Sonntag, 19. März 2006
Ich bereue es keine Sekunde, das Junge SVP Stammtisch-Blog abonniert zu haben. Aus den dort veröffentlichen Artikeln wird es für einen Linken wie mich möglich, den (zugegebenermassen abstrusen) Gedankengängen der „rechten“ Autoren zu folgen. Erstaunt bin ich vor allem von der sprachlichen Qualität – in dieser Partei gibt es also tatsächlich einige Leute, die mehr als nur einfache Sätze hinkriegen.
Wie bereits in vorhergehenden Artikeln beschrieben, zeichnet sich der typische SVPler in meinen Augen durch seine paranoiden Züge auf, die durch das Gefühl, dauernd zu kurz zu kommen und unterdrückt zu werden, verstärkt werden.
Nun schiessen die Autoren drüben am Stammtisch erneut den Vogel ab – dieses mal mit einer Fundamental-Kritik am Mediensystem. Die vorgängig genannten Charaktereigenschaften tauchen auch in diesem Artikel zu Genüge auf.
Um was es geht: Die JSVP stört sich daran, dass Armin Walpen, Generaldirektor der SRG idée suisse, Gebühren auf den Internetanschluss erheben will, sobald über das Internet TV-Live-Streams in genügender Zahl empfangen werden können. Das ganze artet danach – in gewohnter SVP-Manier – zu einem Rundumschlag auf. Jeder, der irgendwie mit Medien zu tun hat, fällt dem Sperrfeuer zum Opfer. Am Ende des Artikels weiss man: Ohne diese Scheiss-Medien, die die SVP belächelt und nicht genügend Wahlkampfintensiv erwähnt, gänge es uns allen besser. Denn dann, ja dann könnte die SVP ihre Meinung allen einhämmern, ohne nervende Fragen aus dem Teil der Gesellschaft, der ob der SVP-Phrasendrescherei noch nicht ganz verblödet ist.
Pflücken wir die erzürnte Reaktion der JSVP auf diesen Vorschlag doch mal auseinander:
Damit würde die SRG nebst dem Fernsehmonopol faktisch auch das Internetmonopol zugesichert erhalten.
SRG – Fernsehmonopol? Gibt es in der Schweiz nur das Staatsfernsehen? Ich denke nicht. War da nicht was von RTL, Sat.1, Pro Sieben, Tele Bärn … etc.? Meint der Schreiber vielleicht doch eher das Gebührenmonopol? Dasjenige Monopol, mit dem die SRG idée suisse ihre Aktivitäten in allen vier Landesteilen über die Medien TV und Radio finanziert erhält? Auch dieses „Monopol“ bröckelt: Wie der National- und Ständerat erst kürzlich entschieden haben, werden künftig 4% (zur Zeit 44 Millionen SFr.) der Gebührengelder an Privatradios und das Privatfernsehen verteilt:
Der Ständerat gibt dem Nationalrat nach: Die privaten Radio- und Fernsehstationen erhalten damit jährlich 44 Millionen Franken aus dem SRG-Gebührentopf.
Quelle: Vier Prozent für Privatstationen
Gut, da wir dies nun geklärt hätten – was zum Teufel ist ein „Internetmonopol“?! Kann mir das am Stammtisch mal jemand erklären? Das Internet ist in seiner dezentralen Funktionsweise schlecht monopolisierbar. In der Schweiz gibt es zwei grosse Infrastrukturanbieter, Swisscom (ADSL) und Cablecom (Cable-Internet). Diese stellen den technischen Zugang ins Netz der Netze her. Hier spricht man also wennschon von einem Oligopol.
Inhalte bezahlt man – wenn überhaupt – bei den Inhalte-Anbietern im Internet selbst. Könnten die JSVPler das Inhaltemonopol gemeint haben? Wie geht das jetzt, wenn das Internet dezentral aufgebaut ist und von Millionen unabhängiger Web-Sites besteht? Die JSVP sieht jedenfalls die freie Meinungsäusserung im Internet in Gefahr, weil die SRG Gebühren auf Internetanschlüsse erheben will. Denn, so die Argumentation Walpens, wenn SRG-Inhalte über das Internet empfangen werden können, sollen die Leute dafür auch bezahlen. Pauschal, wie bereits beim Kabelanschluss, ob man die SRG-Sender nun überhaupt im Gerät speichert und gelegentlich konsumiert, oder nonstopp RTL schaut.
Meine Meinung: Es gibt nun mal keine Möglichkeit, solch qualitativ hohen Journalismus, wie ihn die SRG produziert, anderweitig zu finanzieren. Und ja, liebe JSVP, die Qualität unseres Journalismus‘ kann sich international sehen lassen.
Dennoch – ich stehe einer Besteuerung des Internet-Anschlusses skeptisch gegenüber. Aus meiner Sicht kann das Internet im Gegensatz zu einem TV-Anschluss und -Gerät deutlich vielfältiger genutzt werden, weshalb überhaupt nicht mehr auf der Hand liegt, dass jedermann über das Internet TV-Sendungen guckt.
Ich bin mir ganz sicher, dass die Billag nur dann Gebühren einfordern kann, wenn ein Benutzer noch nicht Billag-Kunde ist, er also weder Radio noch TV zu Hause stehen hat und sein Kabel-Anschluss plombiert ist. Wer dagegen bereits jetzt Billag-Gebühren bezahlt, deckt damit auch den zukünftigen Bezug von Inhalten per Internet.
Weder der Rundfunk noch die Printmedien können jene Meinungsvielfalt und publizistische Qualität bieten, die das Internet bietet.
Veto! Blogs sind eine gute Sache, sind aber komplementär zum professionellen Journalismus zu sehen. Blogs sind für mich primär die persönliche, nicht-objektive und gefärbte Meinungsäusserung im Internet. Gerade euer Artikel ist ein Beispiel dafür: Schlecht recherchierte Stimmungsmache. Ein Journalist könnte sich damit schlecht sehen lassen, verstiesse er doch gegen eine Menge selbstauferlegter Berufsprinzipien.
Aber an Blogs finde ich gerade die Amateurhaftigkeit gut – jedermann kann seinen Senf zu einem Thema abgeben. Für fundierte, gut recherchierte, objektive Artikel bleiben aber Zeitungen, Radio und TV weiterhin nötig! Weitwerzweigte Korrespondentennetze, wie sie bspw. die NZZ betreibt, wären durch Blogs nur schwer zu ersetzen. Hier braucht es Lohnzahlungen, die es Korrespondenten erlauben, von ihrer Arbeit zu leben und diese 24h am Tag zu betreiben.
Landesweite Konzessionen für privaten und damit nicht-staatlich kontrollierten Fernseh- und Radiostationen werden fast nie vergeben. Durch das Konzessionierungsmonopol beim UVEK (Bundesamt für Umwelt, Verkehr und Energie) dürfen nur Sender aufs Netz gehen, die den Machthabern und insbesondere Departementsvorsteher Bundesrat Leuenberger genehm sind.
Traurig, aber wahr. Dies aber weniger, weil es dem – gemäss euren Aussagen – von Linken dominierten Staat (Hallo, hab ich den Machtwechsel verpasst?!) und insbesondere dem bösen, bösen Moritz nicht gefällt, wenn unkontrollierbare Stationen auf Sendung gehen, sondern – wieso wohl? Genau. Die Fernseh-Produktion verschlingt Unsummen von Geld. Es kann sich in der Schweiz schlichtweg niemand leisten, private TV-Sender auf die Beine zu stellen, resp. es finden sich kaum Geldgeber, die das grosse Risiko auf sich nehmen. Man erinnere sich an die Schicksale von TV3 und Tele 24. Ob dies an einer allmächtigen SRG liegt, wage ich zu bezweifeln. Privatsender konkurrenzieren primär nicht mit der SRG, sondern mit ihren ausländischen Pendants. Dort liegt der Hund begraben. Der Markteintritt ist schlichtweg zu teuer und zu risikobehaftet.
Im Gegensatz zu Deutschland oder den USA, wo private Sender in meinungsbildender Konkurrenz zueinander stehen, […]
Klar doch – in den USA ist alles besser. Mit Fox, dem Quasi-Staatsfernsehen. Oder haben die in letzter Zeit jemals etwas gegen die Bush-Administration gewettert? JSVP, habt ihr eigentlich überhaupt einen Millimeter Ahnung von der Medienindustrie? Ein Wunder, dass ihr nicht noch gerade Italien in den Olymp der optimal funktionierenden Mediennationen hebt …
Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den Printmedien, die heutzutage durch das Staatsfernsehen in der Themenwahl beeinflusst werden. Es kommt dabei gar nicht mehr darauf an, wie die Zeitungen über ein bestimmtes Thema berichten. Vielmehr wird schon allein dadurch Meinungsmanipulation betrieben, indem die Zeitungen nur Themen bringen, die zuvor im Fernsehen zu sehen waren. Alles andere wird verschwiegen.
*muhahahaaa* Langsam aber sicher wird euer Artikel wirklich lächerlich. Ich schlage vor, dass ihr einmal Studien über die Themenwahl von Zeitungen, Radio und Fernsehen von Instituten der Medien- und Kommunikationswissenschaften hier in der Schweiz studiert. Ah, geht ja nicht, auch die Institute sind von linken Genossen infiltriert. Und sowieso: Für die Bildung wollt ihr ja auch kein Geld locker machen, abgesehen von wirtschaftlich gewinnversprechenden Studiengängen alles abschaffen. Ob das die Zahl der kritisch-mündigen Bürger steigert?
Kein vernünftiger Geschäftsmann wird seine Firmenwerbung im Tagi publizieren, wo das Verfahren bürokratisch und kompliziert ist, wo doch im Internet auf Google sehr viel günstiger geworben werden kann.
Ja, das Zielpublikum ist ja auch deckungsgleich. Dilettanten!
Diese [Publigroupe AG] wiederum profitiert davon, indem sie für Drittpersonen unsichtbar die Finanzen der Medienkonzerne steuert und so wiederum die Redaktionsbüros beeinflusst.
Da ist es wieder, dieses unterschwellig paranoide Konspirationspalaver. Aber selbstverständlich ist klar, dass in der Zeitungsbranche die privatwirtschaftlichen Verlage dem Markt unterworfen sind. Sie können nur solange ein Produkt anbieten, wie es durch Inserate und Abonnemente finanziert werden kann. Für einmal erblickt ihr einen gewissen Zusammenhang, zieht aber die falschen Schlüsse daraus.
Die SRG, die Grosskonzerne Ringier und Tamedia, das Departement Leuenberger sowie Zensurparteien aus dem linken Lager gehören zu den Verliern der Informationsgesellschaft.
Mumpitz. Die Blogosphäre ist – wie die von euch derart gescholtene Schweizer-Presse – linkslastig. Wie sagte es Augstein so schön:
Im Zweifelsfalle links.
Dieses Motto wird in alle Ewigkeit bestand haben!
(Viel Stuss später …)
Deshalb gibt es nur eines: sämtliche staatskritischen Kräfte der Schweiz werden und müssen die Streaming-Gebühren bekämpfen, um die Medien endlich zur Räson zu bringen.
Zensur hat in einer Demokratie nichts verloren. Wir werden nicht eher ruhen, bis in der Schweizer Presse endlich Meinungsfreiheit herrscht.
Meinungsfreiheit im Sinne der SVP: Die Medien schreiben nur noch das, was die SVP auch für richtig hält. Die linke Staatspropaganda wird der Bevölkerung vorenthalten, weil diese schädlich für den Geist des Volkskörpers wäre …