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Donnerstag, 13. Dezember 2007

Das Parlament ignoriert uns – das Volk. Strafe wird folgen!


Facebook Group "Das Parlament
ignoriert uns"

Originally uploaded by emeidi

So wirbt die gleichnamige Gruppe auf Facebook für ihr Anliegen. Christoph Blocher lächelt den Besuchern auf einem am Seitenkopf angebrachten Foto entgegen – auf den ersten Blick erkennt man, dass es sich um ein Foto eines deutlich jüngeren, fitteren Blochers handelt, als wir ihn diese Woche gesehen haben.

Kommentare zu einigen Aussagen

Wahlmodalitäten des Schweizerischen Bundesrats

Eveline Widmer-Schlumpf, eine von der SVP NICHT VORGESCHLAGENE Regierungsrätin der SVP aus dem Kanton Graubünden wurde vom Parlament mit 125 Stimmen (absolutes Mehr bei 122 Stimmen) vor Christoph Blocher 115 Stimmen gewählt.

Dass von der zuständigen Partei nicht vorgeschlagene Personen gewählt werden, ist nun also wirklich überhaupt nichts neues – als SPler erinnere ich mich spontan an die (Nicht-)Wahl Christiane Brunners.

Heuer hingegen erst zum zweiten Mal vorgekommen ist die Abwahl eines bestehenden Bundesrates. Dies kann aber kaum verboten sein, wenn es die SVP (mit Hilfe der FDP) bereits vor vier Jahren vorgemacht hat.

Unvernünftige Blocher-Abwähler

Der überwältigende Andrang (bereits sind es 150 Mitglieder) auf meine heute Mittag erst erstellte Gruppe freut mich ungemein. Er zeigt mir, dass ausserhalb des Schweizerischen Parlaments – namentlich innerhalb der „Facebook-Generation“, welche die Zukunft darstellt – noch eine (absolute) Mehrheit an vernünftigen Menschen existiert.

Vernünftig ist also, wer dieser bestimmten Facebook-Gruppe beitritt? Nun gut, dann trete ich bei, obwohl ich Blocher nie mehr im Bundesrat sehen möchte.

Das mit der „absoluten“ Mehrheit verstehe ich nicht. Wenn wir davon ausgehen, dass sich auf Facebook 100’000 Schweizer tummeln, sind 259 Nasen nicht annähernd ein Prozent der Gesamtmenge.

Keiner wie Blocher

Nun folgt eine Lobeshymne, ab der man sich fragt, wie das Land die ersten 155 Jahre seines Bestehens ohne Bundesrat Blocher überleben konnte:

Einen Bundesrat abzuwählen, der es als Erster verstanden hat, Ordnung in ein chaotisches System in Bern zu bringen, […]

[…] der die Ausgaben in seinem Parlament um jährlich 250 Mio. CHF senkte, […]

Soweit kommt es noch, dass wir Blocher gar ein eigenes Parlament zur Verfügung stellen. Der Schreiberling meinte wohl „Departement“.

[…] welcher in seinem Departement bereits nach einer einzigen Legislaturperiode einen enormen Leistungsausweis (vorallem im Bereich Bekämpfung von Asylmissbrauch)

Ich kenne mich mit der Materie nicht besonders gut aus, aber meines Wissens hat Metzler die Vorarbeit gemacht, Blocher musste die Vorlage „nur“ noch vor dem Parlament vertreten und vor das Volk bringen …

Wird heute weniger „Asylmissbrauch“ betrieben? Wie misst man so etwas? Falls es rein nur um die Zahl der Asylbewerber geht, hat der Rückgang weniger mit Blocher als mit den Massnahmen seiner Vorgängerin, Ruth Metzler, zu tun.

[…] ein solcher Bundesrat gehört NICHT abgewählt. Schon gar nicht, wenn er innerhalb des Volkes derart gut verankert ist, wie es diese Gruppe demonstriert.

259 Nasen demonstrieren die „gute Verankerung“ Blochers? Bon …

Da fehlt jedem vernünftigen Menschen schlicht das Verständnis dafür.

Mir nicht. Aber ich bin ja auch kein vernünftiger Mensch.

Denn trotz allem können wir stolz sein darauf, was dieser Mann für die Schweiz geleistet hat und auch in Zukunft leisten wird.

Hail to the king! Messias, erlöse uns!

Nichtsnutz Leuenberger darf bleiben

(Leuenberger tritt heuer seine vierte Amtsperiode an und das einzige, was mir von ihm geblieben ist, ist sein fatales Verhalten beim Grounding der nationalen Airline…)

Was hat Leuenberger mit dem Grounding zu tun? Ich habe viele Vorwürfe gehört (Anflüge über Deutschland, immer teurer werdende und sich verzögernde NEAT – aber Grounding?!) Lesen wir bei Gesinnungsgenossen nach:

Das unter Moritz Leuenbergers Verantwortung stehende Bundesamt für Zivilluftfahrt nahm seine Aufsichtspflicht gegenüber der Swissair nicht wahr, was ein Grounding der gesamten Flotte und schliesslich den Konkurs der Gruppe zur Folge hatte.

Quelle: Moritz Leuenberger – ein Sicherheitsrisiko und ein Fall für die GPK

Primär einmal wurde die Swissair auf Grund unfähiger CEOs und Verwaltungsrätte in den Tod geritten. Aber schön, dass hier mehr Staat, weniger Eigenverantwortung besser gewesen wäre. Was aber ist mit Finanzminister Villiger? Der Swissair fehlte es im Herbst 2001 hautpsächlich an Geld, nicht an „Aufsicht durch die Behörden“.

Was Leuenberger konkret angelastet wird, weiss ich nicht. Eine mögliche Spur:

Im weiteren Prozessverlauf äussern sich auch Mario Corti und Eric Honegger. Einmal mehr wird die Mitverantwortung der Banken thematisiert. Sowohl Corti wie Honegger werfen zudem Bundesrat Moritz Leuenberger (Verkehrsminister) und Alt Bundesrat Joseph Deiss (damaliger Wirtschaftsminister) vor, Druck auf die Swissair-Führung ausgeübt zu haben. Es geht um Zahlungen an die serbelnde belgische Fluggesellschaft Sabena, die im Rahmen der Hunter-Strategie gekauft worden war und mit massiven Verlusten die Finanzlage des Swissair-Konzerns stark belastete. Die Bundesräte hätten interveniert, man dürfe Belgien nicht verärgern, um die Verhandlungen für die bilateralen Verträge mit der EU nicht zu gefährden. Das Gericht lädt daraufhin die beiden Bundesräte als Zeugen vor. Diese geben zu, mit den Swissair-Verantwortlichen über die Thematik gesprochen zu haben, bestreiten aber, Druck ausgeübt zu haben.

Quelle: Das Swissair-Debakel

Kultur der Niederlage

Nachdem ich die Wall meiner Gruppe nun von etlichen, undifferenzierten Statements, welche mit der Politik der SVP und Christoph Blochers nichts zu tun haben, befreit habe,

Freie Meinungsäusserungsfreiheit wird in dieser Gruppe nicht geduldet. Die Meinungsäusserungsfreiheit steht nur denjenigen Personen zu, die die richtige Meinung haben. Nämlich.

Vorallem diejenigen Mitglieder der Gruppe, denen wirklich etwas an der Zukunft unseres Landes und der Schweizerischen Volkspartei liegt, dürfen sich nicht derart leicht provozieren lassen, sondern müssen auch in dieser Situation zwingend versuchen, sachlich zu bleiben.

Es gilt das Faustrecht! Viele SVP-nahe Zeitgenossen können Niederlagen einfach nicht verkraften, verlieren die Contenance und werden unflätig. Am Ende nützt nur noch das Schweizer Sackmesser – das wusste schon Gerhard Blocher.

Diese Rede wird in die Geschichte eingehen, genau wie die Worte „Wir sehen uns bei Filippi wieder“ nach einer früheren „Niederlage“ der SVP in die Geschichte eingingen.

Sicher nicht in von Linken und Netten verfasste Geschichtsbücher, die von Linken und Netten Lehrern für den Unterricht benutzt werden.

Niederlagen wie diese machen uns stärker. Dies gilt für die SVP mehr denn für jede andere Partei dieses Landes.

Märtyrer.

Zum einen erscheint heute – wie jeden Donnerstag – DIE WELTWOCHE, welche die Geschehnisse dieser Wahl auf ihre Weise differenziert kommentieren wird.

Parteiblatt. Kollege Smythe prognostiziert der Weltwoche eine Steigerung der Auflagenzahlen, da dies das einzig verbleibende Oppositionsmedium darstellt.

Tages-Anzeiger (grundsätzlich schlechte Berichterstattung, es erstaunt daher auch nicht, dass der nun folgende Kommentar von Roger Köppel, Verleger und Chefredaktor der „Weltwoche“ stammt):

Von Linken infiltriertes Medium halt. Klöppel durfte einen Kommentar im Tagi veröffentlichen?! In der Tat schlechte Berichterstattung, wenn nicht mal die hauseigenen Redaktoren Kommentare verfassen.

Konkrete Handlungsmöglichkeiten für Anhänger Blochers

Wir leben in einer direkten Demokratie, weshalb dem Stimmbürger einige Möglichkeiten offen stehen:

  • Initiative „Bundesratswahl durch das Volk“. Mit der Sammlung der 100’000 Unterschriften kann sofort begonnen werden. Die Anpassung der Verfassung erlaubt es nach Annahme durch das Stimmvolk, dass alle Bundesräte zwingend vom Volk gewählt werden müssen. In der Schweiz wurde 1942 bereits einmal über dieses Vorhaben abgestimmt. (Gemäss Politologe Rickenbacher werden wir wohl bald die vierte solche Abstimmung erleben dürfen) Das Anliegen scheiterte damals – eventuell unter gehörigem Eindruck der Nationalsozialistischen Diktatur?
  • Nationalratswahlen 2011. Die SVP verdoppelt ihre Sitzzahl, erreicht so das absolute Mehr und kann ihre Bundesräte künftig ohne Hilfe von FDP oder CVP wählen. Wenn sie die Sitze nicht erreicht, muss sie damit leben, dass ihre bestehenden Bundesräte und Kandidaten auch in Zukunft nicht wiedergewählt werden könnten.
  • Putsch. Da jeder Schweizer Soldat eine Armeewaffe zu Hause hat, kann auch mit roher Waffengewalt reagiert werden. Entweder kann man damit Jagd auf Linke und CVPler machen, im Bundeshaus Amok laufen (Tipp: vom Rednerpult ausgesehen gegen links zielen, sonst erwischt man die eigenen Leute) oder gleich so einen richtig grossen, überaus blutigen Militärputsch anzetteln, der Blocher wieder als Bundesrat installiert (die anderen sechs brauchen wir ja eh nicht, da unnütz, link und nett).
  • Auswandern. Die einfachste Lösung – sich in einer Nacht-Und-Nebel-Aktion davon stehlen.

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Donnerstag, 13. Dezember 2007

Wir sind Schlumpf!

Herzliche Gratulation, Evelin Widmer-Schlumpf!

Nachtrag

Heute um 9 Uhr 13 schreibt „dr Aut“ direkt aus Basel:

Dr Blocher isch so huere verdammt gopferdelli öppis vo verdammt nomau abgwäut worde!!!

In der Tat.

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Donnerstag, 13. Dezember 2007

Die Weltwoche hat Kurs aufgenommen

Am Mittwoch-Abend zeigte ich mich äusserst gespannt, wie das SVP-Kampflatt auf die Abwahl ihrer Ikone reagieren würde. Ab sofort ist klar, auf wen die SVP-Mitglieder einzuschlagen haben: Niemand anderes als die CVP ist am Debakel schuld – die Verräter vom 12. Dezember werden hart dafür büssen müssen … „Die Endgültige Lösung der CVP-Frage?“ In vier Jahren bei den nächsten Nationalratswahlen.

Kurzzusammenfassung

  • Die CVP ist zu blöd, um das Komplott in dieser taktischen Güte wirklich geplant zu haben. Betriebsunfall.
  • Die CVP hat ihre Seele an die Linken verkauft.
  • Die CVP hat den kurzfristigen Erfolg gewollt und wird in ihren Stammlanden längerfristig viele Wähler an die SVP? verlieren.
  • Die SVP hat sich mit Gadient und Hasslers Ausschlüssen aus den Kommissionen eine kleine Schnittwunde zugeführt. Diese war nicht matchentscheidend, hat aber einen Einfluss auf die anderen bürgerlichen Parteien gehabt.
  • Die linken Medien haben auch noch ihr Stückchen zur Abwahl beigetragen

Einige kommentierte Auszüge aus dem Artikel Ins Komplott gestolpert:

Die neue Bundesrätin

Zuerst einmal demontieren wir Frau Widmer-Schlumpf. Da sie sich anscheinend in ihrer Tätigkeit als Regierungsrätin kaum etwas zu schulden hat kommen lassen, drischt man halt einfach auf ihren Pappi ein – diese Vorgehensweise kennt man ja längst aus dem SVP-Repertoire; Stichwort: Sippenhaft für ausländische Straftäter. Wenn der erwachsene Sohn etwas verbockt, schafft man die ganze Familie zurück ins Heimatland:

Da Schlumpf als ein gemütlicher, harmloser und teurer Bundesrat (Vereina-Tunnel) in die Geschichte eingegangen ist, dürfte das genügt haben, die Tochter für hervorragend zu halten.

Figgumühli dank dem Seisler

Ebenso wenig hat sich die CVP Gedanken darüber gemacht, wie sie sich verhalten sollte, wenn Widmer-Schlumpf die Wahl ablehnt, wie das ihre Partei von ihr verlangte. Würde dann Schwaller kommen? In der CVP, so wird versichert, habe man nur entschieden, in einem solchen Fall noch einmal zusammenzusitzen.

Vielleicht ist die CVP wirklich so naiv und unvorbereitet in den Kampf gezogen, wie es uns Somm weis machen will. Fakt bleibt: Selten haben Zauberlehrlinge ein solches Debakel (der Autor nennt es treffenderweise „Betriebsunfall“) angerichtet.

Will Widmer-Schlumpf nun doch nicht, kommt Schwaller. Die CVP und die FDP haben ihre Bundesräte im Trockenen. Ich wäre äusserst überrascht, wenn die Fraktionen ihre Leute im Zaum halten könnten.

Der B-Plot wird plötzlich relevant

Vor einer Woche gaben die Bündner SVP-Vertreter Hansjörg Hassler und Brigitta Gadient bekannt, dass ihre Partei sie aus wichtigen Kommissionen ausgeschlossen hatte – weil sie die Parteilinie zu wenig beachteten. Hassler agierte dabei vor den Medien so theatralisch empört, dass sich der Verdacht einstellt, er habe schon zu diesem Zeitpunkt von Eveline Widmer-Schlumpf als möglicher Kandidatin gewusst. Indem er wortreich seine Gekränktheit genoss, bereitete er der innerparteilichen Fronde den Boden.

Auch ich vermute mittlerweile, dass diese Vorgeschichte einen Einfluss auf Widmer-Schlumpf gehabt haben könnte …

Vergebt ihnen, denn sie wussten nicht, was sie taten

Trifft es aber zu, dann dürfte es den Eindruck bestätigen, dass insbesondere die CVP nicht wusste, was sie tat.

Die CVP – ein Haufen unkontrollierter, ungezügelter Irrer. Gerade für der SVP nahestehenden Persönlichkeiten der Weltwoche kaum vorstellbar, dass in einer Partei nicht bis in die hinterste Ritze nach dem Tagesbefehl gelebt wird.

Judas

Vor gut einer Woche hatte die CVP der SVP signalisiert, dass man Blocher wiederwähle.

Wer besseres als die Christdemokraten könnten den Judas spielen, die den Messias an die Römer Linken verrieten?

Was nicht sein kann …

Tatsächlich grenzt das Manöver vom Mittwochmorgen an ein Wunder. Man hätte der CVP nie die Chuzpe zugetraut, Blocher ins Abseits laufen zu lassen.

Die CVP – fähig zu einer solchen taktischen Meisterleistung? Wahrscheinlich zogen eigens dafür eingeflogene „SP-Berater“ die Fäden. Die CVP als dümmlicher Zampano.

Linke Medien

In einem flammenden Appell hatte ihn der Tages-Anzeiger am Morgen aufgefordert «anzutreten». Man lobte den schwankenden Freiburger über den grünen Klee und bezeichnete es als «staatspolitisch wünschenswert», Blocher aus dem Bundesrat zu werfen

Wer die Welt aus der Sicht der Weltwoche sieht, wird in der Aussage des Tagis den Marschbefehl für die Linken erblicken.

Auf ewig versklavt

Aus Unfähigkeit oder aus Hass hat die Partei sich der Linken ausgeliefert.

Irgendwo mussten die Linken ja noch erwähnt werden … Was ist besser? Sich den Linken oder den Rechten (= der SVP und der FDP) ausliefern?

Enigma

Hier in der Innerschweiz und in der Ostschweiz droht nun ein Massaker.

Will heissen: Wird umgesetzt, aber dalli!

Blocher – drei-viertel CVPler?

Die Leute verstehen nicht, warum die eigene Partei einen Bundesrat abwählt, der in 75 Prozent das vertritt, wofür die eigene CVP im Kanton steht.

In meinem innersten wusste ich schon immer, dass der Pfarrerssohn eigentlich ein verhinderter CVPler ist. Der verlorene Sohn Darbellays und Leuthards, sozusagen.

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Donnerstag, 13. Dezember 2007

Mysteriöse Schlumpfine

Die Deutschen sind Papst, wir sind Schlümpfe? Egal. Mich interessiert etwas anderes:

Nun, da die Katze (respektive die „Schlumpfine“) aus dem Sack ist, ging in der heutigen Sendung Classe Politique das Rätselraten weiter. Strategen wie auch die politischen Kräfte als auch der Moderator interessierten sich für die Hintergründe des Coups.

Von SP und CVP von langer Hand geplant

Während Levrat der Frage nach dem Beginn der Abklärungen mit Widmer-Schlumpf auswich, „gestand“ Darbellay, dass CVP und SP mit der Kandidatin vorgängig in Kontakt gestanden hatten. Diese Vermutung lag längstens auf der Hand: Wenn im ersten Wahlgang ganze Fraktionen wie gedankengesteuert denselben Namen aufs Papierchen kritzeln, muss die Verschwörung zum Sturz Blochers von langer Hand geplant gewesen sein.

Die SVP wusste es anscheinend

Deutlich erstaunter lauschte ich den Worten des Voralpen-Blochers Stefan „Richard Gere“ Amstutz. Gemäss seinen Aussagen hatte die SVP bereits am Dienstag Wind vom Komplott bekommen.

Da ich die Bundeshaus-Mechanik zu wenig gut kenne, kann ich nur Vermutungen anstellen, wie das „Geheimnis“ dem politischen Feind ausgeplaudert wurde: Ein in den Plan zur Abwahl Blochers eingeweihter CVPler tritt mit einem gut befreundeten FDPler in Kontakt, um seine Stimme für Widmer-Schlumpf zu gewinnen. Der gewissenhafte FDPler hat aber überhaupt nicht im Sinn, Blocher abzuwählen und erzählt die heisse Neuigkeiten einem oder mehreren Fraktionskollegen. Schliesslich wäre es angebracht, seine eigene Partei und deren Bundesräte über den voraussichtlich stürmischen Seegang am Wahltag vorzuwarnen.

Da die Nahtstellen zwischen den Stahlhelmen der FDP und ihren Gesinnungsgenossen bei der SVP sehr eng sind, dringt die Information schlussendlich zum Opfer vor. Die SVP ist vorgewarnt.

Widersprüchliche Botschaften Schlumpfs

Amstutz erstaunte weiter: Die SVP-Oberen stellten Widmer-Schlumpf nach dem naschen an der Frucht der Erkenntnis telefonisch zur Rede. In zwei Telefongesprächen mit ihrer Partei habe die Sprengkandidatin versichert, so Amstutz, dass sie die Wahl nicht annehmen würde. Theres Frösch von den Grünen widerspricht Amstutz: Sie sei sicher, dass Geschlechtsgenossin Schlumpf die Wahl annehmen wird.

18 Stunden Angst

Die Frage ist also: Hat Evelin Widmer-Schlumpf mit ihrer Partei längst abgeschlossen und wird morgen um 8 Uhr den Einzug in den Bundesrat verkünden? Hat vielleicht gar der Zwist um Brigitta Gadients Ausschluss aus der Bildungskommission durch die SVP-Fraktion die Würfel zum Fallen gebracht?

Oder ist sie eine Art missglückter Doppelagent? Trifft letzteres zu, hat sie sich einer Masochistin gleich selbst ins Knie geschossen und setzt ihre Glaubwürdigkeit innerhalb der Bündnerischen SVP aufs Spiel.

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Mittwoch, 12. Dezember 2007

Wie Hamburg die Lage in der Schweiz beurteilt

Der Spiegel im Artikel Frau Widmer-Schlumpf sticht Blocher aus:

[…] alle waren auf der Suche nach einer Frau, deren Namen bis zum heutigen Vormittag kaum ein Schweizer je gehört hatte: Eveline Widmer-Schlumpf, die Frau, die das Parlament soeben völlig überraschend anstelle von Christoph Blocher in die Regierung gewählt hatte.

Naja, Mathieu, jetzt mal nicht übertreiben: Frau Schlumpf ist sozusagen hoffentlich bald das Pendant von George H. W. Bush und seinem Sohn George W. Bush. Vater und Sohn, respektive hier Vater und Tochter. Wer sich für Politik interessiert, wird den Nachnamen garantiert, den Vornamen auch schon gehört haben – beispielsweise beim Kampf gegen das Steuerpaket.

[…] und wollte trotz des großen Drucks, den ihre Parteiführung auf sie ausübte, nicht sofort ihren Verzicht erklären. Sie erbat sich Bedenkzeit. Am Donnerstag früh um 8 Uhr will sie vor dem Parlament bekanntgeben, ob sie die Wahl annimmt oder nicht.

Gedankenspiel: Nehmen wir an, sie lehnt morgen wirklich ab – obwohl sie spätestens am Wochenende von den Parteipräsidenten der SP und der CVP bearbeitet worden war und dabei ihre Kandidatur zugesichert hat – was dann? Dann geht zwar die SVP mit Schlagseite aus dem Rennen, doch Widmer-Schlumpf ist K.O. Jedenfalls auf dem nationalen Parkett. Einer Bundesratswahl wird sie sich als SVPlerin (falls sie nicht gleich aus der Partei ausgeschlossen wird) nie mehr stellen können. Nein, Frau Schlumpf war sich der Tragweite des Entscheids voll und ganz bewusst – und deshalb wird sie, so vermute ich, morgen die Wahl annehmen.

Blocher schreibe bereits an seiner Oppositionserklärung.

Da hat sich wohl jemand vertippt – sollte es nicht „Mörgeli“ heissen? Hoffentlich stürzt ihm der Laptop ab …

Obwohl die Partei nicht einmal ein Drittel der Wähler hinter sich hat, ist es durchaus möglich, dass sie bei einzelnen Themen – etwa in der Ausländerpolitik – eine Mehrheit des Volkes für ihre Lösungen gewinnen könnte.

Vielleicht, vielleicht auch nicht. Jahraus, jahrein Unterschriften zu Sammeln für Referenden und Initiativen verlangt starke Ausdauer und gefüllte Kriegskassen. Ob die Blockade wirklich auf Dauer möglich ist, wird sich zeigen. Die SVP ist gut – aber so gut? Ich weiss nicht.

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Mittwoch, 12. Dezember 2007

Stratego

Man kann als Rechtsbürgerlicher lamentieren, was man will – dass heutige Resultat ist wirklich eine „Meisterleistung“, wie es Manfred Messmer in seinem Blog charakterisiert.

Also: Das war eine strategisch-taktische Meisterleistung, die da von den Grünen, der CVP und der SP hingelegt wurde. Die Kandidatin Widmer-Schlumpf gegen Herrn Blocher in Stellung zu bringen, das kann man im Nachhinein als geradezu genialen Schachzug bezeichnen.

Quelle: Taktische Meisterleistung

Da haben sich mehrere Parteien – geeint gegen einen gemeinsamen „Feind“ – zusammengeschlossen und produzieren das wohl schönste, aber auch ein völlig unerwartetes Resultat. Aus diesem Grunde fasziniert mich Politik so: Manchmal kommt es völlig anders, als man denkt.

Die letzten Zweifler wurden nach dem ersten Wahlgang Blochers überzeugt: Wir können es wirklich schaffen! Plötzlich realisierte man, dass man stimmenmässig tatsächlich eine Chance hat – nicht zuletzt wegen der geeigneten Kandidatin, die anscheinend bis zuletzt kaum auf dem Radar aufgetaucht war (immerhin im Blick von heute Morgen stand ihr Name als potentielle Kandidatin geschrieben). Und so kam es dann auch.

Bisher stand die SVP zuoberst auf dem Siegertreppchen, wenn es um strategische Fragen und die Taktik ging – die Wahlkampagne fiel dank in die Hand arbeitender Konkurrenz genau so aus, wie es sich die Parteistrategen erhofft hatten. Doch ab heute werden immerhin die Karten in den Räten wieder neu gemischt. Wäre ich ein SVPler, würde ich mir langsam einige Sorgen machen. Wird die nächste Legislatur eine Mitte-links-Legislatur?

Nachtrag

Was mich aber vielmehr schmerzt ist, wie schwach sich die SVP jetzt zeigt und nicht schon selber den Gang in die Opposition verkündet hat. Stattdessen macht sich die Partei in ihrer Reaktion vom Bündner Kuckucksei abhängig und will sich Blochers Sitz doch noch irgendwie erbetteln. Unfassbar!

Tatsächlich! Die grösste, intelligenteste, hübscheste aller Parteien lässt sich hinhalten, gängeln – von einer Frau, einer Bündnerin, und das für Satte 20 Stunden! Hat’s das schon gegeben? Hell froze over!

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Mittwoch, 12. Dezember 2007

Bye bye, Bundesrat Blocher


Initiative populaire pour le renvoi des politiciens néfastes
Originally uploaded by emeidi

Als ich heute Morgen vom Wecker aus dem Schlaf gerissen wurde, war die Welt noch in Ordnung: Grau-verhangener Himmel, eine Saukälte. Kurz vor Mittag dann sah die Welt völlig anders aus: Sonniger, wärmer, einladender. Anstelle des amtierenden Bundesrates Blocher hat das Schweizerische Parlament die Bündnerin Evelyne Widmer-Schlumpf zur Bundesrätin gewählt.

Unerwartete Zäsur

Dass heute am Status Quo etwas ändern würde, hatte ich mir nicht in den kühnsten Vorstellungen erträumt. Allzu klar hatte die SVP die National- und Ständeratswahlen vom Oktober 2007 gewonnen, allzu klar hatte die SP mit ihrem Anti-Blocher-Kurs (ob intendiert oder nicht) Stimmen eingebüsst.

Und doch zeigt sich heute, dass man die in den letzten Jahren allzuoft verniedlichten „Mini-Parteien“ FDP und CVP noch nicht abschreiben sollte: Heute spielte die CVP das Zünglein an der Waage – und verschafften sich nachhaltigen Respekt. Respekt, den man sich nicht verdienen kann, wenn man das Schosshündchen einer grösseren Partei spielt (gell, liebe FDP!). Sondern indem man den vermeintlichen Verbündeten auch mal einen richtigen „Chlapf“ austeilt, damit sich diese im multipolaren Politsystem der Schweiz nicht plötzlich zu übermütig fühlen.

Dabei verhiess der 21. Oktober einen Triumphzug Sturm der SVP nach Bern, wie es auch im hauseigenen Parteiblatt („Weltwoche“) graphisch exzellent dargestellt wurde. Das Bild vom Sieger erreicht mit der Nicht-Wahl Ueli Maurers erste grobe Risse, und heute steht die Partei vor einem Scherbenhaufen. 15 Millionen Franken an verprassten Wahlkampfgeldern – doch nun muss sich der Milliardär von der Goldküste gegen eine Bundesratstochter geschlagen geben. Welch‘ eine Schmach.

Triumvirat perplex

Obwohl ich noch keine Bilder aus der gesehen habe: Das Triumvirat Blocher/Maurer/Mörgeli hat man wohl selten so irritiert, gedemütigt und sprachlos gesehen wie heute. Silvia wird ihrem Gatten die heutige Nacht wohl nonstopp Wickel auflegen müssen …

Die Kultur der Niederlage

Eine weitere Vermutung: Pfarrerssohn Blocher steigert sich so weiter in (s)eine Märtyrer-Rolle ein – als Unternehmer hat er äusserst viel erreicht, die gesellschaftlichen Würden wurden ihm aber wenn nicht verwehrt, dann doch bis heute immer wieder unter Demütigungen streitig gemacht. Wie auch immer: Ein für Psychologen ausgesprochen interessantes Untersuchungsobjekt.

Auf seinen Bruder Gerhard wollen wir gar nicht erst zu sprechen kommen …

Aufgebauschtes Medienthema?

Die heutigen Bundesratswahlen wurden, so schien es mir jedenfalls bis gestern, vor allem von der Sonntags-Presse „gehypt“, wie man so schön neudeutsch sagt. Mit Vermutungen, Hypothesen und abgehobenen Plan-Spielen die Auflage steigern, schien das Motto. Mal war es die Grünliberale Verena Diener, dann ein Grüner aus der Waadt, dessen Namen mir schon wieder entfallen ist – und seit dem Wochenende gossen schlussendlich auch noch der CVPler Christoph Darbellay sowie Urs Schwaller mit seinem urchigen Senslerdeutsch Öl ins Feuer. Nebenbei: Schwaller heute zu verfeuern wäre tragisch gewesen. Glücklicherweise liess sich die CVP nicht auf ein solches Spiel ein – Schwaller bleibt weiterhin verdienter Spitzenkandidat. Gehen Couchepin oder Merz, könnte er nachrücken.

In der festen Überzeugung, die Medien hätten ihrer selbst Willen eine ungerechtfertige Aufbauschung der Bundesratswahl betrieben, begab ich mich auf die Arbeit und schenkte dem Thema keine Beachtung mehr. Am Ende des Tages wäre der Bundesrat in seiner bisherigen Konstellation wiedergewählt worden. Ich irrte mich gewaltig.

Als Widmer-Schlumpf das absolute Mehr erreichte, hörte ich aus dem Nachbarzimmer einen Freudenjuchzer, der die Radiogeräusche um ein Vielfaches übertönte. „Das kann doch nicht sein – der muss wegen etwas anderem gejauchzt haben“, sagte ich mir, fragte nach – und erhielt die frohmachende Botschaft verkündet.

Die SP – als eigentliche Verliererin der Nationalratswahlen – hat überraschend mehr erreicht, als sie im Wahlkampf versprochen hat: „Wir haben Blocher nicht gewählt, und werden ihn auch nicht wählen!“ Anscheinend hegt man nicht nur bei den Sozialdemokraten eine Aversion gegen den Polterer vom Herrliberg.

Wie weiter?

Das Bündner Stimmvolk hat Frau Widmer-Schlumpf als Nationrätin Regierungsrätin gewählt, die Repräsentanten des Schweizerischen Volkes haben sie nun zur Bundesrätin gemacht. Was gibt es schöneres, als wenn des Volkes Stimme gehört wird?

Der Eclat wäre perfekt, würde Widmer-Schlumpf morgen um 08:00 Uhr die Wahl als (notabene erste) SVP-Bundesrätin tatsächlich annehmen. Ein „halber“ Eclat ist bereits jetzt, dass sich die Bündnerin angemasst hat, überhaupt eine Bedenkzeit auszubedingen – die Weisungen des Parteipräsidenten waren ja eigentlich unmissverständlich. Nach Ursula Haller ist nun garantiert auch Widmer-Schlumpf in Ungnade gefallen. Dies ausgerechnet bei der SVP, derjenigen Partei, die sich – abgesehen von Gardi Jasmin Hutter – mit politisch aktiven Frauen seit jeher schwer tut. Ein Schelm, der das Problem weniger bei fähigen weiblichen Persönlichkeiten als viel mehr in der konservativ-patriarchalen Gesinnung der männlich dominierten Partei sieht …

Es kommt noch dicker: Anscheinend hat die SVP ein generelles Problem mit ihren Exekutiv-Politikern. Indem sich auch Bundesrat Schmid mit seinem Amtseid bereits ans Trockene gerettet hat (Rücktritt? Theoretisch möglich, praktisch aber unwahrscheinlich), würde die SVP gleich mit zwei „halben“ Bundesräten dastehen, welche explizit nicht in des Triumvirats Gnaden stünden. Amüsant.

Wäre Widmer-Schlumpfs Annahme der Wahl Startschuss für die hier bereits angekündigten Erbfolgekriege (obwohl damals noch leicht unter anderen Umständen angedacht) innerhalb der SVP – mit der fantastischen Möglichkeit der Schwächung der SVP von Innen heraus?

Wünschenswertes Szenario: Die Aufsplitterung in den rechten und linken Flügel, in eine Zürcher-, Berner- und Bündner-Strömung?

Aber eben: Vielleicht verhält sich Schlumpf, wie man sich in einer Parteidiktatur wie derjenigen der SVP verhalten muss: Führerbefehl, ausführen Marsch. Nebenbei: Auch der SPler Mattey musste diese – in diesem Kontext stalinistisch anmutende – Schmach damals über sich ergehen lassen.

 

Was drängt sich sonst noch auf?

Köpferollen in der Verwaltung

Für einige hochrangige Personen in Blochers Departement könnte es nun brenzlig werden – kommt der alte Chef nicht wieder, werden sie wohl aus dem Flugzeug springen und die Reissleine ziehen.

Titelseite der Weltwoche

Auf der Redaktion des Parteiblättchens werden heute noch Überstunden geschoben, um morgen eine aktuelle Ausgabe ausliefern zu können. Der ideologischen Elite der SVP muss mit balsam-artigen Artikeln der Rücken gestärkt werden und die Basis mit Ausgabe des Wochenbefehls auf Kurs gehalten werden.

Interessant wird sein, wie die Spin-Doctors der Weltwoche das Thema verpacken werden. Meine Vermutung: „Die SVP gegen den Rest der Welt“, „Die SVP hat nichts falsch gemacht“, „Dolchstoss der Linken“. Die SVP wie immer äusserst positiv darstellen, die Schuld allen anderen in die Schuhe schieben – Selbstkritik strikt verboten.

Hingegen könnte es sein, dass – wenn nicht morgen, dann nächsten Donnerstag – eine Breitseite gegen die „abtrünnige“ CVP und Opportunisten in der FDP abgefeuert wird.

Zu guter Letzt

Wenn vielleicht auch nur für kurze Zeit: Ich freue mich ausserordentlich, derzeit keinen Bundesrat Blocher mehr zu haben.

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Mittwoch, 12. Dezember 2007

12. Dezember 2007

Inspiriert durch Franklin D. Roosevelt:

12 December 2007 – a date which will live in infamy

Ein Auge lacht wie es selten gelacht hat, ein anderes weint.

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Mittwoch, 12. Dezember 2007

Ausschliesslich religiös inspirierte Suizidbomber

[…] he [Ron Paul] doesn’t view suicide terrorism as a solely religious issue.

The country that has the most suicide terrorism is Sri Lanka, and it’s not a Muslim issue. … The two most radical Islamic countries in the world, Iran and Sudan, do not commit suicide terrorism, […]

Quelle: Ron Paul Unplugged

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Donnerstag, 6. Dezember 2007

Raucherinsel Schweiz

Wenn ich diese Karte sehe, kriege ich akute Hustenanfälle – wann endlich schaffen es auch wir, in öffentlichen Plätzen, Restaurants, Bars und Discos ein Rauchverbot einzuführen? Die Lunge und die Kleider werden es zu danken wissen …

Quelle: Eupedia – Maps of Europe

Übrigens: Bezüglich der Lagerung der Armeewaffe im eigenen Haus wäre das Bild wohl gerade umgekehrt – die Schweiz wäre als einziges Land dunkelrot eingefärbt.

Dank: Raffael3d

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