Archiv 25. Juni 2006

Sonntag, 25. Juni 2006

Rechnen mit Auto-Schweiz

Nachdem die SVP bewiesen hat, bei der Berechnung und Interpretation von Zahlenmaterial erstklassige und fundierte Resultate zu liefern, tut es ihr die Vereinigung Schweizer Automobil-Importeure gleich: In einem Inserat in der NZZaS von heute, 25. Juni 2006, Seite 28.

Obwohl ich der Kernaussage des Verbandes zustimme, dass der Verkehr „nur“ einen Drittel der Feinstaubemissionen verursacht, melde ich bei den in dem Inserat abgedruckten Zitaten einige Zweifel an:

Nur gerade 6.5 Prozent der Gesamtbelastung verursachen die Auspuffe im Strassenverkehr; der weitaus überwiegende Teils also stammt aus anderen Quellen.

Irgendwie steht diese Zahl im Widerspruch zum Diagramm des Bundesamt für Umwelt/TCS, das im Inserat prominent abgebildet ist. Dort wird der Strassenverkehr für total 19.7% (LKW: 6.1%, PW: 12.6%, Dieselbusse: 1%) der Feinstaub-Emissionen verantwortlich gemacht. Wie schrumpft diese Zahl plötzlich auf 6.5% zusammen?

Die Abgase der Dieselpersonenwagen verursachen sogar nur 1.7 Prozent der Feinstaubbelastung.

Vergleichen wir die absoluten Zahlen, mag dies durchaus zutreffen. Doch: Personenwagen (Diesel + Benzin) verursachen insgesamt 12.6% der Emissionen. 1.7% (Diesel) betragen an diesem Kuchen etwa 13%. Die Frage muss also sein: Verursachen Dieselfahrzeuge im Vergleich zu benzinbetriebenen Fahrzeugen überproportional viel Emissionen? Diese Frage kann nur beantwortet werden, wenn wir den Anteil an Dieselfahrzeugen an der Gesamtmenge der PKWs kennen würden. Beim Bundesamt für Statistik habe ich keine Informationen diesbezüglich gefunden. Wenn in der Schweiz der Anteil an Dieselfahrzeugen weniger als 13% beträgt, haben wir es mit Dreckschleudern zu tun.

Ein erster, aber überhaupt nicht repräsentativer Hinweis mag der von mir entdeckte Jahresbericht der Motorfahrzeug-Prüfstation beider Basel 2003 geben:

Bei rund 7,5 % der geprüften Personenwagen handelt es sich um Fahrzeuge mit Selbstzündungsmotor (Diesel). Auch dieser Wert ist im Vergleich zum Vorjahr leicht angestiegen, was die aktuelle Markttendenz (steigende Anzahl Dieselfahrzeuge) bestätigt.

Landwirtschaft

Die Land- und Forstwirtschaft ist mit 37% für den Löwenanteil der Emissionen zuständig. Auch hier ist Handlungsbedarf angezeigt, wobei aber die zahlenmässig stark übervertretene Bauernlobby in den Räten alles versuchen wird, die Auswirkungen für ihre Klientel so gering wie möglich zu halten. Dabei sollte es doch gerade den naturverbundenen Landwirten am Herzen liegen, die Umwelt zu schonen …

Ich gebe der Importeur-Lobby recht, wenn sie kritisiert …

Nun hat der Bundesrat Massnahmen gegen den Feinstaub beschlossen. Das ist gut so. Weniger gut ist allerdings, dass nur ein kleiner Teil aller Feinstaubverursacher – nämlich einmal mehr die Autofahrerinnen und Autofahrer – sofort in die Pflicht genommen werden sollen.

Die Grundabsicht der Auto-Lobby wird hier wohl sein, Massnahmen für/gegen den Autoverkehr erst dann zu ergreifen, wenn für die anderen Bereiche auch Massnahmenpakete vorliegen. Eine Verzögerungstaktik also. Ich dagegen würde gerade das Gegenteil fordern: Dann macht die Massnahmen für die anderen Bereiche schneller her!

Doch lieber den Strassenverkehr zuerst …

Eine „Studie“ von landwirtschaftlicher Seite zeigt dann aber auch der Importeur-Lobby gnadenlos auf, wo die Emissionen anfallen und die Grenzwerte stark übersteigen (Seite 3):

Dieselruss, Partikel und Feinstaub aus der Landwirtschaft

Deutlich seriöser die offizielle Stellungnahme des SBV, der im Frühjahr 2006 auf die anprangernden Blick-Schlagzeilen reagierte:

Feinstaub – Falscher Sündenbock „Landwirtschaft“

Fazit

Die Landwirtschaft mag vielleicht den grössten Brocken der Emissionen produzieren, doch die Probleme sind zuerst vor allem dort zu lösen, wo die Grenzwerte effektiv überschritten werden und weite Teile der Bevölkerung gefährden. Und das ist nun einmal nicht draussen, mitten auf dem Acker, sondern entlang der Hauptverkehrsachsen in, um und zwischen den schweizerischen Grossstädten.

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Sonntag, 25. Juni 2006

Das Geheimnis des Fussball-Erfolgs

Gekonnt zusammengefasst von einer Person, die deutlich mehr von Fussball zu verstehen scheint als meiner einer:

Jakob Kuhns „Fohlen“ sind das Ergebnis einer behutsamen, professionellen „Aufzucht“, einer akribisch und zeitgemäss gestalteten Nachwuchsförderung mit der vorbehaltlosen Integration von Immigrantenkindern. Diese mussten für Erfolg und Anerkennung mehr tun als einheimische Nachbarn, und ein bemerkenswerter Teil von ihnen reüssierte sportlich, ausbildungsmässig wie beruflich. Kein Wunder, dass etwas in Deutschland mit einer Mischung aus Neid und Hochachtung auf das mehrstufige Förderungsmodell Schweiz geschielt wird. Das Geheimnis des Leistungsfortschritts lieg in der von Fachleuten koordinierten und kontrollierten Heranziehung der Jungen.

Quelle: NZZaS, 25. Juni 2006, „Wie der Schweizer Fussball früheren Respekt zurückerlangt“, S. 19.

Nachwuchsförderung – wünschenswert nicht nur im Fussball, sondern in allen Bereichen hier in der Schweiz. Integration von Immigranten (mein O-Ton nach Behramis entscheidenden Goal gegen die Türkei in der WM-Quali: „Behrami – ein typisches Innerschweizer Geschlecht“). Wie gehen rechtsnationalistisch gesinnte Schweizer mit der Vielzahl von fremden Namen und ungewohnten Hautfarben um? Zumal die Mannschaft noch keinen Match verloren hat (wie auch von mir prophezeit)?

Nach rechter Logik sind es doch genau dieselben Jugendlichen, die sich mit Schweizern herumschlagen, Rasen, Randalierten und Drogen verkauften …

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Sonntag, 25. Juni 2006

USA ohne Steuergesetz?

Wenn der Trailer für den etwas gar populistisch betitelten Film America: Freedom To Fascism recht hat, besitzen die USA kein Steuergesetz. Das würde implizieren, dass die Einwohner Steuern an den Staat entrichten, ohne dass dafür eine gesetzliche Grundlage bestünde.

Da es sich um bei den USA um einen föderalen Staat handelt, hoffe ich, dass der Filmproduzent aber nicht nur die nationale Gesetzgebung, sondern auch diejenige der einzelnen Staaten unter die Lupe genommen hat.

Privatisierung

Auf der offiziellen Web-Site des Dokumentar-Films findet man auch noch einen zweiten Trailer („Trailer1“), der neben der Steuerfrage noch mit anderen unangenehmen Erkenntnissen aufwartet: So sei die 1913 geschaffene Federal Reserve eine Privatbank und niemand kenne die Personen, die dieses Finanzinstitut besässen.

Ähnliche Kritik findet sich auch in Wikipedia:

Additional criticism is leveled at the fact that despite its name, the Federal Reserve is not a federal government agency. As pointed out by the U.S. 9th Circuit Court of Appeals in Lewis v. United States, „[e]xamining the organization and function of the Federal Reserve Banks, and applying the relevant factors, we conclude that the Reserve Banks are not federal instrumentalities for purposes of the FTCA, but are independent, privately owned and locally controlled corporations.“

Quelle: Federal Reserve System, 10 Criticisms of the Fed

Ein spannender Punkt! Dieses Produkt von neoliberalen Tendenzen überall auf der Welt zeigt die Macht-Verschiebungen auf, die heutzutage stattfinden: Staatsunternehmen werden privatisiert, der Besitz wechselt vom Staat (gleichzusetzen mit dem Volk) zu den Shareholdern, die überall auf der Welt sitzen können und mit der Grundgesamtheit „Volk“ nicht mehr viel gemeinsam haben (oftmals grosse Finanzinvestoren mit riesigen Vermögen). Ich sträube mich zutiefst gegen solche Vorhaben.

Und in der Schweiz?

Erleichtert durfte ich im Anschluss an diesen Trailer feststellen, dass in der Schweiz alles gründlichst kodifiziert ist. Beispielsweise die direkte Bundessteuer:

SR 642.11 Bundesgesetz vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer (DBG)

Wie es mit der SNB steht, kann Kollege Schmid wohl fachkundiger beantworten. Verstehe ich den entsprechenden Wikipedia-Artikel richtig, können auch Privatpersonen Aktien der SNB besitzen. Doch:

Das Aktienkapital beträgt 25 Millionen Franken und ist zu rund 55 % im Besitz der öffentlichen Hand (Kantone, Kantonalbanken etc.).

Quelle: Schweizerische Nationalbank

Via: America: Freedom to Fascism trailer

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