Archiv ‘Schweiz’

Montag, 22. Oktober 2007

Die ersten Nationalrätinnen

Heute ist ein historischer Tag: Der erste dunkelhäutige Schweizer zieht in den Nationalrat ein! Gratulation auch von meiner Seite an Ricardo Lumengo. Netter Nebeneffekt: So bleibt garantiert, dass dem FPS-Blog der Stoff zum Kernthema nicht ausgeht …

Da sich Smythe zudem über die Verdoppelung der Frauenquote bei der SVP freut (welche dieser Damen für ihn wählbar ist, erfahren wir leider nicht – wohl keine …), nahm mich Wunder, wer denn 1971 die erste weibliche Nationalrätin war (man erinnere sich: dem „schwachen“ Geschlecht war bis zu besagtem Jahr nicht möglich, an Abstimmungen und Wahlen teilzunehmen).

Mit Erstaunen musste ich feststellen, dass im November 1971 nicht nur eine, sondern gleich ein knappes Dutzend Frauen in den Nationalrat einzogen:

  • Lang-Gehri Hedi – SP
  • Nanchen Gabrielle – SP
  • Uchtenhagen Lilian – SP
  • Meier Josi J. – CVP
  • Blunschy-Steiner Elisabeth – CVP
  • Thalmann Hanny – CVP
  • Frey Tilo – FDP
  • Girardin Lise – FDP
  • Ribi Martha – FDP
  • Spreng Liselotte – FDP
  • Wicky Nelly – PdAS

Quelle: Ratsmitglieder seit 1848 – Kompletter Datensatz

Fazit: 3 SP, 3 CVP, 4 FDP, 1 PdAS

Schon damals also glänzte die SVP nicht mit progressivem Verhalten … Wahrscheinlich empfand man weibliche Kandidatinnen als Modeerscheinung der auslaufenden 68er, die bald wieder verschwinden sollte. Sowieso: Frauen gehören an den Herd, und nicht ins Parlament. Dieser Spruch hat auch 2007 nicht an Gültigkeit verloren, auch wenn sich in der nächsten Session sechs SVPlerinnen dem Diktum ihrer Patriarchen widersetzen.

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Samstag, 20. Oktober 2007

Eine kleine Parteiengeschichte der Schweiz

Kurt Imhof, der immer und überall etwas zu Besten gibt, durfte diese Woche für die Weltwoche Das Magazin schreiben. Seine These: Die Bürgerlichen Parteien sind – oh schreck – gar nicht mehr bürgerlichen Werten verpflichtet.

SVP

Mit dieser Partei ist es am Schlimmsten:

Dass die SVP das Etikett «bürgerlich» bis heute behalten konnte, negiert die Metamorphose, die die Führung dieser Partei realisiert hat. Die allermeisten rechtspopulistischen und radikalen Parteien Europas, die solche Positionen vertreten, sind neue Akteure, und niemand gesteht diesen Kräften dieses ehrwürdige Etikett der Aufklärung zu. Und natürlich finden wir Plakatierungen von der Qualität der drei und einem Schäfchen auch in anderen europäischen Ländern. Nur: Dort fristen sie das Dasein von Affichen, die in der Nacht an Mauern geklebt werden, und erscheinen nicht flächendeckend an den teuersten Standorten im öffentlichen Raum.

Quelle: WER IST BÜRGERLICH

Und jetzt folgt schweres Geschütz (recht hat er – soll mir mal eine Person bürgerlicher Gesinnung erklären, was am untengenannten bitteschön bürgerlich sei):

Jedoch: Eine Ausschaffungsinitiative, die die Sippenhaft fünfzig Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg wieder einführen will, der Kampf gegen eine imaginierte «Classe politique» in unserer Demokratie, der Kampf gegen das humanitäre Völkerrecht und zentrale Institutionen unseres Rechtsstaats, der Kampf gegen schwarze Schafe und der Personenkult – das alles kann schlicht unter keinem Titel mehr als «bürgerlich» bezeichnet werden.

FDP

Deutlich spannender ist für mich als Student der Geschichte hingegen folgende Aussage:

Das Metronom des «Bürgerlichen» in der Schweiz, die Freisinnig-demokratische Partei, begann nach der Wirtschaftskrise von 1974 über den Zürcher Flügel das zu verspielen, dem sie alles verdankte: ihren Einsatz für den Ausbau und die Perfektionierung eines Staatswesens, das der schweizerische Freisinn seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts erstrebte und ab 1848 beständig fortführte. «Weniger Staat, mehr Freiheit» dementierte Ende der 1970er-Jahre den Kern des bürgerlichen Selbstverständnisses. Wer gegen den schweizerischen Staat war, der war im 19. Jahrhundert ein Ultramontaner, ab Beginn des 20. Jahrhunderts ein Sozialist, ab dem Generalstreik ein Kommunist, in den 1940ern ein Frontenbündler oder ein Vaterlandsverräter, in den 1950ern ein PdA-Mitglied und in den 1960ern ein 68er oder ein PdA-Mitglied.

An seinen Bundesstaat liess der Freisinn nie etwas kommen, bis er es selbst tat. […]

Doppelt blöd für diese Softie-Partei – wollen bürgerlich sein, sind es nach Imhofs Lehrbuch aber längst nicht mehr; wollen liberal sein, obwohl viele Parteiangehörige im Ernstfall auf den freien Markt pfeifen (in meinem Blog unter den Titeln „Wir unechten Liberalen“ angeprangert). Kein Wunder, dass die Partei unentwegt verwirrt durch den Polit-Dschungel stolpert – wer sich selbst verleugnet kann auch nicht gewinnen!

CVP

Diese Partei wiederum hat massiv Dreck am Stecken. Erstaunlich ist die Wandlung, die die einst so konservative Partei auf dem Weg zur Bürgerpartei durchgemacht hat:

Die Katholisch-Konservativen glaubten in den 1920er-Jahren, mit dem internationalen jüdischen Bolschewismus, der SPS und der Kommunistischen Partei der Schweiz (KPS) den Antichrist vor sich zu haben. Als Reaktion darauf verbündeten sie sich 1934 mit den Frontenbewegungen für eine Totalrevision der Bundesverfassung zwecks Errichtung eines zutiefst unbürgerlichen Ständestaates.

Nicht schlecht – wer würde heute der von Leuthards und Darbellays geleiteten Partei eine solch dunkle Vergangenheit zutrauen?

SP

Da die SP sich nie als „bürgerliche“ Partei verstanden hat (obwohl man – meiner bescheidenen Meinung nach – sagen kann, dass diese Partei den Geist der Aufklärung mit all den Beamten, Lehrern, Akademikern mehr denn je in ihren Reihen trägt), befasst sich Imhof nur am Rande mit ihr.

Immerhin weist auch er auf einige kritische Episoden hin wie beispielsweise den Klassenkampf-Paragraphen oder die Sympathie mit der kommunistischen Sowjetunion nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs.

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Donnerstag, 18. Oktober 2007

Albaner

Wahrscheinlich haben die Autoren den Artikel zuerst der Weltwoche angeboten – doch diese zeigte kein Interesse daran. Deshalb erschien das Stück im Magazin, „der einfach besseren Weltwoche“:

Ilir Daljipi, 30, ist angehender Anwalt in Zürich und hat während seines Praktikums am Bezirksgericht Zürich des Öftern den Spruch gehört, er sei der einzige Albaner auf dieser Seite des Gerichts. […]

Die meisten meiner Landsleute stecken ihr Geld in ein Haus, in die Hochzeit und ins Auto. Dementsprechend sieht Kosovo im Sommer jeweils aus wie der Genfer Autosalon, aber Investitionen in die Bildung sieht man eben nicht sofort. Dass ich, als 26-jährige Doktorandin, kein eigenes Auto habe und auch keine teuren Kleider trage, das ist für viele unbegreiflich. […]

Quelle: ICH BIN JUNG, ICH BIN ERFOLGREICH, ICH BIN ALBANER.

Richtig integrieren

[…] Hier wollte man mich erst in die Realschule schicken, weil ich, damals 16-jährig, kein Wort Deutsch sprach. Sie schickten mich schliesslich in die Sekundarschule, weil ich sehr gut in Mathematik war. Ich erhielt neun Stunden Stützunterricht pro Woche und büffelte fünfzig neue Wörter pro Tag.»

[…] Ich sprach kein Wort Deutsch, als ich hier in der dritten Klasse in Emmen eingeschult wurde, doch ich erhielt sofort sehr guten Stützunterricht in Deutsch.

Iiih, nein, unser Staat steckt Geld in Immigranten? Er fördert, obwohl dies zu einer fachgerechten Integration nicht nötig wäre? Schliesslich integriert man sich am Besten, wenn der Staat keinen Finger rührt.

Ich als Besitzer eines roten Parteibüchleins sage: Lieber ein paar Fränkli in die jugendlichen Immigranten investieren, als später Millionen in erwachsene Kriminelle und Sozialhilfebezüger.

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Dienstag, 16. Oktober 2007

Kurz- gegen langfristige Gewinne

They do this on the theory that disregarding short-term profits and pouring billions into long-term projects will pay off eventually. This was the philosophy that allowed Japan to create one of the two fastest railway lines in the world – the Shinkansen. Its only competitor in this field is France’s TGV. The United States, as everyone knows, has a miserable train system known as Amtrak, which hardly anyone uses and is always losing money.

This is the way that hegemonic decline builds on itself. The leading country concentrates on the short-term situation, and overinvests in unfruitful military expenditure. […]

Quelle: Japan, the United States, and the World-Economy

Eine Mahnung an alle Geister der Welt, die immerzu unmittelbar Gewinne ihrer Investitionen sehen möchten. Ich denke besonders an die neue Gotthardröhre, aber auch an Investitionen in die Nutzung erneuerbarer Energieträger …

Andererseits kann man den Irak-Krieg auch als grösstes „long term-project“ der USA sehen, welches längerfristig den Zugang zu billigem Öl sichern soll.

Nun, in 10 Jahren sind wir alle schlauer.

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Montag, 15. Oktober 2007

Nach der Party geht man wählen

Während schweizerische Party-Communities normalerweise eher für seichte Unterhaltung sorgen, hat Lautundspitz im Hinblick auf die kommenden National- und Ständeratswahlen vom nächsten Wochenende eine Aktion gestartet, um Jungwähler an die Urne zu locken:

Wir hoffen mit der Aktion beizutragen, dass mehr junge Bürger ihre Verantwortung wahrnehmen und wählen gehen, wo bei es uns nicht darum geht wen oder welche Partei sie wählen, sondern dass die Jugend überhaupt ihre Stimme abgibt!

Quelle: Jugend an die Urne!

Eine nette Idee! Schauen wir mal, ob die Party-Communities mehr „Schris“ haben als alle gutgemeinten Ratschläge von Eltern, Geschwistern, Lehrern oder propagandistischen Wahlplakaten.

Motto: Nach der durchzechten Nacht geht’s weiter zur After-Hour im Stimmlokal …

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Sonntag, 14. Oktober 2007

Ein einig Volk von Schmarotzern

Auch im fernen London weilend unterlasse ich die Lektüre der bessere Weltwoche nicht. Anstelle die Themen Wahlen, Krawalle, Linke, Rechte, Blocher, Jenni auf das Titelblatt zu heben, beleuchtet man lieber einen anderen, längerwährenden Aspekt des Alltags in der Schweiz:

Wir bewegen uns im legalen Bereich, und es macht doch keinen Sinn, dass meine Frau mehr arbeitet, nur um die horrenden Krankenkassenprämien zu bezahlen.

Quelle: WIR ABZOCKER

Das sagt nicht etwa ein Scheininvalider oder eingebürgerter Ausländer, sondern ein Mittelständler. Ist dagegen etwas einzuwenden? Überhaupt nicht, im Gegenteil: Unsere Nation sollte stolz sein, von Personen bevölkert zu sein, die – egal aus welcher Schicht sie stammen – den Grundsatz der Nutzenmaximierung verinnerlicht haben und täglich anwenden. Der homo oeconomicus helveticus in seiner vollen Pracht.

Jeder Verfechter der freien Marktwirtschaft und des Kapitalismus wird erleichtert in den Lesestuhl zurückfallen und leise zu sich sagen: Gottseidank sind wir mit einer solchen Bevölkerung der Zukunft gewappnet! Die Wirtschaftlichkeit steht und fällt mit jedem einzelnen Bürger – da kann passieren was wolle, als Nutzenmaximierer überstehen wir jeden wirtschaftlichen Wirbelsturm.

Übrigens: Trotzdem – oder gerade deswegen – bin ich der Meinung, dass die Steuererklärung auf einem Bierdeckeli Platz finden sollte. Schlupflöcher jeder Art bringen den Wohlhabenden nämlich in jedem Fall mehr als uns armen Schluckern da draussen …

Von den schwächsten Nutzenmaximierern

Dient die Oberschicht der Mittelschicht als negatives Vorbild, so funktioniert die Unterschicht als Sündenbock und Projektionsfläche für eigene Verfehlungen. Die so erfolgreiche rechtsnationale Wahlkampagne gegen den «Sozialmissbrauch» in der Unterschicht, wozu als Beispiele fast ausnahmslos Fälle von Migranten herangezogen wurden, hat in der Bevölkerung eine Empörung ausgelöst, die angesichts der eher geringfügigen Betrugssummen rational schwer zu erklären ist. Was ist passiert? Sozialhilfeempfänger nutzen Anreize aus, die ihnen das System bietet. Das ist unmoralisch – aber es gehorcht derselben Logik, nach der jeder Steuerberater seine Kunden berät.

Der Bürger der Schweiz aber ist «ethisch intrapersonal gespalten», wie Ulrich Thielemann sagt: «Er kauft mittags im grossen Stil Fairtrade-Produkte und versucht abends einen kleinen Versicherungsbetrug.»

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Donnerstag, 11. Oktober 2007

Ich wähle Peter Brand


Smartvote – Peter Brand
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Smartvote – Rudolf Kaeser
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Wieso? Na, weil er meinen Einstellungen zu sagenhaften 21.5% entspricht! Unsere Ansichten liegen also mehr oder weniger diametral gegenüber, wie die Smartvote-Grafik zeigt (blau: ich, grün: er).

Spass beiseite. Ein SPler steht dieses Jahr in meiner Auswertung auf Platz 1. Deckungsgrad: 81.0%. Wow. Ich trage das richtige Parteibüchlein auf mir.

In der Wahlempfehlung (schade, dass man nicht gleich online wählen kann oder zumindest einen Wahlzettel ausdrucken kann, den man kommentarlos in das Couvert schmeisst) habe ich folgende Vertreter:

  • 7 Leute von der Liste SP, JUSO und Gewerkschaften – Frauen
  • 6 Leute von der Liste SP, JUSO und Gewerkschaften – Männer
  • 6 Leute von der Liste Grüne Kanton Bern
  • 6 Leute von der Liste JGrüne und JA!
  • 1 Person von der Liste Grün-Alternative (Nein, nicht Daniele Jenni, sondern Regula Fischer)

Selbst zum Smartvote Versuchskaninchen werden …

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Donnerstag, 11. Oktober 2007

Mord mit der Armeewaffe


Ein Polizist bei einer Verhaftung erschossen
Originally uploaded by emeidi

Ein Polizist bei einer Verhaftung erschossen.

Stein (Aargau), 2. d. Der 35 jährige Polizist Zumsteg, Vater von drei unmündigen Kindern, wurde bei der Ausführung eines Hausausweisungsbefehls gegen den kürzlich von seiner Frau geschiedenen, dem Trunke ergebenen Kolonialwarenhändler Kaut von diesem mit einem Ordonnanzgewehr durch die geschlossene Türe hindurch erschossen, worauf sich der Mörder durch einen Schuss in den Kopf selbst tötete.

Quelle: Der Bund, 3. Juni 1916, S. ?.

Wer das Gefühl hat, dass sich die Morde mit Sturmgewehr und Pistole der Schweizerischen Armee erst in letzter Zeit gehäuft haben, irrt. Anscheinend war es auch schon 1916 gang und gäbe, damit Amok zu laufen.

Dass das Teil glatt durch eine Tür schiesst und noch mörderisch gut trifft (Blindschuss, sozusagen) – Gratulation an den Schützen! Unsere Schiessprügel und deren Besitzer waren halt schon immer Meister ihres Fachs.

Um was es sich für eine Waffe handelt, konnte ich nicht genau feststellen, tippe aber auf Langgewehr 11:

  • Stgw 90
  • Stgw 57
  • Karabiner 31
  • Karabiner 1811 (Diskussion hier)
  • Langgewehr 11

Quellen: Obligatorische Schiesspflicht sowie SwissRifles

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Dienstag, 9. Oktober 2007

Retter der Nation: Erst Blocher, nun die Pharmaindustrie

Zuerst signalisiert die SVP mit Wahlplakaten, dass Christoph vom Herrliberg ganz allein der Wirtschaftsaufschwung der letzten Jahre zu verdanken ist.

Jetzt doppelt die Pharmabranche nach:

Was der Pharmabranche schadet, ist langfristig schädlich für die ganze Schweiz.

Quelle: Teure Medikamente sind besser für das ganze Land

Falsch! Das Verbot von Paralleimporten schützt die kurzfristigen Interesse der Geschäftsleitung und der Aktieninhaber. Rückständigkeit und das unnötige Festhalten an alten Zöpfen schadet hingegen dem ganzen Land deutlich mehr. In der Interessenabwägung gewinnt das Volk und verlieren die Unternehmen. Nur der harte Wettbewerb mit Konkurrenzdruck führt zu gesunden, widerstandsfähigen Unternehmen, die sich keinen Wasserkopf leisten (dürfen) und sich nicht etwa versucht sehen, mit einer unverdienten Rente zurücklehnen.

Ginge es nach der Argumentation der Pharma-Multis, würde jeder von uns wie Amische auf einem Bauernhof leben.

Ab Aussagen wie …

Tatsächlich droht die Pharmalobby — respektive die Studie — ziemlich unverholen mit «Ausweichstrategien». In Forschung zur Entwicklung innovativer Produkte werde nur dort investiert, wo das regulatorische Umfeld hohe Renditen zulasse.

… würde ich als Politiker vor die Pillenbuden hinstehen und verlauten: „Wenn es euch nicht passt, könnt ihr ja gehen!“ Ich wäre wirklich gespannt, wie sich die Multis verhalten würden. Heute hat man einfach zu viel Angst vor Firmen gewisser Grösse.

Labels: Schweiz, Wirtschaft

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Dienstag, 9. Oktober 2007

Schweiz: Technologieschmiede für erneuerbare Energien?

Gerade ist die Arena-Sendung von heute Abend zu Ende gegangen, wo sich alle relevanten Parteien zum Thema Energie & Umwelt geäussert und gestritten haben.

Die Bürgerlichen sträubten sich wie gewohnt gegen den staatlichen Eingriff in den ach so gut funktionierenden Energie-Markt, äusserten Bedenken über die „Wirtschaftlichkeit“ von Massnahmen, zeigten für einmal wieder Erbarmen mit den ärmsten aller Autofahrer, die sich bald kein Benzin mehr leisten können …

… und der SVP-Heini schoss in meinen Augen schlussendlich den Vogel ab, als er auf die Autarkie-Schiene aufsprang und betonte, dass man ja wohl kaum von Oligarchen und Potentaten abhängig sein wolle. Recht hat er – endlich verfolgt die SVP einmal eine konsequente isolationistische Politik!

Erdöl aus dem Mittelland

Nicht ganz klar wurde mir aber, wieso die SVP – in Diskrepanz zu ihrer Umwelt-Gallionsfigur This Jenny – gleichzeitig voll auf den Strassenverkehr setzt:

Für die SVP ist die Verlagerung des Schwerverkehrs auf die Schiene gescheitert. In einem Positionspapier zur Verkehrspolitik fordert die Partei mehr Investitionen für den Strassenverkehr. Die Strasse sei viel günstiger als die Bahn.

Quelle: SVP setzt voll auf die Strasse

Hmmm – seit wann sprudelt denn das Erdöl innerhalb unserer Grenzmauern? Sitzt der Christoph am Herrliberg etwa auf einer grenzenlos sprudelnden Erdölquelle? Ich jedenfalls weiss nichts davon.

Unsere Gesellschaft funktioniert nur dank Erdöl, und nur dank billigem Erdöl. Und das leider Gottes stammt nun einmal aus dem nahen und fernen Ausland. Es besteht zu bezweifeln, dass der Spottpreis die nächsten Jahre überdauern wird. Gerne lasse ich mir dann von SVP-Exponenten erklären, wie das mit dem Individualverkehr munter fröhlich weitergehen soll …

Uran aus der Jungfrau

Ebenso erstaunt war ich, dass anscheinend auch Uran, der Brennstoff unserer bestehenden (und geplanten) Atomkraftwerke, plötzlich in unserem Land „wächst“.

Doppelt profitieren mit Investitionen in Technologie

Genau so, wie Technologie uns vor den Auswirkungen des „vielleicht irgendwann einmal kaum spürbar“ eintretenden Klimawandels schützen wird (O-Ton der Bürgerlichen in dieser Sache), sollte uns Technologie doch auch aus dem Energieschlamassel retten.

Die Schweiz verpasst es aber durch eine Verhinderungspolitik (der Bürgerlichen, nicht des VCS notabene!), Tatsachen zu schaffen, neue Wirtschaftszweige anzusiedeln und uns von der Not anderer prosperieren zu lassen (dabei hat das doch im Bankwesen während des Zweiten Weltkrieges vorzüglich funktioniert!).

Klar können wir im Ausland CO2-Zertifikate kaufen und uns hierzulande auf die faule Haut legen. Doch wie unlängst kritisiert wurde, verpassen wir so, unsere eigene Infrastruktur auf Vordermann zu bringen und Effizienzsteigerungen durchzusetzen. Wieso soll unser hart verdientes Geld ins Ausland fliessen, wenn es innerhalb des eigenen Landes deutlich besser angelegt und investiert werden könnte?

Hinzu kommt, dass wir nicht nur unseren Energieverbrauch für wenige Geld senken, sondern durch unsere Bestrebungen auch Weltmarktführer im Technologie-Bereich werden könnten. Indem wir in Forschung und Industrie investieren, könnten wir alsbald von den Früchten profitieren, wenn wir allen Herren Länder unsere Wundertechnik für bare Münze verkaufen würden. Die Anfangsinvestitionen würden so um ein Vielfaches übertroffen – Kapitalismus pur!

Dass dies kein linkes Hirngespinst ist, zeigt das Buch Knowledge and the Wealth of Nations von David Warsh:

“New growth” as the theory came to be called, shows how the new ideas that are integral to economic growth fit into the economic system. Placing ideas at the center of this system helps to explain the dominance of first-mover firms like Microsoft or Google, underscores the value of intellectual property, and provides essential advice to those concerned with the expansion of the economy.

Quelle: About the Book

Mr. Warsh does, though, quote the great British economist Alfred Marshall, who observed as early as 1890 that „knowledge is our most powerful engine of production; it enables us to subdue nature and force her to satisfy our wants.“ More than a century later, knowledge is still the true wealth of nations.

Quelle: More Comes From Knowing More

Now that invention, discovery, and the sharing and hoarding of knowledge are explicit in the models, economists‘ recommendations to policy makers more often point in the direction of investment in education and new technology.

Quelle: David Warsh: Knowledge and the Wealth of Nations

Tönt vielversprechend – packen wir es an!

(Der Skeptiker in mir sieht aber sowieso alles verloren – all die Massnahmen sind angesichts der Klima-Veränderung und Peak Oil ein Tropfen auf den heissen Stein)

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