Sonntag, 29. November 2009, 14:35 Uhr

Minarette verboten!

Es ist vollbracht, hierzulande wird das Bauverbot für Minarette in der Verfassung verankert. Na dann schauen wir mal, ob sich die Schwarzmalerei und Angstmacherei des Bundesrates bewahrheitet:

Besonders die Regierung, aber auch die Wirtschaft hatten sich gegen die Vorlage ausgesprochen, weil sie bei einer Annahme Folgen für das Verhältnis zur arabischen Welt oder gar Terroranschläge fürchten. Folgen könnte auch der Handel mit arabischen Ländern haben.

Quelle: FTD.de | Schweizer Volksentscheid: Trend deutet auf Mehrheit für Minarett-Verbot

Nun, bezüglich Lybien haben wir ja schon alles vergeigt. Da bleiben nur noch ein paar Dutzend muslimische Nationen in dieser Welt, mit denen wir es auch noch verscherzen könnten …

Ich persönlich habe noch meine Zweifel, ob es wirklich zu Boykotten kommen wird. Und von Terroranschlägen habe ich erst recht nicht Angst: Einer Religionsgemeinschaft den Bau von Türmen zu verbieten ist doch ein anderes paar Schuhe als mit der Armee in eine fremdes Land einzumarschieren, wie es die Terroropfer USA, Grossbritannien, Spanien getan haben.

Ein schwacher Trost zudem: Spätestens beim ersten terroristischen Angriff in der Schweiz hätten die Terroristen jegliches Verständnis in der hiesigen muslimischen Wohnbevölkerung verspielt.

Wirtschaft

Hier hat das Schweizer Volk in einem grossen Zielkonflikt für einmal die emotionale statt die pragmatische Schiene gewählt:

Zuerst gilt es dem idealistisch gesinnten Zeitgenossen vor Augen zu rufen, was wir Schweizer seit 1848 — und wohl schon zuvor — waren und heute immer noch sind: Opportunistenwölfe in Neutralitätsschafspelzen! Soll heissen: Wenn man es verkaufen kann, produzieren wir es. So weit so gut, hat es uns doch in einigen Bereichen an die Weltmarktspitze gebracht.

Quelle: Mein Senf zum Waffenexport

Gerne rufe ich dem Schweizer aber in Erinnerung, dass wir noch so sehr Symptombekämpfung betreiben können — Minarette sind solche Symptome — aber wenn es uns wirklich Ernst wäre, hätten wir uns längst von Öllieferungen aus dem Nahen Osten unabhängig gemacht. Schliesslich fliessen unsere Benzingelder unter anderem auch in den Bau von Minaretten und in die Ausbildung von teilweise fundamentalistischen Priestern.

Doch da hört die eine emotionale Schiene auf (Xenophobie), und da beginnt die andere emotionale Schiene (Auto und Individualverkehr).

Demokratie

Ich als Linker habe natürlich gegen die Initiative gestimmt. Doch heute erleben wir nun einmal wieder Demokratie in ihrer Urform:

  • Die Mehrheit gewinnt
  • Demokratisch gefällte Entscheide sind auszuführen, egal, wie kontrovers sie sein mögen (solange sie nicht gegen geltendes Recht verstossen)

Vielleicht wäre es klüger gewesen, nicht mit dem Kopf durch die Wand zu wollen — bleibt zu hoffen, dass die hier lebende, mehrheitlich angepasste muslimische Bevölkerung diesen „Schuss vor den Bug“ irgendwie verdauen kann.

Sonstige Bemerkungen zum Schluss:

  • Wie viele Baurichtlinien sich wohl sonst noch in unserer Verfassung finden?
  • Wenn Köppel und seine Statistikschergen recht haben, können die Muslime in unserem Land im Jahr 2050 diese Bestimmung mit einer komfortablen Mehrheit wieder aus der Verfassung kippen.
  • Wer als gläubiger, auswanderungsfreudiger Muslim ein Minarett auf seiner Moschee braucht, dem wird empfohlen, in andere Länder auszuweichen — bspw. Grossbritannien.

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Labels: Politik, Schweiz

2 Kommentare Kommentare

Martin sagt:

Ich bin neugierig, wie sich die Nicht-Umsetzung der Minarett-Initiative gestalten wird – die Verwahrungs-Initiative lässt grüssen … :|

Ich teile Deine demokratische Haltung und finde sie höchst erfreulich. Zur Demokratie gehört nun einmal, dass das Volk entscheidet, egal, was man davon halten mag. Gerade bei Twitter lese ich diesbezüglich sehr viele enttäuschende Reaktionen, was aber auch an der Beschränkung auf 140 Zeichen liegen kann.

Das Minarett-Verbot löst die ganzen Islam-Probleme selbstverständlich nicht. Ich sehe darin deshalb primär ein Zeichen an die Politik, das Thema endlich aufzugreifen. Es ist zwar freundlich, das Thema der SVP zu überlassen, aber das kann nicht im Interesse der anderen Parteien liegen … nun lässt sich das Problem zumindest nicht länger negieren.

blogging remy sagt:

Ich finde, deine Haltung wiederspiegelt die Haltung vieler SPler in dieser Sache: als Linker ist man gegen das Minarettsverbot, weil man dagegen sein muss (und die Initiative von SVP-nahen Kreisen stammt), so richtig schlecht findet man dieses Verbot allerdings gar nicht. Dementsprechend emotions- und wirkunglos bleiben deine Argumente gegen(?) die Annahme dieser Initiative.

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