Gestern Mittwoch wurde in Neuenegg die zweite Gemeindeversammlung dieses Jahres abgehalten – und niemand kam. Gerade mal 34 Personen fanden sich im Schul- und Kirchenzentrum Neuenegg zusammen. Einerseits auf Grund des im TV live übertragenen Matches, andererseits auf Grund der unumstrittenen Traktanden wie … Regelungen über Urnenabstimmungen, der Revision des Organisationsreglementes (?) auf Grund der regionalen Jugendkommission – und die Jahresrechnung. Wie auch beim Kanton fiel diese unerwartet positiv aus: Wir bringen unsere Aktiven einfach nicht weg, weshalb von bürgerlicher Seite natürlich sofort der Ruf nach Steuersenkungen wach wurde. Ich bin eher dafür, dass wir die 8 Millionen Schulden abbauen, auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob das mit Blick auf den Lastenausgleich wirklich intelligent ist …
Zurück zu dem desinteressierten Stimmvolk: Man kann es drehen wie man will: Das haben sich die Aufklärer unter einer Demokratie sicherlich nicht vorgestellt. Wie ist die Abwesenheit der Stimmbürger grundsätzlich zu deuten? Auch die Demokratie-Pioniere konnten sich solche Zustände nicht ausdenken, weshalb sie sich in ihren Werken darüber ausschweigen (oder? anyone? Politologen?).
Wir fallen de facto also wieder in einen voraufklärerischen Zustand zurück, wo die Geschicke eines Staates durch eine kleine Elite . Der Unterschied zu heute: Damals war die soziale Herkunft massgebend, heute im Grunde nicht mehr. Heute zählt viel mehr das Interesse am politischen Diskurs. Für mich ist zumindest das eine positive Entwicklung: Die Leute an der Gemeindeversammlung haben wenigstens ein „Bitz“ weit Ahnung, was da vorne erzählt wird. Doch wie überall muss man sich fragen, ob ein Haufen gut informierter Politik-Interessierten dann auch wirklich intelligent entscheidet. Manchmal würden vielleicht gerade die aussenstehenden Laien die richtigen (und auf den ersten Blick dummen) Fragen stellen. Was passiert, wenn Spezialisten ausschliesslich unter sich ohne Kontakt zur Aussenwelt herumdökterlen, sehen wir tagtäglich: „Videorekorder bedienen? Verstehe nur noch Bahnhof!“
Weitaus grössere Sorgen bereitet mir aber die Beeinflussung von Abstimmungen. Rein hypothetisch hätte es gereicht, wenn ich ca. 30 zusätzliche Leute aufgetrieben hätte, und jede Volksbefragung hätte in meinem diabolischen Interesse entschieden werden können. Ähnliches könnte an der vorletzten Versammlung vorgefallen sein, als über einen Kredit an den Ausbau des Schützenhauses Bramberg entschieden wurde. Ein Club mit 100 (oder mehr) Mitgliedern gewinnt jede Abstimmung in einem solchen Umfeld, wenn man nur schon die Hälfte der Mitglieder an die Versammlung karrt …
Übrigens: Ich habe immer noch nicht herausgefunden, wieso die Mineralwasserflaschen jedes Mal übersprudeln, wenn ich diese während der „Darbietung“ öffne … „Tuesch chosle?“ hiess es dieses Mal zu meiner Linken *grins*