Archiv 26. April 2025

Samstag, 26. April 2025

ACLU vergisst, den Elefant im Raum zu benennen

Heute Abend auf Hacker News ins Gesicht gesprungen:

ICE Deports 3 U.S. Citizen Children Held Incommunicado Prior to the Deportation

Das urenglische Wort incommunicado, im Alltags-Wortschatz einer jeden englischsprachigen Person tief verankert, ergatterte meine Aufmerksamkeit, und ich klickte deshalb auf den Link und las den Artikel.

Einige Bemerkungen:

  • Kenner wissen: Die ACLU setzt sich für Menschenrechte ein und steht links, sprich die ACLU befürwortet — meinem Verständnis nach — Immigration, die Aufnahme von Flüchtlingen, die Legalisierung des Aufenthaltsstatus illegal eingereister Personen, und ist gegen Deportationen. Unter dem dementsprechenden Blickwinkel las ich den Artikel dann auch quellenkritisch.
  • incommunicado mag ein Fachbegriff sein, mir sagt das aber nichts, und der Artikel macht sich nicht gross die Mühe zu erklären, was denn nun genau damit gemeint ist. Bei mir erzeugt der Artikel deswegen ein klugscheisserisches Geschmäckle, als ginge es dem Autor viel mehr darum, mit Fachwörtern zu prahlen, als mit einfach(er)en Worten die Mehrheit der Leserschaft für deren Sache zu gewinnen. Nachdem ich den Artikel noch einmal gelesen habe, interpretiere ich incommunicado wie folgt: Der oder die zu deportierende Personen können in der Abschiebehaft von Angehörigen und/oder rechtlichen Vertretern nicht kontaktiert werden, sowie auch umgekehrt diese nicht kontaktieren.
  • Diese stilistisch-prahlerische Eigenheit des oder der Autorin sei zu verzeihen, aber der aufmerksam-kritische Leser wird am Ende der Lektüre die Kernfrage nicht beantwortet erhalten: Wieso werden die Personen abgeschoben? Was haben sie verbrochen, was ist die rechtliche Basis für die Abschiebung? Der Elefant im Raum wird nicht angesprochen, aber für mich ist zwischen den Zeilen gelesen klar: Die Eltern sind illegal in die USA eingereist und/oder halten sich mittlerweile illegal in den USA auf. Deren Kinder sind in den USA zur Welt gekommen, und dementsprechend, auf Grund des Ius Solis, automatisch U.S.-Bürger geworden. Sprich: Die Nationalität der Kinder darf erwähnt werden, diejenigen der Eltern aber nicht. Auch wohin (in welches Land) die Familien abgeschoben wurden, erfährt man nicht. Wieso die ACLU das nicht erwähnt? Entweder weil die ACLU denkt, dass dies eine irrelevante Information ist. Dieser Logik folgend dürfte keine Person, die in den USA lebt, abgeschoben werden. Oder aber weil die ACLU sich bewusst ist, dass sie mit Bekanntgabe dieser Tatsache eine viel grössere Zahl an Lesern für ihre Sache verlieren würde.

So weit so schlecht.

Babylon Bee bringt die Kernfrage in dieser Thematik sarkastisch-schön auf den Punkt: People Who Bypassed Legal Process In Migrating To USA Demand Legal Process Before Being Kicked Out. Ich denke Babylon Bee und die ACLU werden sich in der Sache nie finden.

Ich habe auch noch die Kommentare auf Hacker News überflogen, und dieser hier resonnierte am Meisten mit mir.

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Labels: USA

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