Freitag-Abend, ca. 21 Uhr. Meine Kollegen und ich verlassen die Raststätte Deitingen Nord an der A1 und begeben uns zum Autoparkplatz. Ich habe gerade ein Salatteller verspiesen, um den restlichen Weg von Rust nach Bern ohne Magenknurren zu überstehen.
Kurz bevor ich einsteige, sehe ich in der Abenddämmerung, etwa 10 Meter vom grossen Weissen entfernt, zwei Gestalten – vor ihrem Auto auf dem Trottoir kauernd. Ein zweiter, kurzer Blick lässt mich erkennen, was die Leute dort tun: Sie beten. Höchstwahrscheinlich handelt es sich um Muslime, die gegen Mekka gerichtet ihr Abendgebet sprechen. Während ich mich auf den Rücksitz quetsche, weise ich meine Kollegen auf die sonderbare Szenerie hin.
Auch sie werfen nun einige verstohlene Blicke zum betenden Ehepaar (?) und trauen ihren Augen zuerst nicht. Schlussendlich sitzen wir allesamt im Wagen und verlassen die Raststätte auf gewohntem Wege. Im Auto hingegen wird kurz eine heftige Diskussion geführt (sinngemäss notiert):
Chlodwig: (zuerst einige Witzchen über das womöglich verschmutzte Trottoir und plötzlich auftauchende Velofahrer) Stellt euch mal vor, ein Christ würde so etwas in einem arabischen Land tun … !
Franks: Mich stört das! Die sollen das in ihren eigenen vier Wänden tun.
Ich: Also mich stört so etwas überhaupt nicht. Es freut mich sogar, so etwas endlich einmal in der Öffentlichkeit anzutreffen. Das zeigt, dass hierzulande die verfassungsmässig garantierte Glaubensfreiheit ungehindert ausgeübt werden kann. Der Vergleich „… in anderen Ländern dürften wir das ja auch nicht!“ lasse ich nicht gelten. Seit wann schaut die isolationistisch-veranlagte Schweiz plötzlich auf andere Länder, wenn es um die Ausgestaltung von Verfassung und Gesetzt geht?
Leider habe ich nur wenig Hoffnung, dass die Mitinsassen wirklich begriffen habe, was ich ihnen deutlich machen wollte. Muslime in der Schweiz bleiben für viele Mitmenschen ein grosser Störfaktor – ein Störfaktor, wie es viele Angehörige anderer Religionen (Juden im Mittelalter etc.) und andere Fremdlinge (Italiener in den 60ern) vorher auch waren.