Archiv 9. Mai 2006

Dienstag, 9. Mai 2006

Ortsplanung auf Abwegen

Da wurde den etwa 30 Anwesenden heute Abend im Schul- und Kirchenzentrum vom Gemeindepräsidenten, dem Ortsplaner, dem Bauverwalter und der Präsidentin der Baukommission die erste Rohfassung der neuen Ortsplanung vorgestellt, doch auf meine simple Frage konnte mir weder der „Sendig“ noch der Ortsplaner klar und deutlich Auskunft geben:

Die Frage

Wieso müssen wir eigentlich [bevölkerungs- und raummässig] wachsen? Machen wir damit „e Guete“?

Die Antworten

Der Ortsplaner redete derart um den heissen Brei herum, dass ich mich schon jetzt nicht mehr erinnern kann, was seine Kernaussage war. Ich glaube, es hatte damit zu tun, dass die Einwohner des Westens (oder nur der Schweiz?) pro Jahr einige (zehntels-?) Quadratmeter mehr an Wohnfläche benötigen würden, der Trend also auf grösseren Wohnungen mit weniger Wohnenden hinziele. (Nebenbei: Wer will freiwillig eine grössere Wohnung? Die Putzerei würde mich wahnsinnig machen!) Nachtrag: Die Antwort empfinde ich immer noch als am Thema vorbei gehend. Sie bezieht sich eher auf die imaginäre Frage, wieso es eine kleinere einzuzonende Wohnfläche nicht auch tun würde. Aber auch damit würde meine eigentliche Frage nicht beantwortet – rentieren die Neubauten auf lange Sicht für die Gemeinde?

Henusode, wahrscheinlich war die Frage wirklich derart naiv-blöd, dass die intelligenten Geister nichts damit anfangen konnten.

Auf meine nachdoppelnde und zugespitzte Frage hin, ob man sich denn vom neu einzuzonenden Gebiet auf dem Bramberg Steuerzahler und somit Kapital für die Gemeindekasse erhoffen könne, meldete sich der Gmeinspräsi zu Wort. Auch er gab keine konkrete Antwort.

Zuerst verwies er darauf, dass man diesen „Spickel“ auf dem Bramberg bereits in der letzten Ortsplanung als potentielles Umzonungsgebiet für den Wohnbau herausgestellt hatte. Nun müsse man dieses doch einfach bebauen, man komme gar nicht darum herum (Überspitzung von mir). Es tönte fast so, als müsste man das Versprechen von damals nun auch einhalten, schliesslich brechen wir Schweizer nie unser Wort. Komisch war es trotzdem – als müsste man filzmässig ein altes Versprechen einlösen. Söihäfeli und Söidecheli. Aber ich interpretiere da wohl zuviel hinein, als da wirklich war.

Dann beschied er mir auch noch, dass es schier unmöglich sei, auf 10-15 Jahre hinaus vorauszusagen, ob denn nun ein Neubauprojekt für die Gemeinde rentiere. Dies habe man bereits in der letzten Ortsplanung gesehen, von deren man Teile total anders realisiert habe als geplant (Zwischenfrage: Wieso macht man dann überhaupt noch eine Ortsplanung?)

Und so etwas aus dem Munde eines rechts-bürgerlichen Politikers! Normalerweise stellen doch gerade diese Kreise die Kostenfrage vor allen anderen Überlegungen. Und wehe, kann so der Mehrwert für linke Projekte nicht aufgezeigt werden … (Als Mehrwert gilt ausschliesslich der kurzfristig zu erzielende Steuerfranken. Entlastung der Natur oder gesellschaftliche Vorhaben schliesst man so von vornherein aus.)

Ernst Mattenberger, ein Anwesender, wiederum führte an, dass die Gemeinde Köniz, um ihre Bevölkerungszahl rein nur zu halten, jährlich 150 Neuwohnungen bauen müsse.

Rolf Balsiger schlussendlich berichtete über eine Sitzung vom heutigen Nachmittag, wo der Gemeindepräsident von Rubigen ausrechnete, dass eine vierköpfige Familie ein steuerbares Einkommen von 80’000 SFr. aufweisen müsse, damit die Gemeinde eine schwarze Null schreibe. Ein Doppelverdiener-Haushalt rentiert für die Gemeinde, sobald ein steuerbares Einkommen von etwa 50’000 SFr. vorliegt.

Wer die Relationen nicht sieht: 80’000 SFr. steuerbares Einkommen, nicht Nettolohn! Das schaffen heute nur fast die Ospels unter den Mittelständlern:

Hat das gleiche Ehepaar ein steuerbares Einkommen von 73’500 Franken (netto 7’500 Franken pro Monat […]

Quelle: Argumentarium zur Volksinitiative „Steuergerechtigkeit für Familien!“

Meine Überlegungen

Klar mag das mit dem steigenden Platzbedarf den Tatsachen entsprechen. Doch in der Ortsplanungsrevision las man von einer 4-5% Steigerung der Einwohner, nicht der Wohnfläche.

Ich finde es bedenklich, wenn man eine sogenannte „Ortsplanung“ durchführt, aber ein wichtiges Informationsinstrument gar nicht heranzieht: Mathematik. Mir kann niemand erzählen, dass man nicht eine (halt nur) grobe Kosten-/Nutzen-Zusammenstellung erstellen kann, die aufzeigt, was mit 5% Einwohner mehr an Steuergeldern hinzufliessen (realistisch, nicht optimistisch, vielleicht sogar pessimistisch gesehen), aber was die 5% mehr Einwohner uns dann auch kosten. Leider gehen die rückgelagerten Auswirkungen bei solchen Berechnung schnell vergessen: Mehr Einwohner, mehr Kinder, grössere Klassen, mehr Lehrer, mehr Schulraum. Mehr Pendler, mehr Verkehr, verstopfte und schneller zu erneuernde Strassen, überfüllte Busse, überfüllte S-Bahn. Mehr Abwasser, mehr Wasserverbrauch, mehr Energieverbrauch. All dies will berücksichtigt sein.

Somit stelle ich ein grosses Fragezeichen hinter diese „Ortsplanung“. Wenn jemand wachsen will, ohne mir das „Wieso“ erklären zu können, erinnert mich das stark an die Dot-Com-Bubble Anfangs des Jahrhunderts: Da butterte man Millionen in Unternehmen hinein, ohne dass die jemals einen einzigen Rappen verdient hätten. Man hoffte voller Optimismus, dass sich die vollmundigen Versprechungen der CEOs irgendwann einmal über Nacht erfüllen sollten. Leider platzte die Blase, und es wurde ein feuchter Traum.

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Dienstag, 9. Mai 2006

Ladies and gentlemen, it’s boarding time!

Van den Briel says that while Southwest’s open seating might seem like an invitation for chaos, it actually illustrates a tendency among passengers to self-organize when left to their own devices.

Quelle: Airlines Try Smarter Boarding

Sehr spannend. Insbesondere das Faktum, dass der „low-tech approach“ locker mit dem auf viel Hirnschmalz basierenden Konzept mithält, freut mich. Mein Wahlspruch Keep it simple, wieder einmal bestätigt.

Swiss

Wie Kollege Ritz mir kürzlich erzählt hat, hat auch die Swiss diesen lästigen Teil des Flugbetriebs gestrafft. Die Flugzeuge sind nun nicht mehr eine Stunde (kein Gewähr) am Boden, sondern heben wohl so nach 40 Minuten wieder ab.

Ökonomie des Fliegens

Wer es noch nicht weiss: Ein Flugzeug generiert nur dann Geld, wenn es in der Luft ist. Wenn wir also aus dem Easyjet-Flug ausgestiegen sind, fliegt das Gefährt mitsamt Crew gleich weiter an die nächste Destination und danach, wenn die Gäste ausgestiegen sind weiter an die nächste Destination, und danach, wenn die Gäste ausgestiegen sind … etc.

Diese Erkenntnis habe ich übrigens nicht mir selber zu verdanken (bin ja kein BWL-Student), sondern liess mir das von Kollege Belina verklickern.

Wenn man sich dessen bewusst wird, ist es (für mich) umso erstaunlicher, dass sowenig Unfälle passieren. Andererseits fliegen die Jets ja unzählige zehntausende Kilometer, um danach in Generalüberholung zu gehen. Dann werden sie im Innern (im Äussern auch?) komplett auseinandergebaut, gewartet, gereinigt und neu eingerichtet.

Die Fliegerei – ein unentdecktes Land.

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Dienstag, 9. Mai 2006

Geht meine Freundin fremd?

Da werden Melanie und meine anderen Blog-Leser wohl mit ungläubigem Staunen auf den Titel dieses Artikel geschaut haben – sorry, aber genau deswegen habe ich ihn auch gewählt. Da klickt einfach jeder! *smile* Offizielle Stellungnahme, um Gerüchten vorzubeugen: Nein, meine Melanie geht nicht fremd (oder besser: ist zumindest dermassen intelligent, es mir nicht unter die Nase zu binden).

Item. Arme Zeitgenossen, die sich unentwegt diese Frage stellen müssen, was der Partner wohl gerade treibt, wenn er sich ausserhalb des Kontrollbereiches befindet. Eifersucht ist ja heute verbreiteter denn mehr und verwandelt all zu oft Beziehungen in einen Albtraum. Ich persönlich habe mit dieser Charaktereigenschaft herzlich wenig am Hut und bin unheimlich froh darüber.

Ausgangslage

Wer den leisen Verdacht hegt, dass der Partner die Überstunden nicht etwa im Büro, sondern im Bett einer/eines anderen schiebt, erhält nun das ultimative Tool, um sich Gewissheit zu verschaffen. Natürlich kostet der Spass etwas, 499 SFr. um genau zu sein. Doch je nach Beziehung und Heiratsvertrag hat man diese Kosten sehr schnell wieder reingeholt.

Locatis PB 100

Die in der Schweiz ansässige Firma Locatis vereint in ihrem Gerät Locatis PB 100 GMS- und GPS-Funktionalität (Tech Specs). Wem diese beiden Abkürzungen nichts sagt: Es ist nichts anderes, als ein guter, alter Peilsender, mit heutiger Technik aufgemotzt. Dies erlaubt dem Überwacher Hundehalter, den Standort des Schäferstündchens entlaufenen Hundes mittels SMS oder Internet herauszufinden (Demo).

Der Beginn einer neuen Ära

Ich sehe hier ein neuer Industriezweig aufblühen. Via Kollege Burgdorfer habe ich vor einigen Monaten erfahren, dass es eine ähnliche, aber weitaus ausgereiftere Funktionalität im Vereinigten Königreich bereits seit längerem gibt. Man benötigt dafür auch kein separates Gerät – es genügt, eine Handy-Nummer anzugeben, und schon kann die Überwachung beginnen. Der Besitzer der Nummer muss zwar ein oder zwei SMS bestätigen, doch gerade bei Personen, die in einem Haushalt miteinander leben, sollte dies kein Hindernis sein: „Schaaahaaatz, darf ich kurz dein Handy auslehnen? Mein Akku ist alle“. Oder noch hinterhältiger, mitten in der Nacht. (Erst nach dem Niederschreiben dieser Zeilen habe ich den Artikel Mobile phone tracking, girlfriend stalking and the law auf El Reg entdeckt. Er beschreibt genau dieses Szenario).

Fazit

Diese Technik zeigt auf, dass die totale Überwachung längst einsatzbereit ist. Wer den Hunde-Finder Locatis verteufelt, sei daran erinnert, dass ein aktiviertes Endgerät seit der flächendeckenden Einführung der Funkkommunikation reicht, um zumindest dem Mobiltelefonie-Provider zu ermöglichen, die Position des Kunden auf die einzelne Antenne genau zu erfassen.

Mich würde Wunder nehmen, ob es bei Orange & Co. bereits ein Tool gibt, mit dem man die von einem Kunden benutzten Antennen im zeitlichen Verlauf graphisch auf einer Karte darstellen und mit einer Linie verbinden kann. Als aktuelles Beispiel: Die Rückfahrt von Kopenhagen nach Hamburg im Auto, danach plötzlich Funkstille auf dem Flughafengelände Hamburg, überraschendes aufflackern des Signals einige Stunden später und hunderte von Kilometern weiter südlich in Basel. Und zum Schluss noch die Rückfahrt über die Autobahn nach Neuenegg. Mann, das würde toll aussehen …

Für Wirtschaftler gibt es aber auch noch den anderen Aspekt: Nach dem von Swisscom Mobile lancierten Ogo Instant Messenger für GSM gibt es mit diesem GPS-Spielzeug schon wieder etwas Neues, das dem Kunden Geld aus der Tasche zieht resp. ziehen soll (vgl. Kommentar von Kollege Zgraggen). Man merkt es den Cellcos an, dass sie verzweifelt nach neuen Betätigungsfelder suchen, um die Kosten des Netzaufbaus zu amortisieren. So etwas klingelt halt deutlich lauter in der Kasse als die Senkung der SMS- und Interkonnektions-Preisen.

Weiterführender Link

Zufälligerweise gerade auf Digg: Cell-Phone Tracking: Laws Needed

PS: Klar, Locatis. „Verlorene Hunde wiederfinden“ … *muhahahahahaaa* Dass ich nicht lache! Das ist der Witz des Jahres.

Labels: Neuenegg, Wirtschaft

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