots der Gleichbehandlung der Konfliktparteien betrachtet worden. Der Courant normal bedeutet also, dass die Wirtschaftsbeziehungen unter allen Umständen fortgeführt wurden, allerdings ohne deutlichen Anstieg des Handelsvolumens.

Quelle: Historiker: «Die Schweizer Neutralität hat ein Eigenleben entwickelt»

Wenn der Bundesrat morgen den „autonomen Nachvollzug“ von Sanktionen beschliesst, bin ich mir nicht sicher, ob wirklich alle Bundesräte, Politiker, Beamte und Mitbürger die langfristigen Implikationen dieses Entscheids verstanden haben.

Nachtrag

Klaus J. Stöhlker hat heute ebenfalls zur Feder gegriffen: Kein Schweizer ist neutral – die Schweiz muss es bleiben.

Nachtrag 2

Cédric Wermuth, Ko-Präsident der SP Schweiz:

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Montag, 28. Februar 2022

Aus aktuellem Anlass: Thirteen Days (2000)

Ich glaube ich sollte den Streifen mal wieder schauen. Bis dahin lohnt es sich, den Filmbeschrieb zu lesen: Thirteen Days (Wikipedia).

In mir bereitet sich die äusserst beunruhigende Vermutung aus, dass sich das weltweite politische Personal von 2022 in keiner Hinsicht mit dem von 1962 messen kann.

Kalenderwoche 9 Anno Domini 2022 könnte die alles entscheidende Woche in meinem Leben werden.

Grundgütiger!

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Donnerstag, 24. Februar 2022

Aus aktuellem Anlass: H. J. Mackinder (1904): The Geographical Pivot of History

Putins Bettlektüre?

Who rules East Europe commands the Heartland;
who rules the Heartland commands the World-Island;
who rules the World-Island commands the world.

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Mittwoch, 23. Februar 2022

dhcpd: Unable to add forward map from X to 1.2.3.4: SERVFAIL

Ich habe meine lokalen DHCP-Server so konfiguriert, dass Geräte mit ihrem lokalen DNS-Namen auch in named (BIND9) registriert werden.

Gelegentlich treffe ich folgendes Problem an:

Feb 23 01:15:15 SERVER dhcpd[2746174]: Unable to add forward map from apple-tv.domain.tld. to 10.1.2.3: SERVFAIL

Wie ich mittlerweile nach unzähligen verbratenen Stunden herausgefunden habe hängt dies mit diesem beschissenen AppArmor zusammen. Obwohl ich es jeweils deinstalliere, taucht es nach Updates wieder im System auf.

Die Lösung:

# apt-get remove apparmor
# systemctl stop apparmor
# systemctl disable apparmor

Quelle: How to disable and remove AppArmor in Ubuntu and Debian

Je nach Tageslaune ist dann auch noch ein Reboot nötig.

Mittlerweile habe ich eine monit-Regel eingerichtet, die mich alarmiert, wenn ein solcher Log-Event in /var/log/dhcp.log auftaucht.

(Auf meiner Todo-Liste steht, die Installation mittels apt zu verbieten)

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Dienstag, 22. Februar 2022

Wer war der Pilot des versenkten F-35C?

Am 24. Januar 2022 stürzte ein F-35C beim Landeanflug auf den Flugzeugträger Carl Vinson ab und versank im südchinesischen Meer.

Hier ein Video davon — zum Glück kam niemand um’s Leben:

Auf Twitter kam ich heute an diesem Artikel vorbei: The world’s first female pilot, crashed an F-35 fighter on her first try.

[…] it became known that the world’s first female F-35 pilot was at the helm of the US Navy’s fifth generation fighter. This, according to American sources, was her first flight from the deck of an aircraft carrier, which was enough to destroy a fighter worth more than $ 100 million.

The information that the fighter was flown by a woman was presented to the media by one of the crew members of the American aircraft carrier Carl Vinson, noting that despite the fact that the woman had completed a full course of training and successfully completed the take-off and landing training program on the deck of an aircraft carrier, for her, the current flight was the first from the deck of a real warship.

Die Pilotin wurde nicht mit Namen genannt, aber gemäss dem Photo handelt es sich um Christina Mau. Hier ein Video-Interview mit ihr, aus dem Jahr 2015.

Nebenbei: Wieso steht auf Ihrem Namensschild „Grinder“? Auf diesem Photo von 2017 stimmt der Name hingegen (Artikel)

Das Problem: Christine Mau fliegt seit 2017 nicht mehr für die U.S. Air Force. Und: Beim Absturz handelt es sich um einen F-35C der U.S. Navy. — sie war aber wie gerade erwähnt für die USAF tätig.

Zwei Möglichkeiten: Der Autor des Artikels hat einfach ein beliebiges Photo einer Pilotin vor einer F-35 gewählt. Oder es handelt sich schlicht um Fake News — schliesslich schaut die Website nicht vertrauenswürdig aus, und bringt beim Kopieren kyrillische Schriftzeichen mit.

Nun, schauen wir mal. Vielleicht erfahren wir irgendwann einmal, welches Geschlecht der Pilot hatte. Aber ich hoffe auch die U.S. Navy pflegt eine blameless culture, und dabei spielt das Geschlecht absolut keine Rolle.

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Dienstag, 22. Februar 2022

Amerikanische Flughäfen sind laut

Leider hat Duncan Davis seinen so treffenden Blog-Post von 2019 (Tweet des Autors zum Artikel) gelöscht (oder: ich kann ihn mit Google nicht mehr finden).

Immerhin habe ich drüben bei Dan Barber einen Ausschnitt davon gefunden:

As soon as you arrive in the United States from overseas, people are yelling at you. First, they’re telling you which queues to use depending on which passport you have. Somehow, the printed signage doesn’t suffice, though I have a hard time believing that uniformed officers quickly barking orders at people is of much use to a foreign-language speaker.

Via: The loudness of American airports

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Labels: USA

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Montag, 21. Februar 2022

„Chinaman“

Der Schweizer Professor Franz Werro (Universität Fribourg) hat sich während einer Online übertragenen Gastvorlesung an der Georgetown University höchst despektierlich gegenüber einem chinesischen Studenten geäussert:

Als ich dieses Video zum ersten Mal geschaut habe, blieb mir der Bissen im Hals stecken.

Über meine Frau und ihre Verwandtschaft weiss ich, dass es in den Vereinigten Staaten schlicht keinen Anwendungszweck für das Wort „Chinaman“ gibt. Nie. Never. Ausser der Sprechende will einen rassistischen Zwischenfall provozieren.

Inside Paradeplatz ordnet die Geschichte anders ein, was ich (in diesem Fall) so nicht unterstützen kann. Weil ich auf Grund meines Privatlebens biased bin, und mein Kompass diesbezüglich deutlich sensitiver eingestellt zu sein scheint.

Durchaus darf man einwenden, dass es sich beim Schweizer Professor weder um einen Muttersprachler, noch um einen langjährigen Bewohner der USA handelt, und ihm nicht böse Absicht attestieren.

Werro ist aber Professor, das heisst sollte mit entsprechender (emotionaler) Intelligenz ausgestattet sein, lehrt heuer nicht das erste Mal in den USA, und sollte sich der Minenfelder für „alte, weisse Männer“ auf den Campus‘ amerikanischer Universitäten bewusst sein und entsprechend pedantisch auf seine Wortwahl achten (den Wokismus kann man fragwürdig finden, dem muss man sich aber einfach bewusst sein, wenn man dort lehrt).

Das einzige, was ich mir zu seinem Schutz vorstellen kann: Er wollte auf Deutsch „Hat der Herr aus China noch eine Frage?“ sagen, hat aber anstelle „Gentleman from China“ auf „Chinaman“ verkürzt. Will mir aber nicht wirklich einleuchten. Und wäre immer noch irgendwie grenzwertig.

Unmissverständlich rassistisch wäre übrigens die Wahl dieses Wortes, welches äquivalent zum N-Wort ist.

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Sonntag, 13. Februar 2022

Das ewige In-Abstimmungsresultate-reininterpretieren-und-fordern

Die SP Kanton Bern in einem Email heute Sonntag um 15:29 Uhr:

JETZT BRAUCHT ES EINE ÖV-OFFENSIVE

Die SP Kanton Bern bedauert das Nein zur Änderung des Gesetzes über die Besteuerung der Strassenfahrzeuge. Die Verknüpfung der Motorfahrzeugsteuer mit einer Senkung der Einkommensteuern hat nicht überzeugt. Nun braucht es andere Massnahmen, um eine Verkehrswende herbeizuführen und so den CO2-Ausstoss zu senken. Die SP fordert deshalb eine ÖV-Offensive im ganzen Kanton Bern.

Quelle: Jetzt braucht es eine ÖV-Offensive!

Wenn ich solche Emails lese, zwickt es mich in den Fingern, eine Web-App zu bauen, mit welcher man Pressemitteilungen nach gewonnenen oder verlorenen Abstimmungen automatisiert generieren kann.

Beispiel: Das Gesetz über die Motorfahrzeugsteuern wurde angenommen? „Das Volk hat gesprochen: Jetzt braucht es flächendeckend Zone 30, und längerfristig Fahrverbote!“ Bescheuert.

Jungs und Mädel, jetzt mal ehrlich: Das Berner Stimmvolk hat gegen die Erhöhung der Motorfahrzeugsteuern abgestimmt. Nicht mehr, nicht weniger. Im Abstimmungsbüchlein stand nirgends etwas davon, dass man bei einem Nein gleichzeitig stillschweigend (!) eine ÖV-Offensive fordert und akzeptiert.

PS: Ich habe Ja gestimmt. Wir fahren einerseits einen leichten und verbrauchsarmen Benziner, was uns ca. 50 Franken pro Jahr mehr gekostet hätte (eine Tankfüllung in Vor-Inflationären und Vor-Kriegerischen Zeiten). Andererseits finde ich, wer sich „Panzer“ und „Rennautos“ für viele, viele zehntausende von Franken leisten kann, kann auch ein paar hundert Franken pro Jahr mehr an Strassensteuern bezahlen.

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Sonntag, 13. Februar 2022

Hat WOPR kommende Woche eine Fehlfunktion?

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