2500 Neumitglieder habe die SVP Schweiz gezählt, und es würden stündlich mehr (In Basel würden dieses Wochenende auf dem örtlichen Parteisekretariat gar Überstunden geschoben).
Eine gute Sache für die Partei, und dennoch ist es zum Abschluss dieser SVP-Woche nötig, das ganze etwas zu relativieren:
- Finanzen Mehr Mitglieder münzt sich sofort in eine Steigerung der Mitgliederbeiträge um. Für die SVP scheint mir dieser Effekt aber vernachlässigbar zu sein: Die Partei ist schon steinreich, respektive verfügt bereits über äusserst gute Finanzierungsmöglichkeiten ausserhalb ihrem Mitgliederstamm, was die Millionenkampagnen im Wahlherbst gezeigt haben.
- Neuwähler? Weiter bezweifle ich, dass diese Entwicklung Ausdruck ist für eine Erschliessung neuer Wählerschichten. Viel eher haben diese Personen bereits am 21. Oktober die SVP-Liste eingelegt. Es sind dies sicherlich Personen, die längst in ihrem Bekanntenkreis aktiv für die SVP weibeln und aggressive Werbung betreiben.
- Aktiv oder Passiv? Eine Mitgliedschaft ist schön, eine Mitgliedschaft ist lustig. Aus eigenen Erfahrungen in der Dorfpolitik muss aber beigefügt werden, dass eine Mitgliedschaft alleine einer Partei nichts bringt. Es werden frisches Blut und motivierte Köpfe benötigt, die gewillt sind, anzupacken und ihre „Lehre“ innerhalb der Partei zu absolvieren. Nützlich sind solche Mitglieder für eine Oppositionspartei nur, wenn sie bereit sind, an einem Samstag in die Kälte zu stehen und Unterschriften zu sammeln – anstelle in der Dorfbeiz an den Stammtisch zu sitzen.
- Junges Blut? Interessant wäre eine demographische Statistik. Wer tritt bei? Handelt es sich mehrheitlich um junge Stimmbürger in ihren Zwanzigern, hat die SVP wirklich allen Grund zur Freude. Eine solche Entwicklung würde helfen, neue Talente zu entdecken und aufzubauen (wobei ich der Meinung bin, dass ambitionierte Personen mit einem Parteibeitritt nicht zugewartet hätten, bis Blocher aus dem Bundesrat geworfen wird). Sind es dagegen graue Panther, muss von einem Pyrus-Sieg gesprochen werden.
Die Zahl ist durchaus imposant – gerade die SP Schweiz wäre froh, wenn in einer Woche derart viele Neuzugänge zu vermelden wären. Schliesslich sind es in dieser Partei mehrheitlich die Mitgliederbeiträge (und private Investitionen der Kandidaten), die den Wahlkampf finanziert haben und auch zukünftig Wahlkämpfe finanzieren werden.
Oppositionspolitik benötigt Unterschriften
Ich bin weiter gespannt auf die logistische Meisterleistung der Partei, um 50’000 (Referendum) respektive 100’000 (Initiative) Unterschriften einzusammeln: Wenn es der SVP gelänge, selbst für Niemands-Themen wie beispielsweise „Kühlschränke für Grönland!“ innert kürzester Zeit die nötige Anzahl Unterschriften zu sammeln, hat die Partei meinen Respekt verdient.
Ich erwarte doch schwer, dass die SVP uns an allen Abstimmungssonntagen von 2008 bis 2011 mit mindestens einer Initiative erglücken will …
(Ob das Stimmvolk jedwelche Vorlagen dann auch annehmen wird, bezweifle ich in meinem Übermut, der durch die Ereignisse dieser Woche geschürt wurde)
Nachtrag
Dass hingegen nun viele CVP-Mitglieder zur SVP wechseln, kann ich mir schlecht vorstellen. In Einzelfällen kann dies durchaus vorkommen, doch die Partei zu wechseln ist etwa, als würde ein Reformierter plötzlich bei den Katholiken anklopfen: Die ganze soziale Einbettung in die Umwelt macht es aus meiner Sicht sehr schwer, „einfach so“ das Parteibüchlein auszuwechseln – gerade in den CVP-„Stammlanden“, wie es so schön heisst. Dort lebt es sich anders als in unseren Urbanen Zentren, wo es einem niemand übel nimmt, wenn man mal in der Coop, mal in der MIGROS einkaufen geht:
Mittlerweile erreichen uns “rumors”, dass nicht unwesentlich viele von diesen Neuzugängen zur SVP, Abgänge aus der CVP sind.
Quelle: CVP am Ende?
Das kann ich Linker schlicht und einfach nicht glauben.
[…] dass sie von vielen CVP Wählern angesprochen worden sei und diese ihren Unmut über ihre Partei zum Ausdruck gebracht hätten. Viele hätten gesagt, dass sie nie wieder CVP wählen würden.
Schauen wir mal – Wahltag ist Zahltag. Und der liegt auf nationaler Ebene vier Jahre in der Zukunft. Niemand wird 2011 noch an die Krawalle von Bern (6. Oktober 2007) denken, wenn er seine Stimme abgibt. Ob die Erinnerung an Blocher verblasst sein wird? Die lange Zeit ist die grösste Bedrohung der SVP.