Samstag, 22. April 2006
Gerade habe ich wieder mal mit einem fanatischen Windows-Verfechter (Kollege Dickreuter) über Macs und Mac OS X diskutiert. Im Gegensatz zu ihm bin ich nicht auf eine einzelne Plattform fixiert, sondern kenne mich bestens unter Windows, Mac OS X, aber auch unter Linux aus. Dies hat der Vorteil, dass man gegenüber Neuem offen ist sowie die unterschiedlichen Ansätze der Betriebssysteme kennt. Die Schwarz-/Weiss-Malerei ist so deutlich weniger ausgeprägt.
Um mir aufzuzeigen, wieso „Macs Scheisse sind“ fielen die bereits Jahre alten Argumente. Sie lauten:
„Kaum Software“
(Steht schon in dem hier bereits vor Monaten veröffentlichen Anti-Mac-Artikel)
Für Mac OS X existiert nur ein Bruchteil der Applikationen für Microsoft Windows. Eine reine quantitative Analyse. Dabei lernen wir in unserer Gesellschaft doch schon in Kindesbeinen, dass Quantität das eine Kriterium, Qualität das andere ist. Für Mac OS X existieren also vielleicht nur 10’000 Applikationen im Vergleich zu vielleicht einer Viertelmillion für Windows. Na und? Ich kenne keinen Windows-Benutzer, der 250’000 Programme auf seiner Kiste installiert hat. Im Gegenteil – 80% oder mehr Benutzer dürften sich auch unter Windows auf vielleicht 30 Software-Titel festlegen, die fast ausnahmslos alle auf ihren Kisten installiert haben.
Dickie argumentierte aber (dem liberalen Credo folgend) weiter, dass mehr Konkurrenz den Wettbewerb stärke und qualitativ bessere Applikationen hervorbringe. Er als Benutzer komme so in den Genuss einer breiteren Auswahl. Wirklich? Auswahl vielleicht schon, aber der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Er wird also nicht das objektiv bessere Produkt wählen, sondern dasjenige, das alle einsetzen (vgl. Office, Photoshop etc.) Ernstzunehmende Konkurrenten gibt es auch unter Windows weder für Adobes Photoshop (GIMP? Kollege Liechtis Augen leuchten bereits) noch Microsofts Office (Open Office? Schön und gut, aber genauso Bloatware – es geht nichts über LaTeX!).
Dennoch versuche ich nun genau so liberal zu argumentieren: Da der Mac-Markt deutlich kleiner ist, werden sich die Mac-Entwickler auf diejenigen Produkte konzentrieren, die auch dort einen finanziellen Erfolg garantieren. Es ist also wahrscheinlicher, dass es (fast) alle der oben erwähnten 30 Kern-Applikationen gibt, die auch unter Windows im Einsatz stehen, als hundert verschiedene Solitär-Varianten (für einige ist dieses Spiel wohl immer noch das Kriterium, auf Mac zu wechseln – Apples Chess ist halt nicht ebenbürtig).
Auf meine Frage, welche Anwendungen er denn nun konkret für Mac OS X vermisse (und damit meine ich solche, die für 80% der Endanwender interessant sind und keine 3D-Software, die nur Insider kennen. Oder Visio, gell Torquie!), konnte er erst nach langem Überlegen Antwort geben: Ein Tool, um den iPod zu „knacken“, fehle. Oder „Screen Recording Software“. Keine Ahnung, was das ist, aber selbst meine Mutter schreit wohl danach …
Überteuerte Hardware:
Den Mehrpreis der Mac-Hardware bezahlt man für das gebundelte Mac OS X. Und es ist jeden Rappen wert. Die Anschaffungskosten eines Mac-Computers sind unbestritten höher – aber man muss nun wirklich nicht BWL studiert haben, um sich nur auf den Anschaffungspreis zu stürzen. Was zählt ist die ominöse TCO (Total Cost of Ownership). Wie teuer kommt mir das Gerät in seinem ganzen Lebenszyklus zu stehen?
Aufgrund der Virengefahr (obligatorisch: Kauf eines Virenscanners und jährliche Abo-Erneuerungen) und der Spyware-Problematik (Besuch einer präparierten Web-Site reicht, um das System zu infizieren) muss der Anwender im Betrieb höhere Kosten tragen.
Auch veralten Windows-Geräte deutlich schneller als Mac-Boliden (wenn nicht gerade der Wechsel einer Prozessor-Architektur bevorsteht). Ich hatte vor Kurzem ein 1998er iMac hier stehen, auf den ich Mac OS X 10.3 installieren konnte. Und es lief – für Standard-Anwendungen immer noch brauchbar. Mit Wintel wäre das kaum möglich gewesen.
Fazit
Gegen meine geballte Argumentation musste er den Kürzeren ziehen und verabschiedete sich mit einem „ACCEPT IT“. Schade, ich hätte gerne noch weiter diskutiert – aber fundiert, und nicht vagen FUD.
Apple Macs genügen heutzutage allen Anforderungen der Endanwender.
Für Spezialanwendungen gilt seit Beginn der EDV: Bedürfnisse abklären, sich für eine Software entscheiden und sich erst danach die Plattform auswählen.
Balsam
Nach dem Raffi-Bashing hier nun aber doch noch etwas Balsam für seine Seele. Er erscheint nämlich als „Guy with sexy accent“ am Schluss einer Video-Reportage über 3D-Software:
Face Robot L.A. Lauch
Und wer sich im Sommer Superman Returns anschauen wird und bis zum Abspann in den Kinosesseln klebt, wird dort u.a. wohl auch seinen Namen zu lesen kriegen.
Weiterführende Links
„Macs sind scheisse“
Typische Vorurteile gegenüber Apple