Donnerstag, 23. Juni 2005, 16:42 Uhr

Rochade im Gemeinderat

Zu Beginn der Woche platzte die Bombe, Bund und BZ berichteten am Mittwoch länger bzw. kürzer über die Neuigkeiten. Drei Gemeinderäte tauschen untereinander ihre Ressorts, weshalb ab 1. Juli neu folgende Konstellation gilt:

Finanzen Soziales Umwelt
Bächler, Richard (FDP) B N
Giger, Rolf (V, SP) N B
Witschi, Susanna (SP) N B

1. Akt: Wie alles begann

Die Gemeindewahlen in Neuenegg zu Beginn des Novembers 2004 führte zum Verlust eines Sitzes der FDP Neuenegg, die SP dagegen konnte ihren vor vier Jahren verlorenen Sitz zurückerobern. Das Kräfteverhältnis war wieder hergestellt: Neben 5 SVP-Gemeinderäten gab es nun wieder 3 SP- und 1 FDP-Vertreter im Rat. Auch in dieser Amtsperiode verfügt die SVP die absolute Mehrheit im Gemeinderat.

Obwohl – rein rechnerisch nach dem Parteienproporz – der Vizegemeinderatsposten von der FDP wieder an die SP hätte übergehen sollen, musste dieses Vorhaben zuerst beim Volk erkämpft werden – die Ratsmehrheit sprach sich für den FDP-Kandidaten aus. Rolf Giger (neu) trat am 28. November 2004 als Kandidat der SP Neuenegg gegen Richard Bächler (FDP) an und gewann die Wahl mit 508 zu 435 Stimmen.

2. Akt: Kaum da, schon wieder weg

Bächler übernahm das Ressort Finanzen und erklärte sich im Winter 2004/2005 auch bereit, sich als Präsidenten in den SDAL (Sozialdienst Amt Laupen) wählen zu lassen. Portiert wurde er von den Gemeindepräsidenten Schmid (SVP, Neuenegg) und Herren (SVP, Mühleberg). Da sich das Wahlkommittee aus den drei Gemeindepräsidenten der Kooperations-Gemeinden zusammensetzt, hatten die Bürgerlich gegen den dritten im Bunde, Zimmermann (SP, Laupen), ein leichtes Spiel. Nach erfolgreicher Wahl ersetzte Bächler somit die abgewählte Kovatsch (SP, Laupen). Die Freude über neuen, liberalen Wind im SDAL währte nur kurz, da Bächler am 4. April 2005 bereits wieder demissionierte, da er Probleme hatte, seine behördlichen Aufgaben in das knappe Zeitbudget einzupassen. Er selber betonte aber, dass auch das Betriebsklima zu seinem Entscheid beigetragen habe. Durch seine häufigen Absenzen und Terminkollisionen war es aber auch wirklich ein ungemein schwieriges Unterfangen, ein fruchtbares Klima innert nützlicher Frist herzustellen …

3. Akt: Die Karten werden neu gemischt

Neueneggs Bürgerliche fanden auf die Schnelle niemanden, der als Ersatz für Bächler im Präsidium hätte Einsitz nehmen können. Zumal der gesuchte Kandidat ja als korrigierender Gegenpol zu den linken Strömungen im Dienst gedacht gewesen wäre, blieben die Möglichkeiten anscheinend gering. Wie verzweifelt die Situation gewesen sein muss, zeigt die diese Woche vom Rat getroffene Entscheidung auf: Auf Anhieb präsentierte sich nur gerade die Gemeinderätin Witschi (SP) als mögliche Kandidatin für das Präsidium. Politisch Interessierte wissen aber, dass das Verhältnis der bürgerlichen Ratsmehrheit mit der linken Gemeinderätin – sanft ausgedrückt – seit jeher „gestört“ ist. Um das Dilemma zu lösen, entschied man sich deshalb für den Befreiungsschlag: Mit dem Ressortwechsel dreier Gemeinderäte kam neu der Vize Rolf Giger (SP) als möglicher Präsidentschafts-Kandidat in Betracht und wurde denn auch prompt bestätigt. Kleine Bemerkung am Rande: Giger hätte auch ohne Ressort-Wechsel zum Präsidenten SDAL auserkoren werden können – Susanna Witschi wäre aber als zweite Delegierte von Amtes wegen im Verband verblieben und hätte so der FDP den Einsitz gekostet. Die Doppelvertretung auf Kosten der kleinsten Partei hätte die Situation wohl nur weiter verschlimmert. Dass aber eben auch persönliche Argumente eine Rolle gespielt haben könnten, verdeutlicht nicht zuletzt die Aussage des Gemeindepräsidenten Schmid in der Berner Zeitung vom gestrigen Mittwoch.

Dennoch: Ein (bürgerlicher) Sitz ist zur Zeit immer noch unbesetzt. Sind wir also gespannt, wen die FDP aus ihren Reihen auftreiben wird. Lässt sich ein Freiwilliger finden? Die FDP hat ein Nachwuchs-Problem, das hier offen an den Tag treten könnte …

Fazit

  • In prekären Situationen scheinen auch linke Gemeinderäte eine valable Alternative zu sein. Nun darf eines unserer Mitglieder ein weiteres Mal beweisen, dass es gute Arbeit leistet und sich für den Auftrag eignet. Die Gefahr besteht aber weiterhin, dass die Bürgerlichen so ein weiteres Mal nicht Verantwortung für etwas übernehmen konnten/mussten, das ihnen seit jeher als Steuergeldvernichtung erscheint: Sozialhilfe.
  • Richard Bächler hat mit dem Ressort Umwelt das Prestige-Ressort übernommen. Nach der misslungenen Wahl als Vize, mit seiner häufigen geschäftlichen Abwesenheit und nun mit der „Versorgung“ auf dem Abstellgleis „Umwelt“ blickt er einer rosigen politischen Zukunft entgegen.

Labels: Neuenegg, Politik

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