Die nationale Eigenart und die Fremdenfrage
Die Landbevölkerung ist die beste Trägerin nationaler Eigenart. Der Industriestaat und die städtische Konzentration verwischen das Besondere in Sitte und Volkscharakter. Das Originelle geht verloren.
[…]
Namentlich aber zeigt die Diskussion betreffend der Fremdenfrage, dass man endlich die Gefahren unserer heutigen Entwicklung zu erkennen beginnt.
[…]
Es kann trotzdem der Punkt kommen, wo die durch Sprache, Sitte und Gefühl mit dem Auslande verbundenen Elemente das Übergewicht erhalten und der Schweizer sich im eigenen Lande fremd fühlt. In dieser Frage gibt es nur eine ehrliche Antwort. Sie lautet: Je einseitiger sich die Schweiz zum Industriestaate entwickelt, um so weniger wird sie die nationale Eigenart ihrer Bevölkerung zu erhalten vermögen, um so mehr wird die Zahl und der Einfluss der Landesfremden überhandnehmen.
[…]
Aber wem die Erhaltung einer schweizerischen Schweiz mehr wert ist als eine vielleicht dichter bevölkerte, aber internationale Schweiz […], der muss verlangen, das alles für die Erhaltung des schweizerischen Bauernstandes getan wird, auch wenn deshalb in der Schweiz Milch, Fleisch, Wein, Obst und Honig und selbst das Brot etwas teurer bezahlt werden müssten als im einseitigen Industriestaate. Der Bauernstand bildet das Gegengewicht gegen die Überfremdung unserer Städte.
[…]
Wird die Einwanderung nicht dauernd beschränkt, so werden wir in absehbarer Zeit in den meisten grössern Schweizerstädten mehr Fremde als Schweizer haben.
Quelle: Ernst Laur, Bauernpolitik. Aarau, 19253.
Naja – tönt mir verdächtig nach Parteiprogramm rechtsstehender Parteien. SVP, AUNS und SD könnten sich gut etwas davon abschneiden. Das entlastet diese Isolationisten von unnötiger Denkarbeit.
Interessant dazu ist eine Publikation des BfS (Bundesamt für Statistik), die über die Ausländerzahlen zwischen 1900 und 2004 Auskunft gibt.
Wäre der Ausländeranteil umgekehrt proportional zur Abnahme der Beschäftigten im 1. Sektor gestiegen, hätte Laur tatsächlich recht gehabt (rein zahlenmässig, versteht sich). Das andere Geschwafel hat leider in einigen Kreisen bis heute überdauert. Schade, aber aus solch paranoiden Köpfen lässt sich fremdenfeindliches Gedankengut nur schlecht austreiben. Vielleicht bräuchten wir dazu Sarkozy mit seinem Kärcher *zwinker* (das war ein Insider für die Zeitungslesenden).
Für unsere landwirtschaftlichen Produkte bezahlen wir tatsächlich viel zu viel (das hat Laur schon 1925 richtig prophezeit), der Nutzen ist aber für immer grössere Teile der Bevölkerung fraglich.
Schlussfrage: Was ist den „typisch“ schweizerisch? Die Fremdenfeindlichkeit! *smile* Und nun im Ernst – aus meiner Sicht ist es wirklich schwierig, einen gemeinsamen Nenner zu finden. Die Sprache? Das Jodeln? Die Ovo? Unsere Sprache? Das Aussehen? Die Arbeitsamkeit? Die Faulheit? Hmmm …