Montag, 12. November 2007
Angespornt durch den heute entdeckten Artikel Wir Nerds. habe ich mich zusammengerissen und einen bereits seit längerem geplanten Artikel zusammengeschustert. Es soll in den nächsten Zeilen um Kleidung gehen – nicht zuletzt um meine.
Eine Warnung zum Voraus: Erstens wird sich das Bild von mir drastisch ändern. Zweitens wird der Mode-Industrie immensen Schaden zugefügt, wenn viele Menschen sich so rücksichtslos gegen jegliche Modetrends stemmen würden. Drittens geht durch den hier geäusserten Pragmatismus viel, viel an individueller Selbstdarstellung verloren. Gerade in der heutigen Zeit, wo alle Teenies darauf bedacht sind, ihren völlig persönlichen Style zur Schau zu tragen und allesamt in den H&M rennen, um alle denselben Pulli zu kaufen, ist ein solches Verhalten höchst subversiv.
- Shirt Schon Mark van Huisseling hat als Jury-Person vor einiger Zeit sein Credo zum Besten gegeben: Ab einem gewissen Alter trage Mann nur noch Shirts ohne Aufdrucke, liess er verlauten. Also nichts da mit „Pozilei“, „Outrider“ oder „Simmer“. Schon bevor dieser geschichtsträchtige Satz der breiten Öffentlichkeit kund getan wurde, stapelten sich in meinem Kleiderschrank unifarbene Shirts. Dieser pragmatische Entscheid hat dazu geführt, dass ich mittlerweile etwa je sechs WE-Shirts der Farben Weiss und Schwarz besitze. Schliesslich ist die Laden-Aktion 3 für 2 viel zu verlockend, als dass ich diese bei meinen spärlichen Besuchen des Lokals in Bern ungenutzt verstreichen lassen könnte. Wenn immer möglich wähle ich solche unifarbene Shirts als Arbeits- und Partykleidung, wobei die Präferenz in letzter Zeit eher auf Schwarz tendiert. Zusammen mit einem paar hellblauen Jeans ist man weder over- noch underdressed. Einfach genau richtig – Hauptsache, unter all den D&G-Vokuhila-Giele nicht auffallen.
Selbstverständlich habe ich aber auch die obligatorischen Geek-Shirts in meinem Schrank herumliegen. Mit diesen gehe ich aber eher ungern unter die Leute …
- Socken Über Jahre hinweg sammelten sich bei mir Dutzende von unterschiedlichen Sockentypen an. Weihnachtsgeschenke und kleine Zukäufe nach unreparierbaren Defekten liessen eine äusserst heterogene Socken-Umgebung heranreifen. Was im Tagesgeschäft eines Informatikers stört, stört auch im Privatleben. Da Socken zudem die Tendenz haben, nicht im Paar kaputt zu gehen, gab es im Laufe der Zeit immer mehr „ungeni“ Socken: Socken, deren natürliches Gegenstück auf Grund von Materialfehlern und Überstrapazierung in der Kehrrichtverbrennungsanlage durch eine Teufelshitze in ihre chemischen Bestandteile zerlegt worden waren. Vor einigen Jahren reichten mir die daraus erwachsenen Umstände, weshalb ich alle Occasionen ausmusterte (sprich an meinen Vater und meinen Bruder abtrat) und neue Socken kaufte. Gerade in einem Mehrpersonen-Haushalt erweist sich dieser Schritt als Effizienzsteigerung sondergleichen: Ich deckte mich bei MIGROS mit einem Dutzend Socken derselben Form und derselben Farbe ein. Wichtig war dabei, dass die Socken ein eindeutige Kennzeichnung aufwiesen, damit sich meine Fusswärmer und -schoner nach der Wäsche äusserst rasch von derjenigen meines Vaters trennen und untereinander problemlos kombinieren liessen. Nie mehr musste man auf den nächsten Waschgang warten, weil in einem Kleiderhaufen plötzlich das passende Gegenstück auftauchte.
Auch wichtig: Zwar haben auch Tennissocken oftmals schöne horizontale Streifen, doch da diese aus einem Anfall von Wahnsinn pro Paar immer eine unterschiedliche Färbung erhalten haben, sind sie für den modernen Junggesellenhaushalt nicht zu gebrauchen. Deshalb gilt hier: Am Besten unifarbene, weisse Tennissocken anschaffen. Wenn wir gerade bei den Farben sind: 99% meiner Socken sind schwarz. Und ja, ich stehe auf Socken, die hoch über dem Knöchel getragen werden. Dies verdanke ich dem Umstand, dass ich bei meiner erste Einkaufsaktion zu wenig genau auf die Form schaute – und prompt Kniesocken erwischte.
- Unterhosen Während Frauen in Beldona-Spitzenunterwäsche auch beim Auspacken eines lebendigen Nerd-Geschenkes in der Hüftgegend Calvin, Giorgo & Co. erwarten, kriegen sie bei mir leider nur John Adams zu sehen (Migros-Hausmarke). Immerhin abwechslungsweise in den Farben Schwarz und Grau gehalten – auch hier besitze ich wie bei den WE-Shirts eine ganze Wagenladung davon.
Weisse Unterwäsche gibt es bei mir zwar auch noch, doch werden diese Kleidungsstücke in den kommenden Jahren kontinuierlich ausgemustert – auf das wieso muss ich wohl nicht näher eingehen.
Louis Vuitton der Geeks
Was bei Frauen Jeans mit Krönchen auf der Arschbacke sind, sind für Nerds Kleidungsstücke, die von Leuten aus der Branche, manchmal gar Idolen, getragen werden. Dazu zähle ich als Negativ-Beispiel Bill Gates Brille aus den 80ern (auch ich hatte mal eine solche, orientierte mich bei der Wahl des Brillengestells aber (noch) an meinen Erzeuger).
Als Positiv-Beispiel sei Steve Jobs erwähnt: Wohl seit seiner Rückkehr an die Spitze von Apple sieht man ihn an seinen Keynotes ausschliesslich mit schwarzem Turtleneck und ausgewaschenen Jeans – und New Balance-Sportschuhen. Mittlerweile wurde seiner „Alegi“ sogar eine Fanseite eingerichtet, über die der geneigte Apple-Fanatiker auch gleich die passenden Kleidungsstücke ordern kann. Für schlappe 458USD (dank der – hoffentlich unwiederruflich – sinkenden Währung so billig wie noch nie!) kann man sich zum Klon seiner Hoheit „rüsten“. Nur die Glatze, den Viertagebart und die Brille müssen sonst irgendwie hingekriegt werden.
Wenn Steve und Kollege Halter verrückt nach diesem New Balance-Schuhwerk sind, muss da etwas dran sein (liebe Marketing-Fritzen: So funktioniert virales Marketing!). Deshalb habe ich meinen letzten Ausflug nach London dazu genutzt, zu völlig überteuerten Preisen bei size? ein Paar New Balance M860BLB zu ergattern. Völlig bieder, nichts extravagantes – aber mit der Hoffnung, mich nun auch „dazu“ zählen zu können.