Samstag, 27. August 2005, 17:55 Uhr

Natalee und Guantanamo

Einige Leute werden sich noch an meine Story über Natalee Holloway erinnern.

Gestern war ich aus reiner Neugier wieder einmal auf CNN.com – und siehe da, mein Timing war wieder einmal perfekt.

Leider ist der Fall immer noch nicht gelöst, die Ermittler stochern mehr oder weniger im Dunkeln. Von dem Mädchen existiert immer noch keine Spur, aber es ist wohl anzunehmen, dass sie wirklich nicht mehr lebt.

Gestern berichteten die Amerikanischen Medien von einer neuen Entwicklung und räumten der Neuigkeit wieder eine Top-Position auf ihren Seiten ein. Kritische Stimmen sehen in der ganzen Story zuerst einmal einen grossen Eingriff der USA in die Hoheit eines anderen Staates. Die lokalen Behörden sehen sich denn auch stark von der amerikanischen Öffentlichkeit unter Druck gesetzt und mit dem Vorwurf konfrontiert, unfähig zu sein. Per Zufall fand ich eine Seite, auf der die Amis mitfiebern und ihren Senf zur Story zum Besten geben. Sie werden ihrem Namen gerecht und entwickeln die abstrusesten Verschwörungstheorien, in der unter anderem auch folgende Aussage fällt:

… If the drug dealers/mafia are behind the disappearance, he is probably afraid for his, and family’s life, if he says anything. …

Nun gut, man sollte nicht alles gleich auf den ersten Anblick zerreissen. Aber wenn da nicht die puritanische, strenggläubige Kreuzritterin spricht? Dass an der Party auch getrunken wurde und die Amis evtl. zur Feier des Schulabschlusses auch zu anderen „Mitteln“ gegriffen haben, ist überhaupt nicht abwegig. Wer weiss, vielleicht war es wirklich ein dummer Unfall und das Mädchen starb aufgrund der Einnahme irgendeiner komischen, verbotenen Substanz. Der Junge van der Slot mag darauf derart in Panik gekommen sein, dass er mächtig viele Dummheiten angestellt hat. Aber eben, jetzt fange ich auch schon an, Mutmassungen anzustellen.

Was gab es also gestern Freitag neues zu berichten? Die Kalpoe-Brüder wurden wieder verhaftet. Nun sitzen sie also wieder zu Dritt, die drei jungen Schnösel im Alter von 18 bis 21 Jahren. Die farbigen Kalpoe-Brüder können nun also ihrem Kollegen, Joran van der Sloot, dem weissen Richterssohn, wieder Gesellschaft leisten.

Was mich aber sehr nachdenklich stimmt, hat primär nichts mit dem Fall selber zu tun. Van der Slot ist nämlich seit seiner Verhaftung nicht freigekommen und sitzt nun schon seit Anfang Juni, also seit bald 3 Monaten, in Haft, ohne dass ihm etwas zu Lasten gelegt werden kann. Das in Aruba praktizierte niederländische Recht ermöglicht es den Strafverfolgungsbehörden nämlich, Leute ohne Anklage festzuhalten. Solche Massnahmen werden auch hier in Europa aktuell, aber nicht angesichts verschwundener Teenager, sondern aufgrund der Terror-Gefahr, die viele Staatsschützer so gerne heraufbeschwören.

Mir machen solche Bestrebungen aber sehr grosse Mühe – denn wenn es hart auf hart kommt und der unwahrscheinliche Fall eintreffen sollte, dass ich auch einmal in die Mühlen der Justiz geraten sollte: Ohne Anklage möchte ich wieder auf freien Fuss gesetzt werden und nicht monatelang im Gefängnis schmoren. Solche hirnrissigen Ideen stellen eine akute Gefahr für den liberalen Rechtsstaat dar, auf den wir im jetzigen Zustand wirklich stolz sein können. Der Willkür ist momentan ein Riegel vorgeschoben – den Rückfall in vorsintflutliche Zeiten kann und will ich nicht verantworten.

Ansonsten schaffen wir langsam aber sicher Zustände wie in Guantanamo, wo seit dem Afghanistan-Krieg unzählige Personen ohne irgendwelche Rechte festgehalten werden. Nicht, dass ich grosse Sympathien für diese Personen empfinden würde – dennoch, die Menschenrechte gelten für alle Menschen, ansonsten sind sie dieses Titels nicht wert.

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