Wer sich mit der chinesischen Sprache beschäftigt, kommt zwangsläufig mit (Hanyu) Pinyin in Kontakt: Es handelt sich dabei um eine Alphabetschrift, die uns im Westen erlaubt, chinesische Zeichen und Begriffe in lateinischer Schrift zu schreiben und (fast noch wichtiger) mehr oder weniger korrekt auszusprechen. Diese Konversion von chinesischen Zeichen in das lateinische Alphabet nennt man auch „Romanisierung“.
Nebenbemerkung: Es gibt auch den umgekehrten Weg: Das Japanische bedient sich der Lautschrift Katakana, um Fremdwörter in den japanischen Wortschatz aufzunehmen. Liest ein Japaner die Katakana-Zeichen „スイス“, so weiss er, dass das Wort als „Su-i-su“ ausgesprochen werden muss. Es handelt sich dabei um den Namen für die Schweiz. Genial! Dies erlaubt es, immer wieder neue Fremdwörter in den Wortschatz aufzunehmen, ohne ständig neue Schriftzeichen dafür erfinden zu müssen.
Pinyin wird in der Volksrepublik China seit 1956 verwendet. Wenn man aber nach Taiwan reist, merkt man mit Blick auf Schilder, Wegweiser und Plakate, dass hier nicht Pinyin angewendet wird!
Taipei, die Stadt im „Norden“ (chinesisch: bei), schreibt man mit „p“ anstelle mit „b“ (wie in Beijing, die „nördliche Hauptstadt“).
Was läuft denn da? Taiwan wandte früher die Wade-Giles Romanisierung an, welche folgende Unterschiede zu Pinyin aufweisen:
(Um es noch verzwickter zu machen: Zwischen 2002 und 2008 war Tongyong Pinyin der offizielle Standard zur Romanisierung in Taiwan, mittlerweile sollte Hanyu Pinyin verwendet werden).
Wo das (unter anderem) eine Rolle spielt: Der Ledigname meiner Frau ist Pai. Bei Nachfragen erzählt sie jeweils, dass ihr Familienname im chinesischen als 白 geschrieben werde und das dem Zeichen der Farbe „weiss“ entspreche (wäre sie Schweizerin, hätte ich somit Frau Wyss geheiratet …). In Pinyin wird er als bái (Wikipedia) geschrieben. Bei Wade-Giles hingegen eben pai.
Andere Beispiele sind die Taiwanesischen Familiennamen Tsai und Hsu — in Pässen der Volksrepublik China würden Leute mit diesen Familiennamen als Cài (Wikipedia) und Xú (Wikipedia) romanisiert.
Ja, ich bin mir bewusst, dass die vier Töne im Hanyu Pinyin nicht abgedruckt werden.
Twitter und Telegram kochten gestern über: Tausendfach wurde das Video geteilt, welches zeigt, wie Hu Jintao, ehemaliger Staatspräsident von China und Generalsekretär der Kommunistischen Partei Chinas, bald 80 Jahre alt, mehr oder weniger „freundlich“ aus dem 20. Parteitag herauseskortiert wurde:
#China: Former President & General Secretary of China, Hu #Jintao, Xi #Jinping's predecessor, has been physically removed from Communist Party Congress and has since disappeared. pic.twitter.com/yWHASApF9n
Im Gegensatz zu vielen anderen Leuten sah ich hier aber primär einen alten, senilen — und vermutlich auch verwirrten — Mann, der nicht so recht wusste, wo er sich befindet und was um ihn herum geschieht. Aber ich kann mich täuschen.
Folgender Tweet trifft (meiner Meinung nach) den Nagel auf den Kopf:
The funniest thing about Hu Jintao is that the former president of China from a decade ago is probably as lucid and functional as the current president of the United States yet when he is shuffling around looking confused, it's a coup whereas for Biden, it's just Monday.
Auf gut Deutsch interpretiert: Während man sich im Westen Sorgen um einen „verdienten“ (je nach Blickweise, natürlich) chinesischen Staatsmann macht, haben wir einen ähnlich alten, und befürchtungsgemäss ähnlich senil/dementen Mann im Weissen Haus. Er ist Herr über die schlagkräftigste Armee der Welt, mit 750 Militärbasen um die ganze Welt herum verteilt, und er hat zudem die Befehlsgewalt über tausende Raketen, die mit Atomsprengköpfen bestückt sind.
Nachtrag
Was (offenbar) vor dem Videoausschnitt geschah — und plötzlich steht alles in einem anderen Licht:
Ignore sound and see how caring Xi Jinping🇨🇳 and Li Zhanshu🇨🇳 are. The two couldn't sit before ensuring Hu Jintao🇨🇳 is comfortable👍 pic.twitter.com/ZW9k9VfnRl
Für mich ist das zweite Video ein Beweis für die gelebte chinesische xiào, der „kindlichen Pietät“ im hier im Sinne von Respekt und Achtung der Älteren. Falls die Parteioberen Hu Jintao ausschliessen und/oder böses antun wollten, wieso dann vorgängig solche Gesten?
Selbst nach mehrmaligem Lesen verstehe ich den von Qualitätsjournalismus nur so strotzenden Blick-Artikel nicht.
Wie ich das Geschreibsel deute: China habe zu viele Kredite an afrikanische Staaten vergeben, und nun den Überblick über die gesprochenen Kredite verloren. Wenn Afrika in eine Schuldenkrise stürzt, würde China das auch zu spüren bekommen — und im schlimmsten Fall wegen Kreditausfällen in eine Finanzkrise schlittern.
Die Lösung: Die Europäische Union will nun selber 150 Milliarden Euro Kredite sprechen.
Hä?
PS: Wir in Europa sollten aufpassen, dass wir mit der extrem teuren Energiewende, der nun nötigen militärischen Aufrüstung und dem künftigen Wiederaufbau der Ukraine noch Geld übrig haben, welches wir an Entwicklungsländer überweisen können. Und: Das Geld sollte dann auch noch einen gewissen Wert haben … Stichwort Inflation.
“But Russia cannot afford to “lose”, so we need a kind of a victory. And if there is a sense that we are losing the war, then I think there is a definite possibility of escalation. This war is a kind of proxy war between the West and the rest”
“some of Ukraine will become a friendly state to Russia, other parts may be partitioned. Poland will gladly take back some of parts in the west, maybe Romanians and Hungarians will, too, because the Hungarian minority in Ukraine has been suppressed along with other minorities.”
“I think the biggest loser will be Ukraine; a loser will be Russia; a great loser will be Europe; the United States will lose somewhat, but still it could very well survive as a huge island over the ocean; and the big victor is China.”
“Western civilisation has brought all of us great benefits, but now people like myself and others are questioning the moral foundation of Western civilisation.”
“democracy in its present form in most European countries will not survive, because under circumstances of great tension, democracies always wither away or become autocratic.”
Zhao Lijian, Sprecher des Chinesischen Aussenministeriums:
We noted Secretary Blinken also claimed that “China is already on the wrong side of history” in his statement. Such smear against China fully exposes the US’ Cold War mentality featuring bloc confrontation. China is firmly opposed to such remarks that do no good to solving the problem.
On the Ukraine issue, China has been independently making its judgment based on the merits of the matter itself in an objective and just manner. The Chinese side always maintains that the sovereignty and territorial integrity of all countries must be respected, and the purposes and principles of the UN Charter must be observed. We attach importance to the security concerns of all countries and support all efforts that are conducive to peaceful resolution of the crisis. As a responsible major country, China will continue to play a constructive role in maintaining world peace and stability.
International media lately mentioned many times that George Kennan, former US ambassador to the Soviet Union, suggested to the US government in the 1990s that expanding NATO up to Russia’s borders would be the most fateful error of American policy. Many well-known experts on international relations across the world have also made such advice. Regrettably, the US government turned a deaf ear to this, and was bent on advancing NATO’s eastward expansion, for five times already. The US’ decision on NATO’s eastward expansion is directly linked to the Ukraine crisis now. I read a report the other day that Tulsi Gabbard, former member of the US House of Representatives, said the crisis could have been ended and the war easily avoided if the US had simply promised not to accept Ukraine’s becoming a member of NATO. But they chose not to do so.
The key to solving the Ukraine crisis is in the hands of the US and NATO. We hope the US and NATO, the culprits of the crisis, can reflect upon their roles in the Ukraine crisis. They should earnestly shoulder due responsibilities and take real actions to ease the situation, resolve the problem and end the conflict in Ukraine at an early date.
Tölpelhafte Interpretation eines Laien wie mir: „Liebe USA, liebe NATO (und somit: liebes Westeuropa) — wir halten uns raus, bitte kümmert euch um euer hausgemachtes Problem.“
Man beachte insbesondere die Wortwahl: „culprits of the crisis“. Culprits kann man mannigfaltig übersetzen, von einem sanften „Urheber der Krise“, „Verantwortliche“, „Schuldige“, „Angeklagte“, „Übeltäter“ bis hin zu „Verbrecher hinter der Krise“.
Wenn die Sache nicht vollends eskaliert, werden Schweizer Geschichtslehrer und -professoren in ungefähr zehn bis fünfzehn Jahren ihren Schülern und Studenten genau solche Texte zur Quelleninterpretation vorlegen.
[…] it became known that the world’s first female F-35 pilot was at the helm of the US Navy’s fifth generation fighter. This, according to American sources, was her first flight from the deck of an aircraft carrier, which was enough to destroy a fighter worth more than $ 100 million.
The information that the fighter was flown by a woman was presented to the media by one of the crew members of the American aircraft carrier Carl Vinson, noting that despite the fact that the woman had completed a full course of training and successfully completed the take-off and landing training program on the deck of an aircraft carrier, for her, the current flight was the first from the deck of a real warship.
Die Pilotin wurde nicht mit Namen genannt, aber gemäss dem Photo handelt es sich um Christina Mau. Hier ein Video-Interview mit ihr, aus dem Jahr 2015.
Zwei Möglichkeiten: Der Autor des Artikels hat einfach ein beliebiges Photo einer Pilotin vor einer F-35 gewählt. Oder es handelt sich schlicht um Fake News — schliesslich schaut die Website nicht vertrauenswürdig aus, und bringt beim Kopieren kyrillische Schriftzeichen mit.
Nun, schauen wir mal. Vielleicht erfahren wir irgendwann einmal, welches Geschlecht der Pilot hatte. Aber ich hoffe auch die U.S. Navy pflegt eine blameless culture, und dabei spielt das Geschlecht absolut keine Rolle.
Ich bin da deutlich vorsichtiger, denn: Ein klassischer Fall für die Spieltheorie! Und wenn man Spieltheorie sagt, muss man im selben Atemzug auch Christian Rieck sagen. Und siehe da — er hat offenbar gerade ein Video zum Thema veröffentlicht:
Ich habe das Video noch nicht geschaut (werde ich gleich machen), aber folgender Tweet schält aus meiner Sicht der Kern der Sache bereits hervor:
-zig Anrufe heute von Redaktionen, Freundinnen, family, bin ganz müde vom vielen Runterkochen. Nein, Putin wird die 🇺🇦 nicht so schnell angreifen. Er ist doch nicht blöd und gibt die gute Verhandlungsposition auf, in die er sich gerade erst gebracht hat. Nerven behalten, please!
Was läuft aus meiner Sicht? Russland sieht die NATO — da immer näher kommender — als immer grösser werdende Bedrohung. Wie stoppt man das Militärbündnis? Sicher nicht, indem man ruhig zu Hause sitzt und … nichts tut … und wartet, bis das ganze Land von Militärbasen mit Truppen und Marschflugkörpern umzingelt ist. Stattdessen: Die Schachfiguren auf dem Schachbrett strategisch positionieren, und dann auf Verhandlungen schielen. Verhandeln kann man aber nur, wenn man Pfande hat und/oder dem Gegner als Dank für dessen Aktion/Nichtaktion Dinge offerieren kann.
Wie die Sache auch immer ausgeht — mich beschleicht der Gedanke, dass Amerika mit Joe Biden nicht unbedingt „das beste Pferd“ im Stall hat, um den geopolitischen Allüren der Supermächte Russland und China zu begegnen. Der nächste Brandherd wird Taiwan sein. Ich bin gespannt, ob das Land bis zum Antritt des neuen (oder: alten) US-Präsidenten im Januar 2025 noch unabhängig sein wird.
Andererseits muss man sich in der gegenwärtigen Situation auch immer vor Augen führen, dass Joe Bidens Umfragewerte auf Grund von massiven, teils selbstverschuldeten Problemen im Inland (Corona, horrende Inflation) katastrophal sind, und dieses Jahr die Mid-Terms (Kongresswahlen) anstehen. Wenn sich Joe also als starker Mann positionieren kann, der Putin und Xi die Stirn bietet, könnte sich das im Wahljahr auszahlen. Und leider war es in der US-amerikanischen Geschichte schon öfters so, dass man mit Kriegen im Ausland von Problemen im Inland abgelenkt hat. Inwiefern die Wählerbasis Verhandlungserfolge anstelle von kriegerischen Handlungen honorieren wird, weiss ich nicht.
Nichtdestotrotz werden bei uns heute und am Montag die Notvorräte aufgestockt. Und da wir am 1. Oktober 2021 umgezogen sind besuchen wir am Wochenende schon mal den Luftschutzkeller im Nachbargebäude. Ein bisschen Vorsicht schadet ja nichts und niemanden.
Im Distrikt Shijingshan bei Peking findet der olympische Big Air-Wettbewerb statt. In einer äusserst dystopisch wirkenden Umgebung:
Weil hier grade dieses Bild viral geht, mal ein Thread, warum man mit dieser sofortigen Empörung etwas vorsichtig sein sollte und Wintersportveranstaltungen auch bei uns auch nicht immer in romantischer Zauberwaldatmosphäre stattfinden: pic.twitter.com/RLacwmAQ7r
Wieder einmal: Herrgott, wieso nicht einfach einen Blog-Artikel schreiben? Wieso wieder mal eine Twitter-Thread-Orgie? Nun, hier der Link auf den ganzen Thread, aufbereitet mit der Thread Reader App.
Mario Aeby, geboren am 25. September 1980 in Bern, Schweiz
Ein Weblog über IT (Linux, OSS, Apple), Heim-Automation; mein mittlerweile abgeschlossenes Geschichtsstudium; Erkenntnisse aus meiner aktuellen Tätigkeit in der Informationssicherheit, meine Erfahrungen als IT-Berater, IT-Auditor, Web-Developer und IT-Supporter; die Schweiz, den Kanton Bern, meine ursprüngliche und auch wieder aktuelle Wohngemeinde Neuenegg, meine vorherige Wohngemeinde Bern, über lokale, regionale und globale Politik; meine Reisetätigkeit und Erfahrungen mit anderen Kulturen; und zu Guter letzt auch das Älter werden.
Alle in diesem Blog gemachten Aussagen und Meinungen sind persönlich und nicht als Ansichten meines aktuellen und/oder meiner bisherigen Arbeitgeber zu verstehen.