Dienstag, 24. Oktober 2006
Am 26. November stimmt das kantonalbernische Stimmvolk über einen finanziellen Zustupf ab an die Alpar AG, die das „interkontinentale Flug-Drehkreuz Bern-Belp“ (meine Worte) betreibt.
Das Abstimmungsbüchlein ist gut geraten, doch ich erlaube es mir, die Vorlage auf wenige Sätze zusammenzufassen:
Um was geht’s?
Die Alpar AG muss die Piste des Flughafens Bern-Belp verlängern. Grund: „Die neuen Sicherheitsbestimmungen im europäischen Luftverkehr verlangen längere Pisten für Starts und Landungen“. Dies ist aus meiner Sicht nicht sonderlich umstritten – schliesslich liegt es im Interesse eines Jeden, den Luftverkehr so sicher zu machen und zu erhalten wie möglich.
Was aber stört: Die Alpar AG scheint nicht willens (oder fähig) zu sein, den Millionenbetrag (Total 8.2 Millionen) aus eigener Kasse zu bezahlen. Deshalb wird nach guter Manier Pappi Kanton für ein Batzeli angepumpt.
Vertauschte Fronten
Was geschieht nun in der Politik? Die liberalen Bürgerlichen, die dem Staat normalerweise eine aufgeblähte Bürokratie, zu viele wirtschaftsfeindliche Gesetze und eine zu hohe Steuer- und Abgabepflicht vorwerfen, sind für einmal für den Beitrag. Wohl nicht zuletzt deswegen wurde der Titel der Vorlage harmlos klingend „Kantonsbeitrag an den Infrastrukturausbau“ getauft. Tönt doch wunderbar fortschrittlich, oder?
Die Linken sind wiederum dagegen – einerseits, weil der Luftverkehr skeptisch aufgefasst wird (Lärmbelästigung der Anwohner, Umweltverschmutzung), andererseits, weil wir in der Schweiz mit Genf, Basel und Zürich genug Flughäfen haben, die bequem per Zug erreichbar sind. Vorgeschoben wird aber – richtigerweise – die Kritik, dass der Kanton plötzlich einem privaten Unternehmen unter die Arme greifen soll. Manchmal braucht es die Linke schon nur, um den Bürgerlichen ihre Parteiprogramme vor die Nase zu halten.
Argumentation lässt schmunzeln
Ich habe über dieses Thema bereits vor einiger Zeit geschrieben und bereits dort die Argumentations-Kapriolen der Bürgerlichen aufgezeigt. Am 11. Oktober gab es neuen „Stoff“ im Bund:
Andererseits stellt sich die Frage, warum sich die Bürgerlichen derart für den Kantonsbeitrag stark machen. Hätten nicht Private und der von Bürgerlichen oft zitierte Markt das Vorhaben der „privaten und notabene nicht subventionierten“ Flughafenbetreibern, wie Amstutz selbst betonte, bezahlen können? […]
Der Kantonsbeitrag sei ja nicht so gross, hielten alle fest. Und […] es sei ein „Akt der Gerechtigkeit“, sich zu beteiligen.
Quelle: Der Bund, 11. Oktober 2006, „Ein Akt der Gerechtigkeit“, S. 23.
Gar etwas unglaubwürdig, dass die sonst so eifrigen Bürgerlichen Sparapostel 3 Millionen Schweizerfranken als „nicht so grossen“ Betrag darstellen. Diese Beurteilung müssen sich die Linken merken – auch uns fielen viele, viele Dinge ein, die man mit schlappen drei Milliönchen realisieren könnte. Nebenbei verrät die auf soft-facts basierende Argumentation, dass es aus wirtschaftspolitscher Sicht wohl keine brauchbaren Gründe für den Zustupf gibt, die in der Zeitung veröffentlichungswürdig wären.
Sowieso: Stark rückläufige Passagierzahlen
Wer mit der Wichtigkeit des Flughafens für die hiesige Wirtschaft (bernische … äh …. Weltkonzerne, die fliegenden Besuch aus allen Herren Ländern erhalten? Wahrscheinlich gibt es die eben gerade nicht, weil wir keinen tollen Flughafen haben *tz* Oder noch besser: Die Rot-Grüne Regierung ist am Schlamassel schuld!) argumentiert, darf nicht verheimlichen, dass die Passagierzahlen stark rückläufig sind. Dem Abstimmungsbüchlein entnehme ich, dass im Jahre 240’174 Passagiere gezählt wurden, im Jahre 2005 nur noch deren 95’420. Das riecht bedrohlich nach Sunk Costs (BWL-Fachjargon) …