Archiv 2. Oktober 2005

Sonntag, 2. Oktober 2005

Ausgehen in Zürich – von Bernern für Berner


Stamp of Mascotte Club, Zurich
Originally uploaded by emeidi.

Gestern Samstag habe ich nach langer, langer Abwesenheit wieder einmal Zürich unsicher gemacht. Seit meiner „Aktivdienst“-Zeit im Zürcher Nachtleben von Juli 2000 bis Mai 2001 hat sich sehr, sehr viel verändert, wie ich zusammen mit Kollege Zgraggen auf der Sauf- und Prasstour in Downtown Switzerland erfahren durfte.

Im Westen viel Neues

Ich kann mich noch vage daran erinnern, dass etwa um die Zeit meines Weggangs von der Bytix AG gerade ein erster Schuppen im Kreis 5 im Westen Zürichs aufgemacht hatte – soweit mich mein Gedächtnis nicht täuscht, sogar im gleichen Gebäude wie mein ehemaliger Arbeitgeber an der Hardturmstrasse 169 (wie ich nebenbei gerade auf der Agentur-Site lese, hat man an die Stauffacherstrasse 45 gezügelt).

Wie es scheint war dies nur der Anfang: Heute pilgert die vergnügungssüchtige Grossstadtgesellschaft in Scharen in den Westen (Tram Nr. 4 Richtung Hardturm, anscheinend aber in Bälde auch noch eine neue Linie). Das Angebot an Clubs und Bars steigerte sich in den letzten Jahren explosionsartig.

Deshalb machte ich mich zusammen mit Remy am Abend des 1. Oktobers auf als „Trendscouts“ aus der verschlafenen bernischen Provinz und haben einige der Angebote begutachtet ausgetestet.

X-Tra

x-tra.ch

Da Hip Hop Beat
In Richtung Westen kommt man unweigerlich am Limmatplatz vorbei. Dort befindet sich auch das X-Tra, bei mir noch in sehr guter Erinnerung wegen des Montag-Abend-Events Cool Monday. Durch Schwaden von Marihuana-Wolken kämpften wir uns zum Eingang durch, wo der Türsteher gerade mit einer Horde jüngerer Gangstas und Pimps zu tun hatte. Nachdem diese von ihm losgelassen hatte, erhielt ich einige Sekunden Zeit, meine Frage zu stellen: „Was louft hinech?“ (immer in der Hoffnung, mit dem Berner Akzent Narrenfreiheit zu erhalten). Seine kurze Antwort enthielt alle Informationen, um den Entscheid über ein „go“ oder „no go“ zu erleichtern: „Hip Hop für Chlichind“. Weg waren wir.

An das X-Tra schliesst auch eine Bar an, die unabhängig zur Party des Abends zu betreten ist. Wir genehmigten uns das erste Bier des Abends und erhielten wieder freundlich Auskunft: Unsere Frage an die Barmaid, wo denn etwas empfehlenswertes abgehe, wurde mit dem 20 Minuten Weekend beantwortet. Bei der Durchsicht entdeckten wir u.a. das BBQ, das Kollege Z von einer ortskundigen Kollegin empfohlen worden war. Wir setzten unseren Trek in den Westen weiter – mit dem Tram Nr. 4 bis zur Station Fischerweg (Billetautomaten in Zürich sind sehr kompliziert zu bedienen!).

Gezielt Saufen ™

Was uns im Tram auffiel: In Zürich praktiziert man das „gezielt Saufen“ ™ auch. Der Unterschied zu unserem „vorglühen“ ist aber, dass es sich hierbei nicht zuletzt auch um (junge!) Frauen handeln, die sich so richtig einen „laden“. Neben uns genehmigten sich zwei hübsche Teenager ein Fläschchen Roten (in der Grösse, wie man sie im Flugzeug-Catering findet). Hinter uns nuckelte eine wiederum kaum der Pubertät Entwachsene an einer PET-Flasche, die mit einer roten Flüssigkeit gefüllt war (Roter Vodka & Red Bull?).

BBQ

club-q.ch/bbq/

Im Parkhaus, wo ich montags gelegentlich meinen Peugeot parkiert hatte, brannte es. Ein kontrolliertes Feuer einer Fackel glücklicherweise. Und daneben standen unzählige nach Party geifernder Jünglinge an – vor einer Türe, die eher in den Maschinenraum des Parkhaus-Liftes zu führen schien als zu einem Club. Das Anstehen in dieser hochexplosiven Menge unterliessen wir vorerst, um zuerst noch einen Blick auf die Molkerei zu werfen.

Tonimolkerei

tonimolkerei.com

Que Passa Noite
Der Strom der Trambenützer ergoss sich von der Haltestelle Fischerweg unterhalb des Eisenbahnviadukts Richtung Molkerei – da musste wirklich ein Bombenevent steigen. Leider handelte es sich bei den meisten Fussgängern um Mitglieder der von mir heissgeliebten Fraktion der Pimps, Gangstas und Bitches. Die riesige Schlange vor dem Eingang und der Regen bewogen uns dazu, eine andere Location zu suchen.

SILBER

silberbar.ch

An der Hardturmstrasse 169, wo ich während 11 Monaten zur Arbeit ging, gibt es nun auch eine Bar. Sie ist zwar relativ klein, bot aber sehr guten Sound (House) sowie günstige Preise (5 SFr. für eine Stange Bier). Das Lokal war gut besucht und es herrschte eine gute Stimmung. Diese Gründe bewogen uns dazu, auch noch ein zweites Mal Gerstensaft zu schnappen – man musste ja befürchten, dass in anderen Schuppen deutlich gesalzenere Preise vorzufinden sind.

Aus dem SILBER heraus ging es einige Meter Richtung Hardturmstadion und dann gleich wieder links um die Ecke.

Unbekannter Club

Eine sehr lange Schlange auch hier. Aber im Gegensatz zu derjenigen vor der Molkerei standen hier nur männliche Zeitgenossen an – und alle sahen sie sehr gangster-mässig aus. Nichts für uns!

Code Club

codeclub.ch

Rapflash Deluxe
Wenige Meter hinter dem Eingang des „unbekannten Sold…, eh, Clubs“ steht der Code Club. Von Remys Cousine empfohlen, der wir zufälligerweise bei der Molkerei über den Weg gelaufen waren (auch sie: Flasche Weisswein in der Hand), suchte ich auch hier zuerst das Gespräch mit dem Türsteher. Auf die Feststellung, dass im X-Tra auch Hip Hop laufe, aber eher für Kleinkinder, antwortete der Wachhabende „Hip Hop läuft hier“. Etwas unsicher entschieden wir uns gegen den Eintritt – schliesslich standen hier gar keine Leute an. Und Hip-Hop stand eher nicht auf unserer Wunschliste.

Ein letzter Blick auf die Molkerei, vor der die Schlange kaum merklich abgenommen hatte, bewog uns, den Westen zu verlassen und unser Glück im Mascotte zu versuchen. Dazwischen lagen nur etwa 5km. Die Hälfte davon legten wir zu Fuss im Regen (und mit Schirm) zurück, die andere Hälfte (ab dem Hauptbahnhof) in einem mit Lederinterieur ausgestatteten Mercedes.

Mascotte

mascotte.ch

The Message
Erster Schock bereits bevor wir überhaupt den Club betreten konnten: Eintritt ausschliesslich ab 25 Jahren. Für mich seit dem 25. September kein Problem mehr, doch Kollege Z blickte seinem Freudentag erst noch entgegen. Ob’s am Berndeutsch oder unserem Auftreten lag – irgendwie schafften wir es gegen die Gebühr von 20 SFr. doch noch in den Tanztempel („aber nicht weitersagen“ – jaja!). Dort lief – oh nein – Hip Hop! Das Bier kostete sagenhafte 7.50 SFr., das Lokal war dennoch gut gefüllt (unser Geldsäckel im Laufe des Morgens aber immer weniger). Trotz allem hat die Party Spass gemacht und fand ihren krönenden Abschluss beim Schwingen des Tanzbeins inmitten des reiferen Publikums – gegen Ende war der Sound nämlich recht erträglich, als der DJ alte Klassiker aus den 80er/90ern auflegte.

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