Alle gesunden Leute eines Landes einzusperren, um Risikogruppen zu schützen: 2019 wäre man mit solchen Aussagen in der Klapse gelandet. Heute ein probates, anerkanntes und vielfach praktiziertes Mittel, um eine „Jahrtausendpandemie“ einzudämmen (wobei, auch diesbezüglich beginnt nun die kritische Aufarbeitung: Lockdown effects feared to be killing more people than Covid).
Corona hat gezeigt: So schnell kann es gehen, dass man starr geglaubte Prinzipien über Bord werfen kann.
Angesichts des befürchteten „kalten und dunklen Winters 2022/23“ hier in Europa vollziehen sich nun auch auf breiter Front Paradigmenwechsel. Beispiele:
- Deutschland: Aktuelle Umfrageergebnisse: Mehr als 80 Prozent der Bürger sprechen sich für längere AKW-Laufzeiten aus
- Schweiz: Erste Kantone fordern einen nationalen Energiekrisenstab: Noch fehlt ein gemeinsames Führungsorgan – die Appelle an den Bund werden lauter … für mich einerseits klare Kritik an Frau Sommaruga, andererseits erinnert mich dieser Vorstoss an den „Energiegeneral“, welcher von der SVP seit Monaten gefordert wird.
Ich denke, dass es bald sehr schnell gehen wird. Ähnlich wie 2020. Denn den Politikern steht die Angst (um den Verlust ihrer einflussreichen und lukrativen Stellen) ins Gesicht geschrieben. Insbesondere in der Schweiz, wo 2023 zufälligerweise auch noch das Parlament neu gewählt wird. Ein Segen!
Vorhaben, die auf Grund überbordender Bürokratie und erdrückender Regulation bis jetzt extrem langwierig waren und drohten kurz vor dem Zieleinlauf abgelehnt zu werden, werden plötzlich in Windeseile realisiert. Natürlich immer noch nicht so schnell wie in Wuhan, wo die Chinesen im Frühjahr 2020 innert zehn Tagen ein Spital aus dem Boden stampften.
Aber der Bau von LNG-Terminals in Deutschland, Gas- und sonstigen Überbrückungskraftwerken (Kohle, Herrgott), der Erhöhung von Stauseenmauern in den Alpen, der „Streckbetrieb“ von deutschen, eigentlich stillzulegenden AKWs (nebenbei: illusorisch), die Planung und Genehmigung neuer AKWs, Abschaffung oder Aussetzung von Gesetzen, die den Bau und Weiterbetrieb von AKWs verbieten — all das wird dank Notrecht plötzlich ruckzuck möglich sein.
Die Einsprachemöglichkeiten gegen Vorhaben werden entweder komplett eliminiert, oder aber so gestrafft, dass man kaum mehr Zeit mit endlosen Einspracheschleifen verplempert.
Nicht so toller Nebeneffekt: In den Beamtenstuben drohen die Burnouts, denn bald muss es schnell gehen.
Sind wir also gespannt, was die nächsten Monate an zeit- und entscheidungstechnischen Überraschungen bieten werden. Hier, in Deutschland, und in ganz Europa.
Nachtrag
Natürlich wird es auch garantiert wieder zu völlig irrationalen Entscheiden kommen: Photovoltaisierung der Schweiz (Zupflasterung der Berge und Autobahnen mit Solarpanels)? Durchaus im Bereich des Möglichen. Kostspielige Betriebsunfälle sind in der Hysterie nicht auszuschliessen.