Nachdem ich letzten Sonntag den SonntagsBlick unsicher machte (kaum jemand – zwei, um genau zu sein – meiner Bekannten hat mich darauf angesprochen – liest wohl tatsächlich niemand den SonntagsBlick!), ist nun mein Bruder in der Online-Ausgabe der Tageszeitung dran:
Sandro aus Neuenegg spannt den Bogen noch weiter: «Gefährliches Spiel von Frau Maurer, auch für die eigene Partei: Die ‹Gehirnkranken› sind die nächste Generation von Wählern, und vergessen werden solche Aussagen garantiert nicht so schnell…! Toleranz ist das Schlagwort: Niemand stellte je ein Schützenfest, Turnfest oder Schwingfest derart an den Pranger.»
Halten wir fest: es geht um eine Art Jugendtreffen. Aber so genau weiss das niemand.
Gerade weil das so ist, muss nun unbedingt etwas getan werden. Angriff ist der Reflex, Jugendschutz die Parole von SP-Stadtpräsident Alexander Tschäppät, in roter Krawatte. Er hadert mit der namenlosen Bedrohung, einem Feind, der organisationstechnisch überlegen ist und sich weigert, Stellung zu beziehen. Überhaupt, diese Saufpartys, betrüblich. Niemand übernimmt Verantwortung und also weiss Tschäppät auch nicht, wohin er seine Polizei schicken soll, um die Jugend zu schützen. «Ich fühle mich hilflos.»
Dieses „Verantwortung übernehmen“ scheint die grösste Gefahr für die Menschheit in westlichen Demokratien zu sein – wenn nicht Verantwortung übernommen wird, droht Anarchie.
Die Phalanx Imhof-Jobé hat ihren Job gut gemacht, so weit ich das während ca. 20 Minuten reinzappen beurteilen konnte. Wichtig war vor allem Jobés Hinweis darauf, dass der Begriff „Massenbesäufnis“ von den Medien hochgespielt werde – obwohl die sich die Besucher einer solchen Versammlung nicht ins Koma saufen, sondern gemeinsam Spass haben, einander kennenlernen und einen nicht-kommerziellen Abend verbringen wollen.
Wichtig war auch die Aussage, dass sich Komasäufer am kommenden Wochenende auch ohne Botellon ins Koma saufen werden. Nicht der Botellon macht aus braven Neuntklässlern Komasäufer, aber selbstverständlich kann er solche Gruppierungen ebenfalls ansprechen und anlocken.
Ganz komisch wurde es, als der FDPler von Vereinen und der damit praktizierten Jugendförderung zu sprechen begann. Sein Verein veranstalte auch solche Saufparties, um sich finanzieren zu können (so meine klarifizierte, sinngemässe Übersetzung). Ich finde es irgendwie schon komisch, dass man so etwas vor laufender Kamera sagen kann. Verbietet es nicht die Moral, einen Verein mit Saufparties zu finanzieren?
Ungeschlagen bleibt aber der JSVPler, der seiner Herkunft, folgendes von sich gab:
«Die Medien haben das Thema, äh, hochdestilliert.»
War ja auch eine hochprozentige Diskussion, gell Wohlgemut *hicks*?
Ah, und da war ja noch Genosse Lexu, der fast wie Donald Rumsfeld über die „Known Unknowns“ zu philosophieren begann:
Man habe eben einen solchen Botellon noch nie erlebt …
Euro08? YB-Matches? anyone? Oder wie es der Zürcher Kommentarschreiber von sich gab:
Botellónes, resp. „Sauforgien“ haben noch nie den öffentlicheh Friedengestört. Die Sauforgien hiessen bisher nur anders, zum Beispiel „Albanifest Winterthur“, wo sich 100’000 Erwachsene drei Tage und zwei Nächte lang in 120 Festbeizen nichts anderes tun als saufen und fressen… Darunter befinden sich auch die Erzieher, die jetzt den Jungen an den Karren fahren.
…deshalb seien die Politiker und die Ordnungshüter etwas macht- und orientierungslos. Wenn sich die Botelloner zu benehmen wüssten – nun, das wünsche und hoffe er doch. Aber man müsse eben auch auf den Fall vorbereitet sein, wo alles aus dem Ruder laufe.
Sowieso, lassen wir zum Schluss einen Kommentarschreiber sprechen:
Zum guten Glück ist der Berner Stapi bekennender Abstinenzler…
Den Lexu habe ich also wirklich auch noch nie mit einem alkoholischen Gesöff in der Hand gesehen.
Statt nun lange mit den CC Hotline und Techniker zu plaudern, packt das Teil wieder in die Kiste und fährt damit zum Eschenmoser. Im 1. OG hat Cabelcom nähmlich einen Schalter eingerichtet, wo man defekte Set-Top-Boxen unkompliziert umtauschen kann (10 – 17 Uhr). Müsst einfach sagen, dass der CC Techniker (z.B. Herr Garcias) gerade bei euch war und gesagt hat, dass die Box ausgetauscht werden muss. Der Schalter wurde übrigens deshalb eingerichtet, weil zuviele Kunden ihre Box zurück schicken mussten. Fragt auch mal, den Eschenmoser Fernsehverkäufer wie viele Kunden täglich ihre Box zurück bringen, dann erübrigt sich die Frage, wieviele Kunden betroffen sind.
Köstlich – vor allem wenn man bedenkt, dass Cablecom-CEO Fischer im Kassensturz betont hat, dass man keine anderen DVB-C-Empfangsgeräte zulässt, weil diese sonst einen „enormen Support-Aufwand“ wegen Inkompatibilitäten und dergleichen verursachen würden.
Und jetzt? Dem Vernehmen nach spukt ausgerechnet diejenige „Monopol-Box“, die Cablecom geprüft und für tauglich befunden hat. Ironie des Schicksals?
Das Bitterste an der ganzen Sache: DVB-C, digitales Fernsehen, wäre ein Standard, der von unzähligen auf dem Markt erhältlichen Settop-Boxen unterstützt würde. Aber leider verschlüsselt Cablecom das digitale Signal (eben leider auch der Free-TV-Sendern – gegen die Verschlüsselung von Pay-TV-Angeboten habe ich nichts auszusetzen) und zwingt die Kunden so zum Kauf der „Monopol-Box“ und Entschlüsselungskarte.
Ohne Verschlüsselung könnte jeder Benutzer selber entscheiden, ob er sich die „Schrott-Box“ antun will, oder aber zu einem kundenfreundlichen Konkurrenzprodukt greifen soll – jedenfalls solange er nicht Pay-TV in Anspruch nehmen möchte.
Bei den SBB verlangt man jedoch von jedem Kunden, der ein Familien-GA verlängern will, jedes Jahr neu den amtlich beglaubigten Nachweis des Verhältnisses Eltern-Kind. Oder übersehen die SBB, dass jeder GA-Besitzer ein Stammkunde ist und nicht ein potentizeller Betrüger?
Quelle: SonntagsZeitung, 17. August 2008, „Bürohr“.
Auch chm hat kürzlich eine interessante und überaus berechtigte Frage an die SBB aufgeworfen:
Immerhin habe ich seit 16 Jahren ein GA, mein halbes Leben sozusagen. Da fände ich es eigentlich nicht übertrieben, mal einen entsprechenden Bonus zu erhalten. […] Nach 5 Jahren “GA-Mitgliedschaft” gibt es 5 Prozent Reduktion auf den Kaufpreis. Und nach 10 Jahren dann 10 Prozent.
Nun, das ist wohl wegen der Autolobby so. Sonst würde plötzlich jeder Autofahrer Rabatt für die alljährlich zu erwerbende Autobahn-Vignette verlangen …
[…] seit ich mit fünf oder sechs Jahren ein Playmobil-Piratenschiff zum Geburtstag geschenkt bekommen habe, konnte mich kein Spielzeug mehr in einen solchen Zustand blindseliger Ekstase versetzen.
Das iPhone kann auch zum Beziehungskiller werden – aber anders, als wir Männer uns das bisher vorgestellt haben:
«Sie hatte einfach den Eindruck, dass ich sie so zart noch nie berührt habe», meinte er schuldbewusst. Die i-Revolution oder: wenn Männer nur noch streicheln wollen.
Einer der besten Artikel, den ich über eine – die höchste und erwartungsgemäss eigentlich professionellste – Exekutive in unserem Land gelesen habe – und ich wage Parallelen auf allen Ebenen des Föderalismus zu erkennen. Natürlich abgedruckt im Magazin:
«Wie dieser Bundesrat arbeitet, ist freundlich formuliert: barock. Und unfreundlich formuliert: total ineffizient. Diese Regierung funktioniert noch wie vor vierzig Jahren. Doch sie verschwendet keine Sekunde daran, ihr Funktionieren und ihr langfristiges Wirken unter die Lupe zu nehmen.»
[…] Das Wort wird strikt nach Amtsalter erteilt; Chefbeamte, die in der Sache oft kompetenter sind als der Chef, werden nie eingeladen.
[…] Das ist eine Garde von Sesselklebern, die ihre zentrale Aufgabe nicht wahrnimmt, nämlich die Schweiz in die Zukunft zu führen.
[…] Die besten Chancen haben die eigenen Anträge dann, wenn der Departementschef nach dem Prinzip «Gibst du mir die Wurst, dann lösch ich dir den Durst» taktiert. Sinngemäss: Lässt du meinen Antrag durch, dann sag ich Ja zu deinem. Oder: Kritisierst du mich nicht, kritisier ich dich nicht. […] Blocher war auch der Einzige, dem das Wurst-Durst-Prinzip mehr oder weniger wurscht war. Sein eigenes Prinzip im Kollegium war der Hang zum senkrechten Untergang, lieber sechs zu eins verlieren, als aus taktischen Gründen schweigen.
Wenn ich solche Dinge lese, wird mir der Herr Altbundesrat Blocher wieder deutlich sympathischer – für einige Minuten.
Doch was bräuchte das Land in der jetzigen Situation? Neue Leute – aber nicht nur neue, sondern auch fähige:
«Im Interesse des Landes müssen wir hoffen, dass das Parlament möglichst bald viele neue Bundesräte wählt, die bereit sind, als Konkordanzregierung über den Parteienhorizont hinauszuschauen und eine gemeinsame Vision von der Zukunft des Landes zu erarbeiten, […]
Sonstige Schnippsel
Keiner der sechs ist an einem Sturz von Schmid interessiert, weil keiner von ihnen die Rückkehr des Leibhaftigen aus Herrliberg riskieren will.
Die Affäre Schmid/Nef ist für ihn nur das jüngste Beispiel für die Führungslosigkeit dieses Bundesrates, wenn auch ein hartes, weil sich für den Infanterie-Obersten mit zweitausend Diensttagen «einmal mehr zeigt, dass unsere Armee nicht von den Linken demontiert wird, sondern von der VBS-Spitze selber».
Samuel Schmid: Bereits im eigenen Laden nennen sie ihn mitunter den «Selbstverteidigungsminister».
Moritz Leuenberger: […] Derweil hält sein «genialer Generalsekretär» Hans Werder (Fässler) den Laden zusammen.
26.500 Euro für 146 Kilometer: Forschungsministerin Annette Schavan wird wegen der Nutzung der Bundeswehr-Flugbereitschaft kritisiert. Die CDU-Politikerin flog im Helikopter von Stuttgart nach Zürich – für einen Vortrag und ein Interview. Der Linienflug hätte 329 Euro gekostet.
Wer von solcher Schwarzmalerei nicht genug kriegen kann, abonniert sich The Daily Reckoning, wo Leute von Agora Financial schreiben (unter anderem der von mir so geschätzte Bill Bonner).
Mario Aeby, geboren am 25. September 1980 in Bern, Schweiz
Ein Weblog über IT (Linux, OSS, Apple), Heim-Automation; mein mittlerweile abgeschlossenes Geschichtsstudium; Erkenntnisse aus meiner aktuellen Tätigkeit in der Informationssicherheit, meine Erfahrungen als IT-Berater, IT-Auditor, Web-Developer und IT-Supporter; die Schweiz, den Kanton Bern, meine ursprüngliche und auch wieder aktuelle Wohngemeinde Neuenegg, meine vorherige Wohngemeinde Bern, über lokale, regionale und globale Politik; meine Reisetätigkeit und Erfahrungen mit anderen Kulturen; und zu Guter letzt auch das Älter werden.
Alle in diesem Blog gemachten Aussagen und Meinungen sind persönlich und nicht als Ansichten meines aktuellen und/oder meiner bisherigen Arbeitgeber zu verstehen.