Archiv November 2020

Mittwoch, 4. November 2020

Trump oder Biden? Nichts ist entschieden, aber für Biden sieht es besser aus

Wenn die Prozentzahlen der gezählten (und dementsprechend auch der noch ausstehenden) Stimmen korrekt sind, die Reuters angibt, kann der Sieger theoretisch noch in jedem der 7 pendenten Staaten (Nevada, Arizona, Georgia, North Carolina, Pennsylvania, Michigan, Wisconsin) wechseln.

Da die Medien (wieder einmal) einen schlechten Job machen, musste ich die Daten selber zusammenpfriemeln (dementsprechend kein Gewähr):

Does Trömp do it again? (Google Sheets)

Denn was ich wissen möchte: Wie viele Stimmen sind noch ausstehend, und können die ausstehenden Stimmen den Vorsprung des jeweiligen Leaders noch ausradieren? Antwort für die Ungeduldigen: Ja, in jedem Staat ist das noch problemlos möglich.

Praktisch aber sieht es für Biden viel besser aus, weil in diesen Staaten (1) es primär die tendenziell linkslastigen Städte sind, die noch nicht fertig ausgezählt sind, und (2) es vor allem um die brieflich abgegebenen Stimmen geht — Briefwähler bevorzugen angabegemäss den demokratischen Kandidaten.

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Dienstag, 3. November 2020

Trump oder Biden?

In New York ist vor wenigen Minuten die Sonne aufgegangen, heute finden die Präsidentschaftswahlen statt. Angabegemäss haben aber in den letzten Tagen und Wochen bereits über 50 100 Millionen Amerikaner brieflich oder an der Urne abgestimmt; es ist deshalb fraglich, inwiefern die Entscheidung heute Dienstag fällt, oder ob sie nicht schon längstens gefallen ist.

Jedenfalls fängt der Höhepunkt des medialen Zirkus in den nächsten Stunden an. Am Abend wird bei uns in der Stube vermutlich CNN laufen und die ersten Hochrechnungen bekannt geben.

Ich persönlich werde auf Pennsylvania schauen, ein Kollege denkt, dass auch Florida und Ohio entscheidend sein werden (wenn Trump einer dieser Staaten verliert, sei es aus für ihn).

Wer wird gewinnen? „Ich weiss es nicht!“, um Marco Rima zu zitieren.

Was ich aber weiss, dass eines der beiden Lager massiv auf die Schnauze fallen wird. Denn ich kann mich nicht erinnern, dass sich beide Seiten mit Prognosen derart aus dem Fenster gelehnt haben (2016 war das noch verzeihlich, doch seither sollte man aus den Befragungsunfällen gelernt haben).

Die Mainstream-Wählerumfragen sehen Biden mit ein- bis zweistelligen Prozentzahlen vorne (aber nicht vergessen: es gewinnt nicht die sog. „popular vote“, sondern wer über 270 Wahlmänner einheimst, und die werden nach gewonnenem Staat vergeben). Der mir unbekannte Kendall Kaut hat einen sage und schreibe 5’500 Wörter umfassenden Artikel geschrieben, in welchem er herleitet, wieso es keine Zweifel gibt, dass Biden gewinnen wird. Nat Silvers Five Thirty Eight sieht Biden in 89 von 100 Simulationen als der Gewinner, Trump in „nur“ 11 Fällen. Die Krux hier: Die Wahl wird einmal abgehalten, und so es gewisse Stimmbürger und Staaten wollen gewinnt dann eben halt doch einer der 11 Fälle (so wie 2016).

Schön und gut. Dennoch einige Gegenstimmen — in (hoffentlich bereits) 24 Stunden werden wir wissen, welche Seite Recht hatte:

  • RealClearPolitics Vergleich der Umfragewerte in Battleground States zwischen 2016 und 2020. Wenn ich die Statistiken richtig lese liegen die Abweichung für/gegen Trump im Fehlerbereich, sind also knapper als man aus den etablierten Medien erfährt.
  • Trafalgar Group, welche bereits 2016 ausgeschert und einen Sieg Trumps vorausgesagt hat, sieht in ihren Umfragen einen erneuten Sieg Trumps kommen. Siehe auch RealClearPolitics, wo Trafalgar als einziges Umfrageinstitut Trump um 1-2 Prozentpunkte vorne liegen sieht. Die Frage ist nun einfach, ob die anderen Umfrageinstitute seit 2016 aufgerüstet und ihre Fragen verbessert haben, oder ob sich das Spiel auch 2020 wiederholt.
  • Jim Rickards (kenne ich nicht) sagt ebenfalls einen Sieg Trumps voraus, wie er das bereits 2016 gemacht haben soll (Video 1, Video 2)
  • Benjamin Wolfmeier macht meiner Meinung nach primär „Malen nach ZahlenParteigesinnung“, für mich eine nicht nachvollziehbare Art, Wahlprognosen zu machen.

Was mir persönlich aufgefallen ist: Trumps Wahlkampfveranstaltungen sind überlaufen (und das mitten in einer „Pandemie“!), und die Fernsehkameras zeigen Trump auch stets mitten in den Massen, umgeben von den Make America Great Again (MAGA)-Hüten. Schaut man sich aber Wahlkampfvideos von Biden und bspw. Barack Obama (in Philadelphia) an, sieht man nur immer die Redner aus dem Blickwinkel des Publikums — ohne Publikum. Man hört zwar Applaus und sonstigen Lärm der offenbar ebenfalls anwesenden Teilnehmern. Das Publikum wird aber nie bis gar nie auf den Videoaufnahmen gezeigt. Und wenn, dann derart reingezoomt, dass man nicht ausmachen kann, wie gross die Masse wirklich ist. Zufall? Absicht? Ob diese Feststellung mit einem Wahlkampfsieg korreliert sehen wir bald (frühestens morgen Mittwoch).

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Montag, 2. November 2020

Ist nicht Corona, sondern unser „endoptimiertes“ Gesundheitssystem das Problem?

Trigger-Warnung: Indem ich hier auf den Artikel verlinke und das YouTube-Video einbette, bedeutet das nicht, dass ich die Autoren in all ihrer Sachen unterstütze, noch dass ich deren Aussagen blindlings als richtig erachte. Mir erscheint es auf den ersten Blick, als sei eine wissenschaftliche Quellenkritik in beiden Fällen zwingend nötig. Die Aussagen eignen sich aber durchaus als nette Hypothese, die man im Hinterkopf behalten sollte.

Vor ein paar Tagen schrieb ich hier, dass wir (offenbar, und leider) ein Marshallplan für unser Gesundheitssystem benötigen. Es erscheint mir derart knapp dimensioniert, dass es mit ausserordentlich, zusätzlich Erkrankten im tiefen vierstelligen Bereich nicht zu Recht kommt. Das einerseits bei einer Bevölkerung von über 8.5 Millionen Schweizern (sprich: die zusätzlich Erkrankten machen 0.05 Prozent der Gesamtbevölkerung aus, wenn ich richtig rechne — oder bei 37’000 vollbelegten Betten würden 3’000 weitere Patienten hinzukommen, das wären +8 Prozent über Maximalkapazität), andererseits in dem Land mit dem zweitteuersten Gesundheitssystem der Welt OECD-Nationen (Platz 1: Die USA, die in Sachen erfolgreicher Behandlung von Covid-19 ja auch nicht wirklich einen Podestplatz einnehmen).

Das Problem zeigt sich überall in westlichen Ländern. Und nicht erst seit Corona, sondern bereits früher in besonders schlimmen Grippejahren. Es scheint mir also, dass wir Westler es hier mit einem strukturellen Problem zu tun haben.

Ich bin offenbar nicht der einzige, der ab diesen Tatsachen stutzig wird:

Seit 20 Jahren haben unsere Behörden, allen voran das BAG und die Kantone, die Infrastruktur unseres einst starken, autarken Gesundheitssystems kaputt gemacht. […]

Medizinische Versorgung aller Bevölkerungsschichten und möglichst effiziente Heilung und Bekämpfung von Volkskrankheiten sind nicht mehr oberstes Ziel und erster Auftrag, sondern Priorität geniessen Umsatz- und Gewinn-Steigerung für alle Player, jedes Jahr. Disease Management statt Heilung, Patient Retention statt endgültige Entlassung – seit 20 Jahren das Healthcare Business-Modell in Europa. Es werden keine Mittel mehr eingesetzt (und entwickelt) zur Heilung der Ursache, sondern nur noch zum Managen der Symptome. Es wird kein Diabetes mehr geheilt, keine Hypertonie, auch kein Krebs. Die Krankheit wird „gesteuert“, „auf Sparflamme“, über noch möglichst viele Jahre, für den „permanent-ambulanten Patienten“, mit horrenden Medikations-Kosten. Alles noch über-reguliert, über-administriert, über-teuert durch die Verordnungen des BAG. So steigen die Kosten ungebremst, die Qualität der Pflege sinkt, die Mitarbeiter sind überlastet und frustriert.

Quelle: Versagende Behörden, lähmende Verbote, tödliche Unterlassungen – Inside Paradeplatz

(Der gesamte Artikel erscheint äusserst krude, aber diese Aussagen sind mir ins Auge gestochen, da sie zum Selbständig-Denken anregen)

Und dann noch dieses Interview, mit einem Beinahe-Ausraster, respektive einem Sich-in-Rage-Reden, fast wie Köppel in den letzten Tagen:

Vom Interview ist mir der Begriff „endoptimiertes Gesundheitssystem“ geblieben; eine kurze Google-Suche hat ergeben, dass das kein Fachbegriff zu sein scheint.

Beobachten wir die Situation weiter; die nächsten zwei Wochen liefern vermutlich bereits die Antworten auf diese Hypothese, welche wir so nicht hören wollen.

PS: Vor Jahren habe ich mir die DVD The Power of Community: How Cuba Survived Peak Oil gekauft. Der Film zeigt unter anderem auf, wie das mausarme, kommunistische Land Kuba (!) bestens ausgebildete Mediziner besitzt, welche in Notfällen nach ganz Lateinamerika entsendet werden. Wenig Geld und ein effizientes Gesundheitssystem scheinen sich also nicht von vornherein auszuschliessen.

Nachtrag 1

Ein paar Tage, nachdem ich diesen Blog-Artikel veröffentlicht hatte, nahm sich Sandro Benini genau diesem Thema an:

Während erster Corona-Welle: Tessiner wollten Spitalpersonal aus Kuba einfliegen

Ärzte von der kommunistischen Karibikinsel in Schweizer Spitälern? Die Idee von Kuba-Freunden stiess bei der Kantonsregierung auf Wohlwollen. Kritiker bezeichnen das Vorhaben als Propaganda.

Quelle: Tessiner wollten Spitalpersonal aus Kuba einfliegen

Spannend, das war mir so nicht bewusst. Was für ein Zufall!

Nachtrag 2

„Überlastete Spitäler“ scheint es nicht erst seit 2020 zu geben (von Spanien, Frankreich und den USA wussten wir das bereits seit längerem — so etwas auch von Deutschland zu hören ist mir jedoch neu) … Am Besten lässt man seinen Partner erstmalig nur die Audiospur hören, ohne dass man ihnen das Videobild (und somit: die Jahrzahlen) zeigt:

Nachtrag 3

Gerald äusserst sich noch einmal zum Thema „endoptimiertes“ Gesundheitssystem; dieses Mal unter dem Eindruck des erneuten Lockdowns (ausgerufen am Samstag, 14. November 2020).

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Montag, 2. November 2020

Throwback-Monday: Meine erste Amazon-Bestellung

Am 25. August 1999, vor etwas mehr als 21 Jahren. Chapeau!

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Montag, 2. November 2020

It’s Gompertz, stupid!

Alle Hobbystatistiker da draussen versuchen mit R zu prognostizieren, wie schnell sich unsere Spitäler füllen werden. Und am Stammtisch starren sie die Covidioten an, und beenden jegliche Diskussion mit dem Totschlag-Argument „it’s exponential growth, stupid!“.

Falsch, setzen. Wie mich Hendrick Streeck gestern gelernt hat, modelliert man die Ausbreitung einer Pandemie mit der Gompertz-Funktion:

(Ab ungefähr 7 Minuten)

Auch der restliche Vortrag ist übrigens sehr hörenswert, da nicht auf Panik machend, pragmatisch, hoffnungsvoll.

Siehe auch (wissenschaftlicher):

The researchers from Stanford School of Medicine and ShangaiTech University show that the growth of a coronavirus disease (COVID-19) outbreak does not behave in accordance with an exponential growth law, but instead slows down exponentially with time from the very first days. Their thought-provoking findings can be currently found in the medRxiv* preprint server.

[…] the results irrevocably show that COVID-19 cases grew in accordance with the Gompertz function, and not the sigmoid function.

The main difference is that the sigmoid function starts off growing exponentially (it has a constant exponential growth factor) and then slows down. At the same time, the Gompertz function is never exponential, but instead exhibits a growth rate that decreases exponentially from the very first confirmed case.

Quelle:

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Labels: Gesundheit

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