Archiv ‘Wissenschaft’

Montag, 23. Juli 2007

Nichts als Regen – nasser Juli

Dank dem Zugriff auf in Echtzeit aktualisierte Wetterdaten kann ich vermelden: In diesem Monat Juli (2007) sind im Raum Bern (Station 1, Station 2) bereits 170mm Niederschlag gemessen worden. Der Monatsschnitt der Jahre 1901-1960 betrug hingegen für die Station Bern-Liebefeld nur 116.15 Millimeter. Und noch ist der Monat nicht zu Ende!

Wie sieht der Vergleich zu anderen Jahren seit Beginn der instrumentellen Messung von Wetterparametern aus? In insgesamt 20 Jahren wurden Niederschlagsmengen von 170mm oder mehr gemessen. Wenn es so weitergeht, schlägt das Wetter den „Rekord“ von 2000 – notabene das einzige Jahr seit meiner Geburt 1980, das derart hohe Niederschlagsmengen gesehen hat.

Quelle: Die verlinkte PDF-Datei wurde aus meiner privaten MySQL-Datentabelle generiert, die ich aus den csv-Dateien von Meteoschweiz kompiliert habe: Langjährige homogene Temperatur- und Niederschlagsreihen der Schweiz Aus Rücksicht auf die Nutzungsbedingungen von Meteoschweiz stelle ich den Datenbank-Dump nicht öffentlich ins Netz (private Anfragen sind aber durchaus willkommen).

Tags: , ,
Labels: Wissenschaft

Keine Kommentare | neuen Kommentar verfassen

Montag, 23. Juli 2007

Phiten Halsketten: Schabernack

Das westliche Wirtschaftssystem baut darauf auf, konstant zu wachsen. Dabei darf auch künstlich Nachfrage generiert werden, die die Leute zum Konsum anregt. Die gelegentliche Absurdität dieses Prozesses lässt sich an Hand eines Produktes vorstellen, das im 19. Jahrhundert wohl von Scharlatanen an Schaumärkten vertrieben worden wäre:

Titan Halsketten des Herstellers Phiten

Selbstverständlich möchte ich niemanden vorschreiben, was er mit seinem hart verdienten Geld kaufen will. Bei mir ist das primär Computer-Hardware (die nach guter, alter kapitalistischer Manier zusätzlichen Umsatz und Gewinn generiert, der wiederum investiert werden kann), drüben bei Smythe kann es auch einmal ein Lifestyle-Accessoire sein.

Was aber sind Phiten Halsketten? Lifestyle-Produkte? Medikamente? Zahlen die Krankenkassen? Gibt es bei PubMed wissenschaftliche Studien über die WIrksamkeit dieses Humbugs?

Feststellungen

  • Elektrische Schaltung/Überbrückung, die (glücklicherweise) nicht in unseren Körper eingebaut, sondern ausserhalb getragen werden kann:

    Der japanische Chiropraktiker Hirata hat ein revolutionäres Verfahren entwickelt (Phild-Processing), mit dem Titan-Nanopartikel und Gold-Nanopartikel so behandelt werden können, dass sie in der Lage sind, die elektrischen Ströme des Körpers zu regulieren und zu harmonisieren.

    Quelle: Wissenswertes

  • Halskettchen für den stolzen Preis von 40 bis 50 SFr. bedeuten primär einmal eine horrende Marge für den Hersteller. Verdient haben sie es durchaus – wer Dummheit der Konsumenten in bare Münze umwandelt, verdient meinen Respekt.
  • Das Tragen des Kettchens scheint insbesondere bei Leuten mit Hochschulbildung weit verbreitet zu sein (nicht-repräsentative Stichprobe in meinem Kollegenkreis). Ich zweifle spätestens jetzt an den Selektionsmechanismen unseres Bildungssystems und frage mich, wie man durch das Studium kommt, ohne mit wissenschaftlichen Grundlagen in Berührung zu kommen. Glauben die Träger etwa gar an den Kreationismus?
  • Wer die Texte auf der Web-Site des Hersteller liest, wird mit mehr Technobabbel konfrontiert als in einer Folge Star Trek:

    Besonders in der Serie Voyager innerhalb des Star-Trek-Universums wurde häufig auf Technobabble zurückgegriffen, indem teils minutenlang durch die Anhäufung technischer Fantasiebegriffe versucht wurde, Schwächen in der Handlung zu kompensieren.

    Quelle: Technobabble

  • Am Gurtenfestival sprach ich mit einer KV-Angestellten, die schwört, seit dem Kauf eines solchen Halskettchens keine Kopfschmerzen mehr zu haben. Für mich spricht das nicht für die Wirkung des Kettelis, als viel eher auf den seit Jahrzehnten bekannten Placebo-Effekt.
  • A propos: Ihren Freund wird’s freuen … Sollte Phiten das Ding nicht eher als Lustförderung für das Schlafzimmer verkaufen? Ab jetzt zählt die Ausrede „Schatz, heute nicht, ich habe Kopfschmerzen!“ der Vergangenheit an.

Die letzten Zweifel räumt diese Grafik des Wirkungsprozesses aus:

Quelle: hiten Rakuwa Neck

Beda gefordert

Es wäre durchaus an der Zeit, dass sich der umtriebige Beda M. Stadler in der NZZaS einmal diesem Hokuspokus annimmt. Wer Homöpathie verteufelt, sollte konsequenterweise auch Phiten in die Wüste schicken.

Parallelen

Wer auf Phiten-Produkte steht, sollte sich schleunigst auch einen SpiritPod zulegen.

Weiterführende Links

Tags: ,
Labels: Funny, Wissenschaft

Keine Kommentare | neuen Kommentar verfassen

Mittwoch, 20. Juni 2007

Die Oekonomen entdecken die Realität

Die Wirtschaftswissenschaften stiessen mit ihrem Bild des Homo oeconomicus, der, immer aus Eigennutz, rationale Entscheidungen zur Profitmaximierung trifft, an eine Grenze. Man merkte, da stimmt was nicht, der Mensch ist anders, auch irrational, unvernünftig, emotional, manchmal gegen seine ureigensten Interessen verstossend. Oder, wie der Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz mir vor ein paar Jahren sagte: «Die Nobelpreisträger Daniel Kahneman und Vernon L. Smith haben zum Glück herausgefunden, dass viele ökonomische Theorien realitätsfremd sind.» -Warum? «Weil die Menschen offenbar systematisch unsystematisch handeln. Die beiden haben bewiesen, dass die meisten Menschen weit weniger egoistisch sind, als die Ökonomen annahmen.» Dann sind alle Wirtschaftsmodelle falsch? «Man muss leider annehmen, dass sie die Wahrheit verfehlen.»

Quelle: Eine Frage des Selbstvertrauens

Schön, dass auch diese Akademiker-Gruppe langsam aber sicher ihre eigenen Theorien entlarvt. Störend ist höchstens, dass mittlerweile ein Grossteil der westlichen Bevölkerung auf die alleinseligmachende Marktwirtschaft eingeschworen wurde. Ich beachte die Verinnerlichung dieses Denkens nicht zuletzt auch bei mir: Die Theorien lassen sich auf fast alle Lebensbereiche übertragen und erklären dort vom Werben um die Partnerin bis zur Wahl des Verkehrsmittels so ziemlich jede Handlung einer Person. Ob dies aber der Wahrheit entspricht und unsere, von der liberalen Gehirnwäsche verschont gebliebenen Vorfahren mit solchen Erklärungsversuchen auch einverstanden wären?

Wie die Lehrer so die Schüler?

Ferner wird durch solche „Enthüllungen“ meine Abneigung gegenüber Studenten gewisser Fachrichtungen nicht gerade gelindert. Es besteht zu befürchten, dass diese realitätsfern studieren. Was soll’s, so weit ich mich erinnern mag, sind es einige der billigsten Studiengänge an den hiesigen Unis (Ha! Und schon wieder ertappe ich mich in der Argumentationsspirale ebendieser unechten Theoretiker – „money is everything!“).

Die Doku zum Thema

The Trap: What Happened to Our Dream of Freedom

Tags:
Labels: Wirtschaft, Wissenschaft

Keine Kommentare | neuen Kommentar verfassen

Mittwoch, 28. März 2007

Klimaerwärmung? Alles Schwindel!

Urs Paul Engeler und die Weltwoche tarnen sich mit einem (fast) perfekten englischen Akzent und widerlegen, was uns eine Verschwörung von tausenden (diese Zahl wird im Video übrigens auch demontiert) Klimawissenschaftlern weismachen will:

Channel 4: The Great Global Warming Swindle
Offizielle Web-Site

Wobei ich zugeben muss, dass Klimaforschung wirklich eine „Industrie“ geworden ist. Doch um milliardenschwere Öl-Konzerne und deren Marionetten mit ihrem Spin (könnte das Video nicht von Esso & Co. finanziert worden sein?) zu bekämpfen, muss man das halt werden. Besonders amüsant, dass die zitierten Wissenschaftler gegen Zensur innerhalb Forscherkreisen wettern – während dies die Multis doch seit Jahrzehnten machen .

Wer in der Diskussion auch immer Recht hat: Ob CO2 nun gut oder schlecht ist – soviel wie heute wurde von dem Gas noch nie künstlich ausgestossen. Das muss geändert werden. Ob wir in 50 Jahren das ganze Jahr hindurch mit Flip-Flops und Bermudas durch die Gegend watscheln, oder wie ein Eskimo daherkommen.

Nachtrag

(Ich habe das Video nun ganz durchgeschaut – in ein paar Jahren können wir ja auf diesen Artikel hier wieder zurückkommen. Entweder ist es mir dann äusserst peinlich, daran erinnert zu werden, oder aber es gibt niemanden mehr, den ein Blog im Internet interessiert … *smile*)

Nachtrag II

Als Quellenkritik muss nach dem Schauen des Videos folgender Artikel gelesen werden (Danke, Anonymous):

Swindled – oder warum nicht jedes Propagandafilmchen Aufmerksamkeit verdient

Kurz zusammengefasst die Vorwürfe an die Produzenten des Streifens (gekürzte Wiedergabe des oben genannten Blog Artikels):

  • Der Regisseur ist kein unbeschriebenes Blatt und für seinen Thesen-Journalismus bekannt (und wurde auch schon deswegen gerügt)
  • Professor Carl Wunsch distanziert sich von der Art, wie er im Dokumentarfilm zu Worte kommt:

    What we now have is an out-and-out propaganda piece, in which there is not even a gesture toward balance or explanation of why many of the extended inferences drawn in the film are not widely accepted by the scientific community. There are so many examples, it’s hard to know where to begin, so I will cite only one: a speaker asserts, as is true, that carbon dioxide is only a small fraction of the atmospheric mass. The viewer is left to infer that means it couldn’t really matter. But even a beginning meteorology student could tell you that the relative masses of gases are irrelevant to their effects on radiative balance. A director not intending to produce pure propaganda would have tried to eliminate that piece of disinformation.

    Quelle: Partial Response to the London Channel 4 Film „The Great Global Warming Swindle“

  • Die Grafiken enthalten bewusste und unbewusste Fehler; der Produzent hatte Kenntnis davon.
  • Die Forscher hinter der Sonnenflecken-Theorie haben gravierende Fehler in ihren Berechnungen gemacht (Hockeyschläger-Kurve gibt es bei den Solar-Aktivitäten nicht!)
  • Der 75-jährige Herausgeber von New Scientist hatte das Amt im Alter von 31 bis 35 Jahre inne – also vor vierzig Jahren!

Tags:
Labels: Medien, Wissenschaft

Keine Kommentare | neuen Kommentar verfassen