Archiv ‘Wirtschaft’

Montag, 30. Januar 2023

Einführung in die Betriebswirtschaft für Klimaretter

Ich bin davon überzeugt, dass Herr Pillkahn Recht behalten wird:

Energieintensive Unternehmen produzieren längerfristig dort, wo der grösste Kostenblock in der Produktion (die Energie) am günstigsten ist. Und, was wir Europäer und „Klimaretter“ mit zunehmenden Mengen an erneuerbarem „Flatterstrom“ nicht vergessen sollten: Energie muss zuverlässig, das heisst rund um die Uhr, verfügbar sein.

Wir setzen uns gerade selbst Schachmatt, indem wir alle Energieformen exorbitant teuer machen, und viele davon zu alledem auch nur unzuverlässig abgerufen werden kann (bspw. Sanktionen, Pipeline-Sprengungen, Flatterstrom).

Besonders einfach lassen sich diese Abwägungen in einem multinationalen Unternehmen verdeutlichen: Pillkahn zeigt das in seinem Vortrag schön auf, wenn er ein hypothetisches (?) Unternehmen erwähnt, welches Produktionsstandorte in Deutschland, Kanada und China unterhält. Irgendwann muss man selbst als heimatverbundener CEO dieses Unternehmens die Verschiebung ins Ausland anordnen, wenn man konkurrenzfähig bleiben und am Markt überleben will.

Verfechter der Marktwirtschaft werden natürlich jetzt argumentieren, dass eine Spezialisierung explizit gewünscht wird: Jedes Land/Region produziert die Waren, für deren Produktion das Land/die Region prädestiniert ist. Valabler Punkt. Hier wird aber der Markt absichtlich (und: unnötig!) verzerrt, in dem man Energie verteuert und deren Verfügbarkeit mindert.

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Sonntag, 13. November 2022

„X is the next Y“

Elizabeth Holmes, the next Steve Jobs

von Inc. Magazine im Oktober 2015

Elizabeth Holmes and the Ghost of Steve Jobs

Sam Bankman-Fried, the next J. P. Morgan

von Anthony Scaramucci im Juni 2022

Is Sam Bankman-Fried really the next John Pierpont Morgan?

Diese Narrative wurden (natürlich!) auch noch von Jim Cramer gefördert:

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Samstag, 12. November 2022

Drei Crypto-Anekdoten

Anekdote 1: Hätte ich doch nur …

Es ist 2014. Stephanie und ich fliegen wieder einmal in ihre Heimat, die Bay Area. Wir kommen im Gästezimmer eines verlobten Pärchens unter, welches gerade ihre Hochzeit im Sommer plant. Wir betreten das mehrstöckige, neu gebaute Reihenhaus in Sunnyvale durch die Garage. Dort fällt mir ein kleiner Server auf. Das Gehäuse wurde entfernt, ich sehe ein oder zwei riesige Grafikkarten und höre Lüfter, die viel Lärm machen. Der Besitzer — ein Mitarbeiter bei einem der grossen Tech-Unternehmen im Silicon Valley — schürft damit fröhlich und munter Bitcoins.

Ich schüttle den Kopf und sage mir „Spinner“. Man stelle sich vor, ich hätte damals auch mit Schürfen angefangen. Oder zumindest für ca. 300 Dollar ein paar Bitcoins gekauft (respektive für den Anschaffungspreis eines „Rigs“) und 2021 für 60’000 Dollar pro Stück verkauft.

Was sonst noch geschah:

Der Hund der Verlobten frisst in einem unbewachten Moment die Schokolade von Stephanie, welche sie als Geschenke für Familie und Bekannte aus der Schweiz mitgenommen hat. Er überlebt.

Da wir eine ganze Woche bei den Verlobten wohnen, bemerke ich nach ein paar Tagen die Flut von Amazon-Päckchen, die ihnen nach Hause geliefert werden. Ich schüttle den Kopf: Wer kauft soviel online ein? Schneller Vorlauf nach 2022: Mittlerweile treffen auch bei uns mehrmals wöchentlich Lieferungen von Amazon und Digitec/Galaxus ein.

Anekdote 2: Bitcoin knackt die 20’000er Marke

Ich sitze am Büro meines vorletzten Arbeitgebers. Schräg gegenüber von mir sitzt ein Kolleg, der auch mit Bitcoin handelt. Er erzählt davon, dass Bitcoin die 20’000er Marke durchbrochen habe. In den kommenden Monaten schwankt der Kurs manchmal nach unten, manchmal nach oben — und wir foppen ihn, wenn der Kurs einbricht.

Anekdote 3: Der Abend vor meinem Ski-Unfall

Am 20. Februar 2021 treffe ich mich in Wengen in der Ferienwohnung der Kollegen. Sie pilgern jährlich eine Woche in die Jungfrauregion, um zu schlafen, essen, Siedler zu spielen, zu Après-skilen und ein wenig Ski zu fahren.

An dem Abend ist nicht das Pandemiethema omnipräsent, sondern Crypto. Die Gruppe ist entlang der Bildungslinie gespalten: Die Studierten finden Crypto das Geilste auf der Welt, die goldene Zukunft, und überlegen sich, nach der gemeinsamen Investition in Crypto-Währungen (natürlich nach minutiöser Evaluation dutzender Titel) nun auch noch ihre eigene Crypto-Währung zu lancieren. Codename: Horn-Coin.

Dagegen halten zwei Kollege mit Berufsausbildung, die nichts von dem Schmarren wissen wollen.

Ich schlage mich — trotz Studium — ganz klar auf der Seite der Gruppe mit Lehrabschluss.

Drei meiner Argumente: Erstens würden es die Notenbanken und Staaten dieser Welt niemals zulassen, dass eine Crypto-Währung das öffentliche Leben durchdringt und herkömmliche Währungen ersetzt. Wenn das Ding nicht zu Tode reguliert wird, dann stellt man einfach sicher, dass die virtuelle Währung nirgends in „harte“ Währung umgetauscht werden kann (ja, ich weiss, in Fiat-Währungen). Analog zur Grossen Firewall von China: Wer die Ausgänge kontrolliert, kontrolliert das Geschehen. Abgesehen davon: Wenn das Internet tot ist und/oder Stromausfall eintritt (ha, ein Prophet!) bringen einen auch 100 Bitcoins im virtuellen Portemonnaie nichts mehr. Schlussendlich ist es doch absolut bescheuert, wertvollen Strom zu verheizen, um Hashes zu berechnen.

Ich wende mich aber zu den drei Crypto-Verfechtern (den „Zeugen Bitcoins“) und biete ihnen an, mich an ihrer Horn-Coin zu beteiligen. Ich fordere von ihnen aber Einigkeit, dass es nur darum gehe, schnell reich zu werden, und Leute „übers Näscht abzschrisse“. Falls von den Initiatoren wirklich jemand felsenfest davon überzeugt sei, dass das Ding wirklich eine etablierte Währung werden wird, würde ich nicht einsteigen. Rückblickend war an dem Witz mehr dran, als uns lieb sein kann.

Nachtrag

Crypto needs oversight to avoid harming Americans, White House says (10. November 2022)

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Sonntag, 6. November 2022

Nach welchem Selektionsmechanismus bei Twitter Leute entlassen wurden

Gergely Orosz, natürlich in einem Tweet-Megathread, weil diese Information in einen schönen Blog-Artikel verpacken gerade nicht in ist:

“I don’t understand why X was laid off, and their manager also couldn’t tell them why.” With layoffs being more frequent, a thread about how who is let go is often decided, and why it can seem random (even though there’s a system) […]

Directors don’t reach out to managers but identify people to fired based on:

  • Highest costs in redundant roles / ones less needed
  • Poor performance reviews recently
  • People working in cost centers / long-term-bets
  • Tenure (shorter tenure)

What directors and VPs don’t take into account usually:

  • How well-respected this person is in the team
  • Maternity/paternity leaves or recent returns (HR will take care to pay sufficient severance, or flag if legally not allowed to let go)
  • Diversity (again: left to HR)

Quelle: a thread about how who is let go is often decided, and why it can seem random

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Sonntag, 30. Oktober 2022

Deutschland, Kurzdiagnose

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Montag, 10. Oktober 2022

Blick: Ewiger Immo-Wendehals

In einem Chat unter Jass-Kollegen (75 Prozent Eigenheimbesitzer) haben wir es uns einen Spass daraus gemacht, Blick Immo-Meldungen zu posten.

Uns ist nämlich vor einer Weile aufgefallen, dass der Blick zwei sich ewig abwechselnde Schlagzeilen kennt: „Jetzt droht der Immo-Crash“ und „Immobilien werden immer teurer“ („Boom & Bust“), respektive „Überangebot an Wohnraum“ und „Wohnraumknappheit“.

Postet ein Chat-Teilnehmer einen Artikel, der in eine der beiden Richtung zeigt, ist es die Aufgabe der anderen Chat-Teilnehmer, in den nächsten Tagen einen Blick-Artikel zu posten, der das Gegenteil behauptet. Nichts einfacher als das — auf die Redaktion des Blicks ist immer Verlass:

Datum Artikel
6. Dezember 2022 Häuserpreise starten Sinkflug: «Jetzt ändern sich die Spielregeln am Immobilienmarkt»
15. November 2022 Bis 6,3 Prozent: Wohnen in eigenen Wänden erneut teurer Die Preise für Wohneigentum sind in der Schweiz im dritten Quartal weiter gestiegen.
10. November 2022 Raum wird knapp: Die Schweiz steuert auf eine Wohnungsnot zu
27. Oktober 2022 Trotz steigender Zinsen: Warum die Schweiz nicht in eine Immobilienkrise schlittert
10. Oktober 2022 Bei den Mehrfamilienhäusern fallen die Preise schon: Darum kippt der Immo-Markt
4. Oktober 2022 SNB-Paukenschlag verhallt ungehört: Häuserpreise steigen trotz höherer Zinsen
22. September 2022 Nach SNB-Zinsanstieg: Häuser könnten bald günstiger werden
2. August 2022 Babyboomer räumen ihre Häuser: Bis 2045 werden 420’000 Eigenheime frei
11. Juli 2022 Zeitenwende auf dem Schweizer Häusermarkt: Hohe Zinsen schrecken Käufer ab
10. Juli 2022 Alles nur halb so wild: Wars das schon mit der Hypozins-Panik?
4. Juli 2022 Trotz Zinswende kein Turnaround
Immobilienpreise steigen noch weiter an!

Fazit: Gott, ist das eine Scheisszeitung.

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Montag, 30. Mai 2022

Blick Rätsel-Artikel: Finanzkrise wegen Chinas Kredite an afrikanische Staaten?

Heute aufgeschnappt: Deutscher Kanzler warnt: Weltweite Finanzkrise wegen China-Krediten an Afrika?

Selbst nach mehrmaligem Lesen verstehe ich den von Qualitätsjournalismus nur so strotzenden Blick-Artikel nicht.

Wie ich das Geschreibsel deute: China habe zu viele Kredite an afrikanische Staaten vergeben, und nun den Überblick über die gesprochenen Kredite verloren. Wenn Afrika in eine Schuldenkrise stürzt, würde China das auch zu spüren bekommen — und im schlimmsten Fall wegen Kreditausfällen in eine Finanzkrise schlittern.

Die Lösung: Die Europäische Union will nun selber 150 Milliarden Euro Kredite sprechen.

Hä?

PS: Wir in Europa sollten aufpassen, dass wir mit der extrem teuren Energiewende, der nun nötigen militärischen Aufrüstung und dem künftigen Wiederaufbau der Ukraine noch Geld übrig haben, welches wir an Entwicklungsländer überweisen können. Und: Das Geld sollte dann auch noch einen gewissen Wert haben … Stichwort Inflation.

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Sonntag, 24. April 2022

Die Welt sollte sich auf einen Versorgungsschock mit Grundnahrungsmitteln gefasst machen …

Für mich und die meisten hier ist Essen „einfach da“ — Brot und Milch kaufe ich im Coop, oder in der MIGROS, und seit Gedenken stand ich noch nie einem leeren Regal (ausser beim Änngelibeck in Bern, kurz vor Ladenschluss).

Im Gegensatz zu meinen Grosseltern und Eltern kenne ich keinen einzigen Preis für Grundnahrungsmittel und weiss deshalb auch nicht, wenn der Preis für Brot oder Milch aufschlägt (aus welchen Gründen auch immer).

Folgendes Gespräch hat mich wachgerüttelt — so wüst die humanitäre Katastrophe in der Ukraine selber aktuell ist, tun wir gut daran, wenn wir uns jetzt schon auf einen weltweiten Versorgungsschock an Grundnahrungsmitteln einstellen, welcher uns mindestens dieses wie auch nächstes Jahr begleiten wird:

Wenn wir reichen Schweizer Glück haben, bedeutet das für uns „nur“, dass wir in den nächsten ein-zwei Jahren mehr für Nahrung bezahlen müssen. Nicht schön, aber ertragbar, indem wir andere, aber nicht zwingende Ausgaben reduzieren. Ärmere Länder, die bereits jetzt immer knapp durchgekommen sind, wird es aber deutlich härter treffen. Resultate könnten Hungersnöte mit vielen Toten sein, aber auch Aufstände, und damit verbunden Massenmigration.

Viele hier hoffen auf einen „Regime-Change“ in Moskau, doch vermutlich werden wir zuerst Regime-Changes in anderen Ländern sehen.

Wieso diese Schwarzmalerei? Das Video erklärt es sehr gut: Die Ukraine und Russland gehören zu den grössten Nahrungsmittelproduzenten und -exporteuren der Welt. Der Wegfall von zehn Prozent bis zu einem Drittel der weltweiten Produktionsleistung kann am Planeten schlicht nicht spurlos vorüber gehen.

Der Krieg führt einerseits dazu, dass Sonnenblumen, Weizen, Gerste und Mais in der Ukraine entweder nicht angebaut werden, oder die Felder im Sommer/Herbst nicht geerntet werden können. Landwirtschaft ist ein zeitkritisches Geschäft, wo man mit der Anpflanzung oder der Ernte nicht beliebig zuwarten kann.

Andererseits wird sich wohl das mit Sanktionen belegte Russland zwei Mal überlegen, in welche Länder es seine eigene Nahrungsmittelproduktion liefert — falls es die Produkte nicht gleich mit einem Ausfuhrverbot belegt.

Zur kritischen Lage trägt indirekt auch Treibstoffmangel bei. Der ukrainische Grosslandwirt erklärt im Video, dass beispielsweise Diesel für die Traktoren entweder von der ukrainischen Armee konfisziert, oder aber vernichtet wurde, damit es den Russen nicht in die Hände fällt.

Weiter vermute ich (ohne Verifizierung!) auch andere Einflüsse: Maschinerie und Transportmittel fehlen dort wo sie eigentlich gebraucht werden, weil sie in Sicherheit gebracht wurden (Landwirtschaftsmaschinerie kostet unglaublich viel Geld), für anderes als Landwirtschaft eingesetzt werden (Abtransport russischer Panzer), oder sie könnten auch in Kämpfen zerstört oder beschädigt worden sein. Selbst wenn die Kriegshandlungen eingestellt werden, ist die Frage, ob und wie rasch man Ersatzteile für Reparaturen bekommen wird. Und: Ohne Maschinerie kann man keine industrielle Landwirtschaft betreiben — egal, wie viele Hände man als Ersatz aufbieten würde.

Schlussendlich erwähnt der Landwirt auch noch verminte Felder, und ich kann mir vorstellen, dass die Überfahrt von Panzern und sonstigem schweren Gerät über Felder nicht gut ist für den Untergrund. Oder wenn verlassenes oder zerstörtes Armeematerial wie Panzer und Haubitzen auf den Feldern liegenbleibt, welches dann erst geräumt werden muss (nicht ganz trivial, wenn noch scharfe Munition rumliegen sollte).

Dasselbe mit Getreidelagern mit der Ernte von 2020, sowie Saatgut: Im schlimmsten Kampfhandlungen zerstört, oder die Ware aus welchen Gründen auch immer verdorben, oder konfisziert und abtransportiert. Der Landwirt erwähnt sein eigenes Maislager im Kriegsgebiet, und dass er nicht wisse, wie es dem dort lagernden Mais ergeht. Ich denke etwas von 300’000 Tonnen gelagertem Mais gehört zu haben (eine fantastische Zahl, die man noch verifizieren müsste — tatsächlich: bei 17 Minuten und 30 Sekunden spricht der Landwirt die Zahl aus). Zur Einschätzung: die Ukraine hat 2020/21 ungefähr 29 Millionen Tonnen produziert.

Weiter man muss sich auch bewusst sein, dass sowohl (künstlicher) Dünger als auch Pestizide aus fossilen Brennstoffen (Gas) hergestellt werden — und einer der grössten Gas-Produzenten führt derzeit eine „Spezialoperation“ in der Ukraine durch.

Einschub: Wie sich das bei mir anekdotisch bemerkbar macht? Im Februar 2013 habe ich meinen zweiten Aktienkauf in meinem Leben getätigt, mit ganz, ganz wenig Spielgeld. Ich habe mir damals auf Grund eines Blog-Artikels Potash-Aktien gekauft (ein Kanadisches Unternehmen, welches „Pottasche“ abbaut, sprich das „Kaliumkarbonat“ im NPK-Düngertriumvirat). Der Aktienpreis stürzte in der Folge ab, aber ich entschied mich, die wenigen Aktien zu halten. Das Unternehmen wurde irgendwann einmal von Nutrien aufgekauft, und ich erhielt dafür Nutrien-Aktien. Und jetzt endlich, 9 Jahre später, bin ich so nah wie noch nie am Break Even: Meine Aktien dümpeln „nur“ noch 11.92 Prozent unter dem Einstandspreis, nachdem sie seit Februar 2022 (war da was?) eine unglaubliche Rally hingelegt haben.

Wieso ein ITler sich um solche Dinge kümmert? Der Titel meines Lizentiats lautete Die Missernte 1916/17 in der Schweiz. «Wenn nur der Wettergott bald ein Einsehen hätte» (Download als PDF hier).

Und da wären wir auch schon im letzten Punkt: Auch die Ungläubigsten unter uns sollten ab und zu beten, dass die Landwirte dieses Jahr nicht auch noch von schlechtem Wetter oder Witterung getroffen werden. Sonst nähern wir uns einem perfekten Sturm.

Zum Schluss: Cui Bono? Neben der Fracking-Industrie und den Waffenproduzenten wird dieser Konflikt auch sehr positive Ertragsauswirkungen auf die U.S.-Landwirtschaft haben.

Nachtrag

Die Witterung scheint uns nicht gut gesinnt:

Südasien wird derzeit von einer aussergewöhnlichen Hitzewelle heimgesucht. Sie bedroht die Ernten vieler Bauern. Indien ist der zweitgrösste Weizenproduzent der Welt. Die durch den Ukraine-Krieg angespannte Situation auf den Agrarmärkten dürfte sich damit noch verschärfen.

Quelle: Weizenproduktion: Hitzewelle in Indien verschärft weltweite Versorgungslage

Nachtrag 2

Wie bereits vom ukrainischen Landwirten angetönt und von uns allen befürchtet, haben die Kriegsparteien in der Ukraine offenbar landwirtschaftliche Felder (oder: Zugangswege dazu) vermint:

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Freitag, 4. März 2022

Wirtschaftskrieg: Wer hat den längeren Atem?

Im März 2009 schloss ich am Historischen Institut der Universität Bern meine Lizentiatsarbeit mit dem Titel Die Missernte 1916/17 in der Schweiz: «Wenn nur der Wettergott bald ein Einsehen hätte» ab (Seite mit dem Link auf das PDF).

Darin betrachte ich die Schweizerische Landwirtschaft unter dem Einfluss von auf Grund des Weltkrieges gestörten Einfuhren (Blockaden und das Zurückbehalten wichtiger Rohstoffe einerseits, sowie anderweitige Verwendung essentieller Rohstoffe für kriegswichtige Fabrikation) sowie schlechter Witterung.

Spannend, was ich nun gerade lese:

Funktioniert dieser Vergleich wirklich? Ich weiss es nicht. Aber ich habe Zweifel — Japan ist bekanntermassen eine Inselgruppe, und vergleichbar mit der Schweiz ein Land ohne Rohstoffe — es gibt dort kaum fossilen Energieträger (Kohle, Gas, Erdöl, etc.). Immerhin: Heute produziert Japan fast dieselbe Menge an Reis, die es konsumiert (97 Prozent). Doch für die Reisproduktion wird fossile Energie benötigt — in Form von Benzin/Diesel für die Landwirtschaftsmaschinen, und als künstlich hergestellten Dünger.

Wie sieht es bezüglich Russland aus? Mir kommen zwei Grafiken in den Sinn, denen ich in den letzten Tagen über den Weg gelaufen bin:

Infographic: Ukraine Crisis Likely to Push Up Wheat Prices | Statista You will find more infographics at Statista

Handelsblatt: Wie EU-Länder ihre Abhängigkeit von Gas aus Russland verringern wollen

Diese zwei Grafiken machen mir als Europäer grösste Sorgen. Befürchtung: Selbst wenn wir für die Deckung unseres Bedarfs recht schnell auf andere Quellen umschwenken könnten, würde dies mit enormen Preissteigerungen einhergehen (diese beginnen bereits: COMMODITIES Gas and aluminium hit fresh records; oil, wheat soar on supply turmoil). Und wenn wir keine anderen Quellen finden … gehen die Lichter aus.

Nachtrag:

Handelt es sich bei „PARIS WHEAT“ um dieses Produkt („Milling Wheat / Ble de Meunerie (EBM)“)?

Aus Sicht von Maxim Mironov, Associate Professor in Empirical Corporate Finance in Madrid, spielen solche Überlegungen keine Rolle — nicht wir, sondern vorerst einmal Russland sei auf dem direkten Weg ins Disaster:

Was Mironov nicht erwähnt: Was ist mit Ländern ausserhalb des Westens? China, als „Elephant in the room“? Und sonstigen Staaten, die gegen Russland keine Sanktionen ergriffen haben? Einerseits könnte Russland auf diese für den Import dringend benötigter Waren zurückgreifen, und andererseits diesen Staaten fossile Energie und sonstige im Inland produzierte Rohstoffe verkaufen.

Spannende Zeiten. Bald werden wir wissen, was Sache ist.

Nachtrag

Ein Twitter-Thread (bitte schreibt doch einfach Blog-Artikel, Mensch!), welcher der russischen Wirtschaft ebenfalls die Resilienz abspricht.

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Montag, 28. Februar 2022

Wie abhängig sind wir von russischem Gas?

(Bitte kommentieren, wenn ich Rechen- und/oder Überlegungsfehler gemacht haben sollte)

Spannende Diskussion gestern: 47 Prozent der Gas-Importe in die Schweiz stammten 2020 aus Russland.

Tönt vorerst nach erschreckend viel — wie einfach ist es, die Hälfte unserer Gas-Importe zu ersetzen, wenn gleichzeitig das ganze westliche Europa ebenfalls händeringend auf der Suche nach Gas ist?

Ein Bekannter wies mich dann aber daraufhin, dass man unbedingt auch den Anteil von Gas am gesamten Energiemix der Schweiz betrachten müsse.

Sprich: Katastrophal würde die Situation, wenn Gas 99 Prozent unseres gesamten Energiehaushalts stellen wurde, und somit auf einen Schlag die Hälfte unseres Energiebedarfs wegbrechen würde. Höchst vernachlässigbar hingegen, wenn Gas am gesamten Mix nur 1 Prozent ausmacht.

Nun, gemäss Watson lieferte Gas 15.1 Prozent der 2020 insgesamt produzierten/verbrauchten 747’400 Terajoule (TJ) an Energie. Somit müsste die Schweiz Pi mal Daumen 7.5 Prozent ihrer Energieproduktion (ungefähr 56’055 TJ) anderweitig beschaffen.

Zum Vergleich: Bereits verbaute Photovoltaik generierte im Jahr 2020 insgesamt 9’355 TJ (Quelle). Wir müssten also in ein paar Wochen nur fünf Mal soviel Photovoltaik auf die Dächer pappen wie bereits verbaut sind, dann könnten wir auf Putins Gas verzichten.

Wer den Sarkasmus nicht versteht:

  • Die Photovoltaik-Terrajoules werden mehrheitlich im Sommer anfallen — doch wann verbrennen wir am meisten Gas? Vermutlich im Winter.
  • Gemäss Watson werden 40 Prozent aller Gaslieferungen von den Haushaltungen verwendet — ich gehe davon aus Heizen, Warmwasser, Kochen.
  • Ob die restlichen 60 Prozent der Gasnutzung einfach so durch Strom ersetzt werden können, verschliesst sich mir. Es könnte sich um Anwendungszwecke handeln, die — aus welchen Gründen auch immer — zwingend Gas benötigen.

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