Montag, 17. Oktober 2005
Bereits im Juli habe ich hier einen Artikel des Registers erwähnt, auf den ich nun – aus gegebenem Anlass – wieder zurückkommen möchte:
Execs stumble over digital toys
Das Leben eines PC-Supporters wäre es nicht wert, wenn sich solche Fundamental-Erkenntnisse nicht immer wieder im realen Arbeitsleben bestätigen würden. Letzte Woche war es wieder einmal soweit.
Wie ich erfahren musste, hatte sich ein Bekannter für sein Qtek-Spielzeug alias Taschenagenda, Handy, was-weiss-ich-noch-alles, mal wieder ein Update gegönnt. Schliesslich ist auch er einer dieser unzähligen auf das Updaten-konditionierten Windows-Benutzer da draussen. Und da gehört das tägliche Update schon fast zum Leben dazu wie das Amen in der Kirche.
Leider, leider war er über ein zwieliechtiges Forum (Selbsthilfegruppe für Update-Süchtige?) auf eine neue Version von Microsofts ach so tollem Active Sync (diesmal: Version 4) gestolpert, die sich nachträglich als Developer Preview herausstellte.
Wie immer in solchen Fällen war das Update etwa 100 Mal schneller installiert, als der Ursprungszustand dann wieder hergestellt werden konnte. Auf jeden Fall war es eben wirklich nur eine Vorschau-Version für Entwickler und hatte auf Produktiv-Geräten (!) schlicht und ergreifend nichts zu suchen. Das realisierte man denn auch innert wenigen Minuten (alle Termine und Kontakte weg *autsch*) – und obwohl die Deinstallation von Active Sync 4 auf den ersten Blick innert Minuten über die Bühne gebracht werden konnte, kam der Karren danach ins Stocken: Version 3.8 liess sich partout nicht mehr installieren und verabschiedete sich während des Installationsvorgangs mit einer Fehlermeldung, da eine gewisse DLL-Datei nicht überschrieben werden konnte. Diese wurde nämlich beim Aufstarten in den Speicher geladen. Ein Lob auf Microsoftsche Uninstall-Routinen!
Anscheinend waren eine ganze Menge Windows Mobile User in dieselbe Falle getappt und sassen nun termin- und kontatktechnisch auf dem Trockenen. Tjach. Dies lässt jedenfalls eine Anleitung auf Smartphone-web.com vermuten:
Da sich in den letzten Tagen die Anfragen häuften, in denen sich Leser über Probleme mit ActiveSync 4.0 beklagt haben, und wissen wollten wie man wieder auf Version 3.8 zurück kommt, hier die Anleitung.
Quelle: Zurück von ActiveSync 4.0 auf 3.8
Dank der Nennung der schuldigen Datei (C:\%WINDIR%\system32\rapi.dll) war es für mich dann nicht schwierig, diese chirurgisch einwandfrei aus dem System zu entfernen. Es boten sich dazu zwei verschiedene Möglichkeiten an – die für unseren Berufsstand korrekte (also sozusagen mit Skalpell und Tupfer) oder die andere, etwas rabiatere (mit Motorsäge und einer Unmenge von Blut):
- Reboot im abgesicherten Modus
Denn so wird beim Start nur das nötigste geladen und solche systemkritischen Dateien können ohne weiteres entfernt werden. Wieso das Booten von Windows in diesem Modus etwa zwei- bis dreimal solange dauert wie im „Normalmodus“ weiss wohl nur Microsoft. Schaltet man evtl. zurück in den 8086er-Modus? *grins*
- Umbenennen der Datei
Das löschen einer geladenen DLL-Datei ist nicht möglich. Doch lustigerweise funktioniert das Umbenennen problemlos (weil das System die Dateien mit „Inode“-Nummer anspricht? Sachverständige, bitte nicht hauen!). Nach einem Neustart gibt es im glücklichen Fall nur ein kurzes Gemotze von Windows, dass diese und jene Datei nicht geladen konnte – im Worst Case läuft gar nichts mehr.
Da ich mich bei diesem Versuch für die Profi-Methode entschieden hatte, hinterliess die Aktion keine hässlichen Narben.
Active Sync 3.8 liess sich nun tatsächlich wieder installieren – welch eine Frohbotschaft. Auftrag erfüllt, Patient gerettet. Zügig verliess ich den Kunden und war der Meinung, dass nun alles wieder wie gewohnt funktionieren würde. Voller Freude, auch den noch so verzwicktesten Fall gelöst zu haben.
Doch weit gefehlt. Der Qtek-Benutzer biss sich an diesem Abend und am nächsten Tag die Zähne aus: Das Gerät verband sich nur noch im „Gäste-Modus“ mit dem PC, die Synchronisierung funktionierte also nicht mehr in beide Richtungen. Dieser Modus ist in der Tat gerechtfertigt, wie folgendes Beispiel zeigt:
At last June’s CE DevCon, Microsoft had two-dozen “Sync Stations” set up at various locations. A Sync Station consisted of a PC running CEServices/ActiveSync that allowed all of the conference attendees to download the latest conference information directly to their CE devices.
There was, however, one very striking difference between these Sync Stations and the PC you’re currently using to synchronize your CE device: the Sync Stations never prompted us to create a device-to-desktop partnership! In other words, every device that connected did so as a Guest without user intervention.
Quelle: Undocumented ActiveSync Keys
Obwohl an dieser Konferenz die Gäste-Technik für einmal exzellent eingesetzt worden war, konnte dies auf einem Arbeitsplatzrechner kaum gewünscht sein.
Trotz zweieinhalbstündiger Intervention mit Registry löschen, dem manuellen Entfernen von Active Sync-Dateien etc. gelang es ihm nicht, den Guest-Mode loszuwerden. Schlussendlich gab er entnervt auf und wies an, das System neu zu installieren. Und diese ruhmvolle Aufgabe fiel selbstverständlich mir zu.
Hartnäckig, wie ich nun Mal in solchen Problemfällen bin, versuchte ich mit allen Mittel, den drohenden Aufwand einer Neuinstallation zu vermeiden. Etwa um 16.15 tauchte ich im Büro auf und gab mir Zeit bis 17.00 Uhr – die letzte Möglichkeit, die S1 um 17.16 von der Insel aus noch knapp zu erwischen. Trotz pröbeln, googeln, erneutem pröbeln sah ich die Uhrzeit gegen mich gewandt. Doch etwa 5 vor 17 erinnerte ich mich an einen Foren-Beitrag, in dem nicht nur etwas von einer ‚rapi.dll‘ stand, sondern auch eine weitere DLL-Datei namens ‚ceutil.dll‘ Erwähnung fand.
Eine kurze Überprüfung der Version der DLL-Datei (Rechtsklick > Eigenschaften) ergab dann in der Tat die Versionsnummer 4.0.x. Da hatten wir also den Übeltäter. Auch diese Datei liess sich nicht einfach löschen, weshalb ich mich aufgrund des Zeitdruckes für die Motorsägen-Methode entschied: Umbenennen, Neustart, Fehlermeldungen wegklicken, Datei löschen, Active Sync 3.8 erneut installieren.
Und siehe da: Als der Qtek nach der erfolgreichen Installation in das Dock gesteckt wurde, öffnete sich brav der „Paarungs-Assistent“ … äääh, ich meine natürlich der „Partnership-Wizard“.
Ich erntete einen Händedruck, verschwand dann aber angesichts der vorgerückten Stunde Richtung Zug. Und für einmal erwischte ich ihn sogar. Halleluja! Microsoft, gelobet seist du.