Dienstag, 7. Februar 2006
Bereits mehrere Male habe ich hier in meinem Blog gefordert, das Festnetz der Swisscom, aber auch die GSM-Antennen, vom Unternehmen zu trennen, bevor es privatisiert wird. Das hochstehende Telekommunikationsnetzwerk würde einem Staatsunternehmen übertragen, das sich für den Unterhalt, Ausbau und technologische Aufrüstung verantwortlich zeigen würde. Das Netz stünde jedem Telco-Anbieter offen – gegen einen gewissen Betrag natürlich, der ausschliesslich für die oben genannten drei Zwecke eingesetzt werden dürfte. Ziel wäre es nicht, Gewinne zu erwirtschaften. Denn der grösste Gewinn in der Hinsicht wäre ein für ewig dem Volk gehörendes High-Tech-Netzwerk, ausfallsicher, auf dem neuesten Stand und – nicht zuletzt – uns, jedem einzelnen Bürger, wohlgesonnen.
Ich wäre gespannt, was bei einer Aufspaltung von der eigentlichen Swisscom noch übrig bleiben würde. Viele überbezahlte Marketing-Fuzzis sowie eine Ladung McKinsey-Berater. Der wahre Wert der Swisscom liegt nämlich nicht in der himmelblauen Corporate Identity, noch in diesem olle Werbejingle. Die blöde Prime-Time-Werbe-Familie auf SF? Näää. Auch sind es garantiert nicht die Rechnungen, die uns monatlich erreichen. Insbesondere diejenigen für Mobil-Abonnemente nicht, die ich übrigens in einem Temporäreinsatz unter Leitung eines Beraters (McKinsey denke ich jetzt einfach mal) „aufbereiten“ durfte. Da wurde aber nicht wie beim grossen Vorbild Orange Klarheit hinein gebracht, sondern hie und da ein „Registered“ entfernt. Nichts, was die Übersichtlichkeit verbessert hätte. An solchen Dingen ist kein potentieller Käufer interessiert.
Was also macht den Wert der Swisscom aus? Es ist die Infrastruktur, insbesondere die letzte Meile. Dies sollte uns Bürgern die Alarmglocken schrillen lassen. Privatisiert man die Swisscom mitsamt diesem Asset (boah, ich geh schon als halber BWLer durch, nicht?), geht es keine sechs Monate bis die Swisscom von einem ausländischen Anbieter ausgeschlachtet wird. Nur dieser Teil der Swisscom ist von Wert. (Gegenteilige Meinungen, mit Argumenten bitte, via Kommentarfunktion).
Dies gilt es mit dem von mir (und auch der CVP) propagierten Staatsunternehmen Telekommunikationsinfrastruktur zu verhindern. So bliebe diese für unser Land lebenswichtige Infrastruktur in den Händen des Volkes, wie auch Autobahnen und Eisenbahnlinien. Was die Eisenbahnen im langen 19. und die Autobahnen im kurzen 20. Jahrhundert für den blühenden (naja, abgesehen von den paar toten Bäumen und mit Wasser gefüllten Alpentälern) Bundesstaat waren, ist im 21. Jahrhundert das Telekommunikationsnetzwerk.
USA
Wie es herauskommt, wenn man in einem neoliberalen Anfall alles privatisiert, was einem vor die Flinte kommt, zeigt ein Beispiel aus den USA. Dort soll einer Stadt gerichtlich verboten werden (!), alle Haushalte mit Glasfaseranschlüssen zu versorgen. Der Kläger: Ein privatisiertes Telco-Unternehmen, das seine Felle davon schwimmen sieht.
That’s why efforts like the one in Lafayette are threatening. If too many communities peel off and build their own high-speed networks, there could be fewer customers for the Bells. […] Sam Jones, Blanco’s local government liaison, says the state’s goal is to keep broadband affordable. […] „There won’t be any cross-subsidies“ because the city plans to use revenue from its new broadband services to finance the entire cost of the project.
Quelle: Bells dig in to dominate high-speed Internet realm
Ganz komisch dann aber das hier:
The single largest thing the LUS plan will do to bridge the divide is to lower rates by 20%. In our community, this means that people who previously could afford cable and phone only will be able to get cable, phone and Internet for that same price.
Quelle: Victory for Lafayette’s Fiber to the Home initiative!
Komisch. Will man uns nicht immer weis machen, dass privatwirtschaftlicher Wettbewerb die Preise senkt? Es ist doch gar etwas peinlich, wenn es gerade eine Gemeinde selber ist, die die Preise ins Rutschen bringt?
Angesichts der zu erwartenden Abstimmung zur Privatisierung der Swisscom sei deshalb gewarnt: Wollen wir, dass das Telekommunikationsnetz innerhalb unseres Landes, auf unserem Boden, uns selbst gehört? Dass jeder Franken, den das staatliche Infrastrukturunternehmen einnimmt, direkt uns, dem Volk, zu Gute kommt, in den Unterhalt und technologischen Ausbau investiert wird und nicht auf das Privatkonto irgendwelcher Shareholder in Asien, Afrika oder den USA überwiesen wird? Oder wollen wir doch etwa ein „richtiges“ Privatunternehmen, das zwar Prof. Jägers Herz höher schlagen lässt, aber primär, sekundär und tertiär einfach nur einen satten Gewinn machen möchte?
Mir konnte noch niemand erklären, wieso es der Telekommunikation nicht ähnlich gehen sollte wie den unter Thatcher/Major privatisierten Verkehrsbetrieben in Grossbritannien. Mir kommt hier nur Unpünktlichkeit, hohe Preise, miserabler Unterhalt der Strecken sowie Jobabbau in den Sinn.
Wird uns also dereinst von der privatisierten Swisscom auch das Recht weggeklagt, selbst eine Infrastruktur aufzustellen? Selber schuld, wir hätten es 2007 in den Händen gehabt.