Dienstag, 17. Januar 2006, 21:35 Uhr

Bezahlen mit dem Mobiltelefon

Folgende Meldung der SBB (via Netzwoche) wird Kollege Burgdorfer nicht erfreuen:

Seit die SBB am 1. Dezember die Möglichkeit einführten, Zugbillette aufs Handy zu bestellen, sind erst etwas mehr als 300 Stück verkauft worden. Im Vergleich zu den 8,4 Millionen Billetten, die in derselben Periode verkauft worden sind, sei das eine verschwindend kleine Zahl, wie SBB-Sprecher Roland Binz in einem Bericht der NZZ am Sonntag sagte. […]

Quelle: Handy-Tickets der SBB bisher kein Erfolg

Das hätte ich denen auch schon vor dem 1. Dezember prophezeien können …

Wenn Kollege B. momentan in der Schweiz weilen würde, wäre ich mir fast hundertprozentig sicher, dass er zu den 300 „Beta“-Testern gehört hätte, die sich ein solches MMS-Ticket gepostet hätten.

Wieso das Projekt zum Scheitern verurteilt war, zeigt ein Artikel von FACTS:

Schade, dass die Schweizer Bahnen einen Fehler wiederholen, den schon andere begingen: den wenig kundenfreundlichen Alleingang.

«Will jeder Anbieter ohne Kooperation mit dem andern seine eigene Zahlungsplattform in den Markt drücken, entsteht ein unproduktives Chaos, und die Kunden lassen verwirrt die Hände davon»

Eine typisch schweizerische Eigenart. 26 verschiedene Schul- und Steuersysteme sind ja auch besser als eines … Das fördert nämlich den Wettbewerb unter den Kantonen (neoliberaler O-Ton). Zum Nutzen aller? Wohl kaum …

Der Betrag [für Waren aus dem Snack-Automaten] wird der Handy- Rechnung belastet. Das funktioniert nur für Swisscom-Kunden.

Wunderbar. Das erinnert an den Währeungswirrwarr in der alten Eidgenossenschaft. Als man sich auf den Schweizer Franken einigen konnte, ging die Post ab!

Die SBB mögen indes nicht länger warten. Sie werden ihr Handy-Ticket im Alleingang lancieren. Die Bahn verweist auf das grosse Echo ihrer neuen Vertriebskanäle.

Tjach, der Erfolg liess sich hier wohl nicht wiederholen, na?

Tolle Aussichten. Aber nur für Technologiefreaks. Bloss knapp die Hälfte der Handys in der Schweiz beherrscht den MMS-Standard für Multimedia-Nachrichten. Die Mehrzahl verarbeitet nur simple SMS-Textbotschaften. Für die Bahnbillette der Zukunft kommen sie deshalb nicht in Frage. Zudem fällt die erste Stufe, die Internetbestellung, zeitraubender aus als der Kaufvorgang an einem Billettautomaten: Wie lautete doch schon wieder der Benutzername? Und das Passwort? Passiert ein Fehler, ist der Kunde selber schuld, Rückerstattungen falsch gekaufter Billette erhält er nicht. Und Beratung am Schalter auch nicht. Steht im Kleingedruckten.

Mein Mobiltelefon verstünde MMS auch – aber leider ist meine SIM-Karte aus dem April 2000 noch nicht dafür konfiguriert. Und da die Welt ohne MMS nicht untergeht, habe ich es dann doch sein lassen … SMS reicht mir völlig.

Setzt sich M-Payment bei diesem wichtigen Anbieter nicht durch, droht der Neuerung die Bedeutungslosigkeit. Ähnlich wie dem Cash-System. Die von den Schweizer Banken vor Jahren lancierte Karte zur Bezahlung von Kleinbeträgen hat den Durchbruch nie geschafft.

Aaah ja, Cash … Da haben die Marketing- und PR-Fuzzis zusammen mit ihren Consultants tausende Franken Werbegelder vernichtet. Natürlich indirekt über tiefere Zinsen und höhere Bankspesen dann wieder von uns zurückerstattet *smile*

Quelle: Allein ist eine Nummer zu klein

Labels: Wirtschaft

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