Archiv 15. September 2009

Dienstag, 15. September 2009

Die journalistischen Schweinegrippe-Hypochonder

Heute ist der 15. September, und eigentlich sollte das Land seit 15 Tagen durch tausende von Grippekranken lahmgelegt sein. Doch es war wohl nur ein Papiertiger:

Hoch gepokert – und einen Teil der Glaubwürdigkeit verspielt. Das hat der “Tages-Anzeiger” bei der Berichtsterstattung über die Schweizegrippe. Die Zeitung (oder sollte man sagen: “Boulevardblatt”) hat sich dabei im Hype um die Grippe ganz besonders hervorgetan. Das Wort “Schweinegrippe” erschien im “Tagi” in diesem Jahr bis Ende August insgesamt 312, in den Schweizer Medien insgesamt 4444 Mal.

Quelle: Weltis Welt » “Tagi” mit Schweinegrippe

Nun, wie ich gestern bereits auf Twitter geschrieben habe: Ich möchte mit einem Streetparade-Lovemobil vor das Bundesamt für Gesundheit fahren und anschliessend deren Werbespot mit Beat Schlatter („S’isch käi Witz!“) mit ca. 200 Dezibel nonstopp, Tag und Nacht abspielen.

Statt so munter und frischfröhlich dem Schweinegrippe-Hype angefeuert zu haben, hätten die Hirnis dort lieber praktikable und einschneidende Massnahmen präsentiert, wie in unserem Gesundheitssystem Kosten gespart und die Prämienzahler entlastet werden könnten.

Aber eben, das Triumvirat – eine Verschwörung von Bundesangestellten, Pharama-Multis und Verlegern – hatte andere Prioritäten. Ich hoffe, dass die Impfstoff-, Seifencreme- und Mundschutzproduzenten sowie Blättlimacher die gewünschten Gewinne einfahren konnten.

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Dienstag, 15. September 2009

Bundesratswahl vom 16. September 2009: Die (Un)Prognose

Morgen ist gleich ein doppelt (un)bedeutender Tag: Einerseits wählt die Bundesversammlungen ein neues Mitglied in die Exekutive des Landes, andererseits mühe ich mich für 45 Minuten durch die mündliche Lizentiatsprüfung. Themen: Landesstreik 1918 und Französische Revolution. Die Bundesratswahl wird wohl ohne vor- und nachgängigen Streik auskommen und eine Revolution, nun, die ist dieses Jahr irgendwie auch nicht zu erwarten.

Da die Medien bezüglich der Bundesratswahl derzeit förmlich ausflippen – wohl nicht zuletzt auf Grund der Wirtschaftskrise, die die Journalisten unter Druck setzt, ihre Titel mit boulevardesken Mitteln en masse zu verkaufen – halte ich mich für einmal äusserst kurz. Die Sache muss nüchtern betrachtet werden und rechtfertigt den bisher kolpotierten Wahlkrimi garantiert nicht.

Meine Prognose:

Didier Burkhalter wird zum 112. Bundesrat der Schweiz gewählt

Wieso? Nun, er wäre aus meiner Sicht ein perfektes Exekutivmitglied der Schweiz. Erst seit der Ankündigung des Rücktritts von Pascal Couchepin kennt man ihn, als das Kandidatenkarussell so richtig in Schwung gekommen ist. Für mich ist er ein unbeschriebenes Blatt, ein Leisetreter und wird im Bundesrat sicherlich fleissig und pflichtbewusst an die Arbeit gehen – genau wie wir Schweizer uns insgeheim eben einen Bundesrat vorstellen. Wir mögen Leute vom Kaliber Obamas und Kennedys irgendwie nicht wirklich – und das ist meiner Meinung nach auch gut so.

Natürlich darf man die Wahlarithmetik nicht aus den Augen lassen. Wie ich Kollege Zgräsch bereits am Samstag in der Enge des Fonds von Hebos 206er erläutert habe, glaube ich nämlich nicht, dass die SP geschlossen für Schwaller stimmen wird. Nicht wenige der welschen Sozialdemokraten werden sich meiner Meinung nach für Burkhalter entscheiden, weil der Schwaller aus ihrer Sicht ein Deutschschweizer ist (was ich ebenfalls so sehe).

Damit wir uns recht verstehen: Burkhalter ist meine Prognose, nicht mein Wunschkandidat. Denn logischerweise hege ich grosse Sympathien für Schwaller, da er nur wenige Kilometer von meinem Heimatort lebt und – viel wichtiger – Seislerdeutsch spricht. Der deutschsprachige Sensebezirk des Kanton Fribourg – früher das Armenhaus des Kantons – hätte nun wirklich einmal einen Bundesrat verdient! Schade, dass Schwaller in der Arena angekündigt hat, nur dieses eine Mal zur Wahl anzutreten. Wenn ich aber mit den Ohren eines Politikers seine Aussage richtig verstanden habe, bleibt ein Hoffnungsschimmer: Wählt die Bundesversammlung ihn nach 2009, ohne dass er kandidiert hat, würde er die Wahl annehmen …

Ausserdem darf man nicht vergessen, dass die SP wohl über kurz oder lang ihren Leuenberger ersetzen muss. Deshalb könnte dies ein weiterer Punkt für Burkhalter und gegen Schwaller sein – denn so hätte man (hoffentlich, den so sicher ist bei Bundesratswahlen leider seit einigen Jahren nichts mehr) bei der Besetzung des SP-Sitzes die FDP im Boot.

Aber äbe – meistens kommt es anders, zweitens als man denkt.

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