Freitag, 4. Dezember 2009, 0:50 Uhr

Gedankenfetzen zum Minarettverbot

  • Ironie des Schicksals: Mit dem Begriff „Minarett“ enthält nun sogar die Schweizerische Bundesverfassung ein arabisch-islamisches Wort …
  • Ich wünsche den Bundesrichtern bereits jetzt viel Spass, eine juristische Definition von „Minarett“ zu ergrübeln. Handelt es sich um einen Turm? Oder muss ein Turm noch zusätzliche besondere Eigenschaften aufweisen, damit er ein Minarett ist? (Ja, ich weiss — der Stammtischpolterer und Büetzer wird sagen: Bullshit, wo liegt das verdammte Problem? Doch lasst euch sagen, ich weiss langsam, wie Juristen ticken — und die Herleitung einer Definition für „Minarette“ ist ein verdammt riesiges Problem für diese Berufsgruppe!)
  • Die Abstimmung ist korrekt abgelaufen; weshalb entschuldigen sich nun unsere Bundesräte für das Stimmverhalten „ihres“ Volkes?! Auch wenn ich ein Nein in die Urne gelegt habe — Plebiszit ist Plebiszit, dafür muss man sich (derzeit noch) nun wirklich nicht entschuldigen. Alle politischen Pappnasen, die sich jetzt schon bei irgendwem aus dem Ausland entschuldigt haben, sollen ihren Job an den Nagel hängen. Damit man mich aber nicht falsch versteht: Ich begrüsse es selbstverständlich, wenn Micheline Calmy-Rey ausländischen Botschaftern die direkte Demokratie Schweizerischer Prägung erklärt und damit die Wogen glättet. Aber Entschuldigen? Für was?
  • Aus diesem Grund habe ich auch lange gezögert, der „Ich schäme mich …“-Facebook-Gruppe beizutreten. „Schämen“ ist irgendwie das falsche Wort … so emotional.
  • Die Aufforderung der Facebook-Grüppeler, ein weisses Armband als Protest gegen den Ausgang der Abstimmung zu tragen, finde ich hirnrissig.
  • Roger Köppel sollte in den Rang eines ausserordentlichen Botschafters gehievt werden — so wie er derzeit Medienauftritte für ausländische Stationen realisiert …
  • Mich nerven die Trittbrettfahrer!
    • Insbesondere das katholische „Fähnchen im Wind“ Darbellay und seiner bescheuerten Idee, nun auch noch die Totenruhe in die Verfassung aufzunehmen („Die Erstellung nicht-christlicher Friedhöfe ist verboten“?). Stoppt den mal jemand?
    • Und da gibt es ja noch all diese Jesus-Parteien wie die EDU, die nach hunderttausenden Kirchenaustritten nun auch ihre Glanzstunde kommen sehen. Im Namen des Vaters, des Sohnes, des Heiligen Geists — bitte verschont mich mit dem Christentum. Und nun soll ausgerechnet noch die „christliche Leitkultur“ plötzlich in der Bundesverfassung verankert werden? Wer gibt zu sowas seine Unterschrift her? Wann die Mehrheit der Minarettverbötler wohl das letztes Mal andächtig in der Kirche sass?
    • Und natürlich nervt auch dieser türkische Europaminister, der — völlig uneigennützig, versteht sich — seine Glaubensbrüder dazu aufruft, alles Geld von Schweizer Bankkonti in das osmanische Reich überzusiedeln … Trotz Minarettverbot und UBS-Debakel ist unser Ruf als Finanzplatz noch nicht derart am Arsch, dass die reichen Ölscheiche im Nahen Osten ihr Geld (viel Geld!) vollständig den einheimischen und regionalen Banken anvertrauen würden.
  • Das Geschrei um Boykotte ist völlig übertrieben. Wenn wir in 3–6 Monate Bilanz ziehen, wird sich kaum ein Einbruch bemerkbar machen. Protestieren ist das eine — die so schön glänzende Rolex im Schaufenster dann deshalb nicht zu kaufen, verbietet das Ego.
  • Heute Abend hat ein Bekannter erzählt, dass alle akademisch Gebildeten in seinem Kollegenkreis ausnahmslos ein Nein in die Urne gelegt hätten. Sobald er aber seine Büetzer-Kollegen gefragt hätte, seien alle für ein Ja eingestanden.

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Labels: Politik, Schweiz

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