Montag, 5. Juni 2006, 18:14 Uhr

1 Ospel != 1 Federer?

In der Diskussion über die überhöhten Gehälter der Abzocker-Manager unserer Grossbanken wird von den Befürwortern der Millionen-Löhne oftmals das Argument vorgebracht, dass gewisse Sportler deutlich mehr verdienten, über diese Löhne aber erstaunlicherweise kein Aufhebens gemacht wird.

Und doch gibt es einen gehörigen Unterschied, was von den Salär-Fans anscheinend nicht wahrgenommen wird: Wenn ich mich von der Leistung eines Federers, Ronaldinho oder Schuhmachers überzeugen möchte, schalte ich den Fernseher ein. Oftmals live kann ich mich instantmässig vergewissern, dass die Jungs mal weniger, mal mehr ihr Geld wert sind. Bei Herrn Ospel ist dies leider nicht wirklich möglich.

Daneben gibt es unter den Sportlern viele spannende Erfolgsgeschichten wie z.B. dasjenige des brasilianischen Ronaldinhos, Sohn einer Krankenschwester und eines Hafenarbeiters, der mit 13 Jahren seine Fussball-Karriere begann und es in der Folgezeit zu Ruhm (und einem grossen Vermögen) geschafft hat. Eine gewisse Sympathie mit den einstigen Tellerwäschern und jetzigen Multimillionären lässt sich wohl bei niemanden von uns Normalverdienern abstreiten.

Dennoch: Gerade an diesen Erfolgsgeschichten kann es nicht liegen, denn auch Buh-Mann Ospel hat eine ähnliche Story vorzuweisen:

Marcel Ospel ist doch kein Schreckgespenst, sondern einer, der aus bescheidenen Verhältnissen in Kleinbasel stammt und es vom gewöhnlichen Banklehrling bis nach ganz oben geschafft hat.

Quelle: Erst die Arbeit, dann das Vermögen

Wieso also gönnen wir der aus der tschechischen Pampa stammenden Martina Hingis ihre Millionen, während wir sie Ospel, Vasella und Co. absprechen?

Die Sachlage ist relativ eindeutig. Zur Argumentation ziehe ich die wöchentliche Kolumne Cringeleys hinzu (auch wenn die Diskussion über Manager-Löhne in den USA zugegebenermassen wohl kaum derart hoche Wogen wirft wie derzeit die Schweiz):

The only significant difference between a baseball team and the typical IT business is that baseball has statistics, which make measuring success a lot simpler. Whether a corporate executive is effective or not is usually open to wide interpretation, whether you won the World Series is not.

Quelle: America’s Pastime: Google Responds to Last Week’s Column, but Fails to Appreciate the Difference Between Home Run Hitters and Hot Dog Vendors

(Übrigens sehen wir im Hauptteil dieses Artikels auch, wie die Idee des „anwaltschaftlichen Journalismus'“ auch in die Blogosphäre überschwappt und die erhoffte Wirkung zeigt, sozusagen also die Geburt eines schlagkräftigen Online-Beobachters ).

Die Herren Manager haben es (noch) nicht fertig gebracht, uns kleinen Leuten auf einfache Art und Weise aufzuzeigen, wieso ihr Lohn gerechtfertigt ist. Das ist ihr Glaubwürdigkeitsproblem, und ich bin gespannt, wie sie dieses lösen werden (auch wenn man sich mit den Millionenbeträgen ein ruhiges Leben arrangieren kann – hätten es die als Abzocker verschrienen Manager nicht doch lieber, würde ihnen auch der Normalverdiener denselben Respekt zollen wie die wirtschaftsfreundliche Oberschicht? Deshalb denke ich, dass diese Herren in nächster Zeit versuchen werden, die Diskussion ein für allemal für sich zu gewinnen, indem sie eine felsenfeste Argumentation die Runde machen lassen).

Natürlich kann man behaupten, dass der Aktienkurs ähnlich dem Rang eines Sportlers in einem Wettkampf gewertet werden kann. Je höher der Wert des Unternehmens, desto höher die Leistung des CEOs/Verwaltungsratspräsidenten, so die zu kurze Schlussfolgerung. Der Aktienkurs sagt doch deutlich mehr über ein gesamthaftes Unternehmen als über den leitenden Manager aus. Wer weiss, das ungute Gefühl ist immer da, dass es der UBS nicht wegen, sondern trotz Ospel gut gehen könnte. Dass nicht der Verwaltungsratspräsident die Meriten verdient, sondern das mittlere Kader. Oder die Investment-Profis, die dem Vernehmen nach noch deutlich mehr als Ospel verdienen sollen. Oder gar die Putzfrau, die Ospels Büro allabendlich sauber macht? Wer weiss, vielleicht flüstert gerade diese aus unserer Sicht unbedeutende Dame ihm allabendlich ein, was er am nächsten Tag tun und lassen soll. Kurz: Das Unternehmen Bank oder Pharma ist derart eine grosse Black-Box, dass es selbst gestandenen Profis schwer fallen wird, die wahre Ursache des Erfolgs an einer Person festzumachen und dadurch ihren Lohn zu rechtfertigen.

Und, vergessen wir nicht: Verdient der Roger in Wimbledon auf dem Rasen seine Milliönchen, wird kein Angestellter seines „Unternehmens“ entlassen. Darauf zielt Zgraggen Schagg (nicht zu verwechseln mit Blogging Remy) ab, nimmt hierbei aber Bezug auf die CS und nicht Ospels UBS:

Ich dachte immer: Grossbank-Aktionäre sind Menschen, die ohne eine Sekunde Arbeit Geld verdienen wollen. Die Geld verdienen, wenn die Bank ein paar Tausend Leute entlässt und dann die Aktienkurse steigen. […]

Ich dachte auch ganz einfach, Grossbank-Aktionäre finden es selbstverantwortlich, liberal und super, wenn ihre Bank ohne Moral Geschäfte macht, weil das eben so ist beim Geschäften. Und weil Geschäftsleute ohne Moral die besten Geschäftsleute sind.

Aber nein. Die Aktionäre entrüsteten sich gegen die Löhne der CS-Oberen, wie Oswald Grübel & Co. Sie forderten „etwas“ Genügsamkeit und „etwas“ Bescheidenheit.

Diese Aktionäre wählten nicht den leichten Weg: Sie wählten nicht die innere Kündigung als CS-Fan. Sie verkauften auch nicht ihre Aktien und schlichen von dannen. Nein, die Aktionäre taten extrem gefährliches: Sie protestierten. Einer sagte sogar an die Adresse von Grübel & Co.: „Werded Si normal!“

Das ist wirklich Wahnsinn: Aktionäre, die sich ihrer Doppelmoral – protestieren und kassieren – stellen. Öffentlich!

Quelle: Aktionäre killen CS

Weiterführende Links

18 Prozent mehr Lohn für Manager

Nicht in dieser Rangliste aufgeführt sind die operativen Chefs der UBS und der CS, Peter Wuffli und Oswald Grübel, weil gemäss geltendem Recht die Saläre der Geschäftsleitung nur pauschal publiziert werden müssen. Dies wird sich im nächsten Jahr ändern: Gemäss dem heutigen Bundesratsbeschluss müssen die Firmen ab nächsten Jahr auch den Lohn ihres bestbezahlten Managers offen legen.

Halten wir uns also in den Stärtlöchern, um auch bald kopfschüttelnd über die Saläre der CEOs die Köpfe zu schütteln. Aber eben, he, es kann nicht jeder gewinnen!

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