Sonntag, 25. Mai 2008, 1:46 Uhr

Filmkritik: Indiana Jones 4 – Kingdom of the Crystal Skull

Heute war es endlich soweit – zusammen mit dem König und Onkel Ben’s ging es ab nach … nein, nicht Bern (das Alhambra war hoffnungslos ausverkauft), sondern nach Fribourg ins Cap Ciné, wo wir uns in einem 326 Personen fassenden Kinosaal mit höchstens 30 Leuten auf einer 15 Meter-Leinwand die neuesten Abenteuer des wagemutigen Archäologen Henry Jones Jr. vorführen liessen.

Fribourg – die Kino-Alternative

Gut zu wissen, dass das Kino in Fribourg als valable Alternative zu Bern taugt – zumindest dann, wenn neben der „VF“ (Version francaise) in einem zweiten Saal die „VOst“ (Version originale soutitre) gezeigt wird. Während die Welschen wie üblich ihrem Sprachimperialismus folgend jegliche Filmkost ablehnen, die nicht in ihrer Muttersprache gezeigt wird, bietet sich für uns Allemannen und Anglophilen die einmalige Gelegenheit, in einem halbleeren Kino einen gerade angelaufenen Blockbuster zu geniessen. Mir soll’s recht sein!

Übrigens: Sobald das Westside in Bern-Brünnen mit seinen Multiplex-Kinos aufgeht, sollte das Überangebot an Kinositzen im Raum Bern zu einer deutlich besseren „Verteilung“ der Zuschauer kommen.

Management Summary

Doch zum Film: Nett gemacht, mit Schwächen. Ich würde ihm eine knappe 3 von 5 geben.

Schauspieler

Cate Blanchett – eine wunderschöne Frau, was auch die vielen Nahaufnahmen ihres Gesichts beweisen (Na Steven, hat sich deine Frau, die du während den Dreharbeiten zu Indiana Jones kennengelernt hast, etwa Sorgen zu machen?). Und dieser russische Akzent – grandios!

Bubigesicht Shia LaBeouf (bekannt aus Transformers mit dem besten Soundtrack der letzten Jahre) – ist er noch einigermassen erträglich oder überschreitet er die Nerv-Grenze bereits? Bis jetzt kann ich das noch nicht abschliessend beurteilen, tendiere aber eher auf Letzteres. Nebenbei: Für einen James Dean-Verschnitt kann er erstaunlich gut fechten … Doch was sollte diese Tarzan-Szene? Lächerlich!

Fehlt noch Harrison Ford – da habe ich für einmal nichts auszusetzen.

Drehbuch dreht durch

Die Schwäche des Films sind aber nicht die Schauspieler an sich, sondern das Drehbuch: Dafür, dass es 20 Jahre in der Mache gestanden haben soll, ist es erbärmlich. Nach dem fulminanten Start in der Wüste von Nevada (ich sage nur: ab sofort kommen mir nur noch bleiverkleidete Kühlschränke ins Haus) kommt ein ca. 10-15 minütiger Hänger, in dessen Verlauf einige Szenen verdächtig an das WDR Schulfernsehen erinnern. Die zu diesem Zeitpunkt in einer Bar für Lederjacken und Jeans tragende Jungspunde ausgelegte Story-Konstruktion ist unbefriedigend. (Seit ich im Januar 2007 ein Movie-Studio in Burbank besichtigt habe, kommen mir die Backsteinbauen ausserhalb der Bar irgendwie bekannt vor …)

Nur mit (zugegebenermassen grandios inszenierten) Action-Szenen hält sich kein Film über Wasser. Schade auch, dass die Computer-Animationen nicht immer so astrein ausgefallen sind, wie man das 2008 von einer Spielberg/Lucas-Produktion erwarten würde.

Nicht von dieser Welt

Ganz schlimm ist schlussendlich aber, dass doch tatsächlich Aliens in den Plot eingebaut wurden – diese tragen eindeutig Spielbergs Handschrift. Hat die Welt mit den Close Encounters of the Third Kind, E.T.: The Extra-Terrestrial und Taken Spielbergs Faszination für Geschichten mit Ausserirdischen längst begriffen, werden wir nun auch sogar in der Fortsetzung von Indiana Jones nicht davon verschont. Schade, das wäre nun wirklich nicht nötig gewesen – auch wenn Indy seit jeher das Mystische und Parapsychologische zu seinem bevorzugten Arbeitsgebiet gemacht hat.

Co-Authored by …

Wer sich mit der Literatur Erich von Dänikens auskennt, erkennt derart deutliche Parallelen, dass man sich fragen muss, ob EvD als „Gastautor“ am Drehbuch mitgewerkelt hat. Die Linien von Nacza, die deformierten Schädel und die Verbindung von Maya-Kultur mit Altägypten könnten sich genauso in einer Doku-Serie aus der Feder des Bestseller-Autoren wiederfinden.

Der Schluss kommt dann eher unerwartet, die dann eigentlich zu erreichende Spannungsspitze fehlt gänzlich.

Beim Abspann fragt man sich dann: „Was, das war es schon?“ und erhofft sich noch irgendeine Pointe. Nicht mal die Heirat mag einen noch aus den Socken zu hauen.

Nachtrag

Eine viel ausführlichere, aber deutlich treffendere Filmkritik hier:

Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels

Was mich schon am Trailer gestört hat, wird hier endlich fachmännisch erklärt:

Es sind nicht einige wenige Szenen, die digital “verbessert” wurden, sondern es ist der gesamte Film.
Jedes Bild ist Colorgraded, was sich grade in der Eröffnungssequenz störend bemerkbar macht, denn die Bilder sehen künstlicher und mehr nach Fototapete aus, als jede Studioszene der alten Trilogie.

Treffender geht’s nicht:

Das wirklich Tragische ist, daß der Film seine Momente hat. Das zwischendurch immer wieder das aufblitzt, was Indy mal war und eigentlich auch wieder sein könnte. Das es schöne Momente gibt. Indy erscheint als Schattenriss und setzt seinen Hut auf.

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