Sonntag, 18. September 2005, 21:21 Uhr

Mein Senf zu den Wahlen in Deutschland

Zwar liegt noch keine Endausrechnung vor, doch können die Wissenschaftler schon jetzt mehr oder weniger genau auf einige Zehntelsprozente sagen, wie die Wahlen in Deutschland ausgegangen sind. Möglich macht dies nicht zuletzt der Computer als Hilfsmittel für exakte Hochrechnungen, wie Heise online in einem Rückblick auf 40 Jahre EDV bei den Deutschen Wahlen berichtet.

Bei Heise kocht nicht nur die kaum mit IT-News zu tun habende Berichterstattung über die Wahlen über, sondern auch das Forum zum Titelthema des Tages. 1444 Kommentare zählt die Ecke zur freien Meinungsäusserung bereits, und die Zahlen steigen minütlich weiter.

Bereits am 10. September 2005 gab ich dort zum ersten Mal meinen „Senf“ zum Besten:

Ich als Schweizer muss leider sagen: Egal wie die Wahl ausgeht, ihr habt so oder so nichts mehr zu lachen. Die einen sind unfähiger als die andern.

Quelle: Arme Schweine

Dass die Situation aber derart verzweifelt herauskommen würde, hat wohl niemand vermutet. Die SPD hat verloren – 4.3% der Wähler – und steht nun mit 34.2% Stimmenanteil da. Die Union hat wider Erwarten aber nicht haushoch gewonnen, sonder weist auf die SPD ein mickriges Plus von einem Prozent auf. Auch sie hat verloren, und zwar 3.3%. Der grosse Sieger sind die kleinen „Nobodys“ FDP und die neue Linkspartei mit 2.5% resp. 4.6% Zuwachs.

Die Reaktion des (noch?) amtierenden Kanzlers ist für mich aber höchst unverständlich. Im ganzen Palaver über die Resultate geht meiner Meinung nach unter, was ursprünglich das Ausschlaggebende für die vorgezogenen Wahlen war. Im Mai entschied Schröder, Neuwahlen auszurufen. Der Grund:

Die verlorene Wahl in NRW erschüttert die Bundesregierung. Kanzler Schröder sieht die Grundlage seiner Reformpolitik in Frage gestellt und verlangt wie SPD-Chef Müntefering Neuwahlen im Herbst.

Quelle: SPIEGEL online

Noch deutlicher wurde er in der Welt zitiert:

„Für die aus meiner Sicht notwendige Fortsetzung der Reformen halte ich eine klare Unterstützung durch eine Mehrheit der Deutschen für unabdingbar“

Quelle: Schröder will Neuwahlen

Nun will Schröder aber anscheinend trotzdem im Amt bleiben und sieht sich gar als Sieger der Wahlen. Wieso? Weil die Stimmenanteile der Partei nicht derart abgesackt sind, wie man es zu Beginn des Wahlkampfes befürchten musste? Wenn er doch die Neuwahlen ausrief, um seine Reformpolitik vom Volk bestätigen oder zerreissen zu lassen, hat er die Quittung jetzt auf dem Tablet: Die Mehrheit des (Stimm!)Volkes, etwa gerade 66%, wollen ihn (und seine Politik) nicht mehr. Wenn man noch das Resultat der Grünen, dem jetzigen Koalitionspartner, hinzurechnet, ändert dies an der Situation immer noch nichts – die Mehrheit des Volkes, 56%, hat immer noch die Schnauze voll.

Dies heisst aber immer noch nicht, dass die „Schwarzen“ fähiger wären. Deutschland ist am Arsch – so kommt es jedenfalls hier in der Schweiz ‚rüber – und daran wird sich so schnell, egal mit welcher noch so kreativen Regierung, nichts ändern.

Ein deutliches Zeichen machen diese Wahlen und deren Ergebnis auch auf die Bestrebungen einiger Kreise der Schweiz, ein Oppositionssystem einzuführen. Auch wenn unser Konkordanz-System vielleicht nicht so rasch reagieren kann – ein Oppositionssystem hat wie im dargelegten Fall auch deutliche Tücken. Das Konkordanz-System stellt sicher, dass nicht zuerst die Probleme von einer Seite geschaffen und diese dann von der anderen gelöst werden müssen. Denn in der Schweiz sind Lösungen normalerweise nur durch eine breite Zustimmung aller Parteien (und Interessenvertreter) möglich – nicht zuletzt dank der Möglichkeit von Referenden und Volksinitiativen.

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