Archiv 2. Dezember 2005

Freitag, 2. Dezember 2005

3 Stimmen

Am Mittwoch (30. November) wurde im SKZ Neuenegg die letzte der vierteljährlich stattfindenden Gemeindeversammlungen abgehalten. Sagenhafte 3.36% der Stimmberechtigten (114 Pers.) waren mit dabei und entschieden über die Geschicke der anderen 3264 Stimmberechtigten im Dorf.

Unter anderem ging es um ein Darlehen von 400’000 SFr. an den Schützenverein, der auf dem Bramberg einen neuen Pistolenschiessstand (50 und 25m) errichten will. Dieser Stand wird an den bereits bestehenden Bau, der übrigens heute noch zu 60% der Gemeinde gehört, angebaut.

Die Vorlage wurde nach reiflicher Diskussion, in der heftig um den Darlehenszins gestritten wurde (sollte es nun der vom Gemeinderat vorgeschlagene Hypothekarzins, vom Scheff des Vereins Schiessanlage Bramberg Jungi vorgeschlagene variable Feuerwehrzins, von Alt-Gemeindepräsident Aeschlimann vorgeschlagene 1% oder doch gar 0% sein, wie ein weiterer Votant beantragte?). Schlussendlich gewann der Feuerwehrzins. Dennoch lässt sich nicht von der Hand weisen, dass die Rückzahlung so oder so auf wackligen Beinen steht. Selbst der Präsident des Vereins tönte nicht gerade vertrauenserweckend, als er alle Unsicherheiten auftischte. Würden linke Kreise in Neuenegg eine solch‘ unklare Finanzierung vorstellen, wäre das Projekt längst gestorben.

Dies vermochte die Anwesenden aber nicht zu beunruhigen (es waren – kaum erstaunlich – viele Sportschützen zugegen), und die Abstimmung fiel dann relativ klar aus:

Mit grosser Mehrheit gegen 3 Stimmen wird dem Verein Schiessanlage Bramberg, als Schirmherr der Schiessanlage Bramberg, ein Darlehen von maximal Fr. 400’000.– für die Vorfinanzierung der 50 und 25 Meter-Anlagen auf dem Bramberg gewährt.

Quelle: Gemeindeversammlung vom 30. November 2005

Mit meiner Nein-Stimme habe ich mir sicherlich einige Freunde gemacht. Aber wie ein anderer Votant auch zu Bedenken gab: Ist es wirklich Aufgabe einer Gemeinde, einem Verein eine solch grosse Investition vorzuschiessen? Ich führe den Gedanken weiter: Müsste man sich nicht auch hier nach der Decke strecken? Aber irgendwie scheinen auch einmal die Bürgerlichen nichts von Kostenbremsen zu halten und schanzen sich 4% des jährlichen Gemeindebudgets (16 Mio.) zu. Klar, sie zahlen es ja zurück, mag man einwenden. Doch wieviel genau davon zurückgezahlt wird, steht noch in den Sternen. Sind wir gespannt – bis irgendwann einmal 2019 soll die Schuld abbezahlt worden sein – wenn sich der Verein nicht vorher auflöst.

Die Summe kommt übrigens 70 bis 80 Sportschützen zu Gute – 5000 Franken pro Person! Sagenhaft. Befürworter argumentierten auch, dass man in Vergangenheit mit Turnhallen und Sportplätzen ja auch andere „Sportarten“ unterstützt habe. Das mag wohl sein, doch kommen diese Anlagen einer breiteren Öffentlichkeit zu Gute. Es werden viele Trainings ausgetragen, Matches und Turniere veranstaltet, aber auch Schüler nutzen in den Turnstunden die Infrastruktur. Wie das mit einem Pistolenschiessstand in der Pampa erreicht werden soll, ist mir schleierhaft.

Immerhin: Durch die Züglete wird im Louelemoos ein Grundstück frei, auf dem Industrie angesiedelt werden kann. Zur Zeit haben wir dort unten ja bspw. Stoppani. Steuern zahlen diese zwar (noch) nicht, aber immerhin – das Land haben sie wohl gekauft. Und anscheinend scheinen dem Projekt bereits 140’000 SFr. aus dem Sport Toto zugesichert zu sein. Zumindest ein Teil der Steuergelder sehen wir also hoffentlich wieder.

Mich hätte Wunder genommen, wie eine briefliche Abstimmung in der ganzen Gemeinde ausgefallen wäre. Anstelle der läppischen 3% der Stimmbevölkerung wären hier sicherlich 30-40% zu Wort gekommen.

Alles in allem erstaunlich, wie auch heute noch kleine Vereine die (finanziellen) Geschicke einer Gemeinde mit ihrer Präsenz an der Gemeindeversammlung beeinflussen können, ein Grossteil der Bevölkerung sich sowieso von politischen Veranstaltungen zurückhält, die Bürgerlichen vom Sparen reden und in Zweifelsfällen dann doch Vollgas ins Verderben votieren. Die Schweiz halt – pervers.

Übrigens, zum Schluss noch eine weitere Erkenntnis dieses Abends: Landwirte tragen auch Lacoste! Mindestens zwei Pullover des französischen Modehauses erkannte ich an Votanten. Diese waren wohl im November nicht auf dem Bundesplatz … Scheinen ja nichts gross befürchten zu haben.

Labels: Neuenegg

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