Freitag, 6. Juli 2007, 16:08 Uhr

Andere Erklärung für Berns Misere

Von 1885 bis 1914 gab es so etwas wie ein Berner Wirtschaftswunder. In dieser Zeit holte Bern die industrielle Revolution nach. […] Träger des Wirtschaftswunders waren Angehörige der freisinnigen Grossfamilie, die bis etwa 1920 im Kanton Bern die Mehrheit inne hatten. […] das neue Proporzwahlrecht verhalf der Bauern-, Gewerbe- und Bürgerpartei BGB, der späteren SVP, um 1920 zur Mehrheit in den Kantonsbehörden. Die BGB förderte die traditionalen Wirtschaftssektoren: die Landwirtschaft und das Kleingewerbe.

Quelle: BernerZeitung, 25. Oktober 2003, Berns Leiden am Kanton

Wie Pfister im Interview aber klarstellt, wäre es töricht, der BGB ohne eingehende Untersuchung den „schwarzen Peter“ in die Schuhe zu schieben.

Die erwähnte Machtverschiebung muss aber im Hinterkopf behalten werden, wenn man Bern- (und damit verbunden Rot-Grün-)Bashing betreibt und die Misere in pseudo-wissenschaftlicher Manier Staatsangestellten in die Schuhe schieben will. Könnte es nicht sein, dass der Grundstein für den wirtschaftsschwachen Kanton nicht in der unmittelbaren Vergangenheit liegt, sondern bereits in der Zwischenkriegszeit gelegt wurde?

Für mich jedenfalls ist die Hypothese äusserst verfänglich – der Entscheid, Agrarkanton zu bleiben, kann seine Wirkung in voller Breite auch erst Jahrzehnte später entfalten. Ich kann aber nicht ausschliessen, dass hier der Parteibüchli-Bias unterbewusst wirkt. Dafür gibt es ja die glücklicherweise die Kommentarfunktion.

Sind wir gespannt, ob sich die Geschichtswissenschaft dieser Frage in den nächsten Jahren annehmen wird.

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Labels: Bern, Politik, Schweiz, Wirtschaft

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