Archiv ‘Arbeit’

Sonntag, 6. Juni 2010

Foxconn, Arbeiterlöhne und Suizide

Derzeit ist das Thema „Suizid unter Foxconn-Mitarbeitern“ in aller Munde. Grossfirmen wie Apple greifen auf dieses chinesische IT-Unternehmen zurück, um ihre Produkte wie bspw. das iPhone herzustellen. Die handwerkliche Arbeit ist somit längst outgesourct, es gibt kaum mehr IT-Unternehmen, die ihre Consumer-Geräte komplett Inhouse bauen.

Hören wir hier im Westen von solchen „Betriebsunfällen“, denken wir als erstes an die widerlichsten Arbeitsbedingungen, wie unsere Vorfahren sie in den Anfängen der Industrialisierung auch auf diesem Kontinent erlebten (Stichwort „Manchester-Kapitalismus“).

Soweit ich aber über die Situation bei Foxconn im Bilde bin, ist die Arbeit dort (für schweizerische Verhältnisse) zwar hart — oder etwas positiver: fordernd, aber nicht wirklich lebensbedrohlich — und wohl auch sehr monoton. Nicht dass man mich falsch versteht: Ich als Westler ohne handwerkliche Berufserfahrung würde dort wahrscheinlich knapp 2 Tage überleben und dann kollabieren. Da das Unternehmen zudem seit längerem im internationalen Blickpunkt steht, ist anzunehmen, dass man auf dem Festland China rasch Unternehmen fände, die deutlich schlimmere Arbeitsbedingungen aufweisen.

Oftmals geht aber vergessen, dass hinter den Suiziden noch andere Beweggründe als nur der enorme Druck am Arbeitsplatz steht: Meines Wissens zahlt das Unternehmen den Angehörigen eines Selbstmörders eine stattliche Entschädigungssumme aus. Genau dies könnte ein absurdes Lockmittel sein, das den Entschluss zum Selbstmord beschleunigt.

Falls es Leser gibt, die nun mit dem Kopf schütteln und die Argumentation als an den Haaren herbeigezogen empfinden: Als ich im März 2010 in Peking weilte, erzählte mir die deutsche Freundin meines Gastgebers, dass man in der chinesischen Hauptstadt begonnen habe, Autos, die ausländischen Bewohnern gehören, nicht mehr mit speziellen, von weitem gut erkennbaren Nummernschildern auszustatten. Der Grund: Immer wieder sei es vorgekommen, dass sich Chinesen aus prekären Lebensverhältnissen vor die Fahrzeuge der „reichen Westlern“ warfen, um dann grosse Entschädigungszahlungen für sich oder im schlimmsten Fall für ihre Hinterbliebenen zu erwirken …

Wie sagt man so schön: Andere Länder, andere Sitten.

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Montag, 31. Mai 2010

Fachsimpeln mit Swiss Flight-Attendants

Manchmal ist man gezwungen, das Gespräch zweiter Flight-Attendants unserer hiesigen internationalen Airline zu belauschen. Damit man nicht nur Bahnhof versteht, hier ein erster Anriss über deren Arbeitsplätze. Diese sind mit eindeutigen Nummern gekennzeichnet, die man in etwa so anwendet:

„Auf dem gestrigen Flug hatte ich die 3“

Kurzstrecke

(„Short Haul“)

  1. MC (fr. „Maitre de Cabine“)
  2. Business (vorne im Flieger)
  3. Economy (hinten im Flieger)
  4. Economy (hinten im Flieger

Langstrecke

(„Long Haul“)

  • First Class
    • 1l
    • 1r
  • Business Class
    • 1 (MC)
    • 2l
    • 2r
    • 3r
  • Economy Class
    • 3l
    • 4l
    • 4l
    • 4l

Dank: Mäschu

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Donnerstag, 20. Mai 2010

Zwei Foxconn-Monatslöhne für ein Abendessen

Foxconn workers only smile on the 10th of every month. That’s the day when they get their salaries. That day, the ATM machines inside the factory are crowded with workers. Their monthly salaries start at 900 Chinese Yuan—about $130.

Quelle: Undercover Report From Foxconn\’s Hell Factory – Foxconn – Gizmodo

Zum Vergleich: In Peking habe ich im „Le Petit Gourmand“ (geniales Interieur im Stile mit unzähligen authentisch gefüllten Büchergestellen) ein dreigängiges Abendessen inklusive Rotwein für 8 Personen bezahlt — und dabei 1’900 Yuan ausgegeben. Und somit umgerechnet zwei Monatslöhne eines Foxconn-Mitarbeiters liegen gelassen. Wahnsinn.

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Samstag, 3. April 2010

Wann sich pendeln nicht (mehr) lohnt

A commuter who travels one hour, one way, would have to make 40% more than his current salary to be as fully satisfied with his life as a noncommuter, say economists Bruno S. Frey and Alois Stutzer of the University of Zurich’s Institute for Empirical Research in Economics. People usually overestimate the value of the things they’ll obtain by commuting — more money, more material goods, more prestige — and underestimate the benefit of what they are losing: social connections, hobbies, and health. „Commuting is a stress that doesn’t pay off,“ says Stutzer.

Quelle: Extreme Commuting

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Freitag, 2. April 2010

Carsten Schloters Zukunftsvisionen

Am 23. März 2010 war ich am JobForum 2010 der Swisscom zugegen und kam nach einer Einführung der HR-Verwantwortlichen in den Genuss einer ca. 30-minütigen Rede von Carsten Schloter, CEO der Swisscom AG.

Der Chef des ehemaligen Monopolisten sprach mit gewohnt mitreissender Eloquenz, frei ohne jegliche Notizen. Im Grunde dürfte man das aber durchaus von einem CEO erwarten, welcher über das Kerngeschäft und dessen zukünftige Entwicklung philosophiert — wer in einem solchen Fall nicht sattelfest ist, muss sich fragen, ob er am richtigen Ort ist.

Dass sich der CEO eines 16’000 Mitarbeiter zählenden Unternehmens mit soviel Einsatz um potentielle Stellenbewerber kümmert sieht man definitiv nicht alle Tage. Die anwesenden Studienabgänger dankten es ihm mit vielen Fragen und einem grossen Applaus.

Als interessierter Geek und Blogger habe ich mir selbstverständlich meine Notizen zu seiner Rede gemacht und werde die wichtigsten von ihm angetönten Punkte nachfolgend knapp wiedergeben:

iPhone / iPad

Aus seiner Sicht hat das iPhone und das bald erscheinende iPad einen Paradigmenwechsel eingeläutet. Heute verwendet man noch die guten alten Browser, um auf Internetangebote zuzugreifen. Mit iPhone und iPad verlagert sich nun aber des Gewicht auf Applikationen. Diese böten zwar keinen so grossen Funktionsumfang und so vielfältige Möglichkeiten wie ein Browser an, aber sie vereinfachen den Zugang zu Informationen für den Endbenutzer.

Desweiteren sieht es Schloter als sehr wahrscheinlich, dass Apple in den nächsten 12-18 Monaten einen internettauglichen Fernseher auf den Markt bringen wird.

Von Push zu Pull

Wir erleben heute dank diesen Technologieprodukten auch den Wechsel hin von „Push“ (der Inhalteanbieter, bspw. das Fernsehen, „stossen“ die Informationen/Inhalte zum Endkunden) hin zu „Pull“ — die Endkunden suchen sich die gewünschten Informationen und ziehen sie zu sich hin. Konkret: Die Jugendlichen unterscheiden sich stark von ihren Eltern, weil sich die mit den neusten Technologien aufgewachsenen Nachkommen nicht mehr an ein Radio- oder Fernsehprogramm richten möchten, um ihre Unterhaltung zu konsumieren.

Informationsflut

In den letzten Jahren hat sich die Information, die von uns konsumiert wird, versechsfacht. Es gibt keine Gründe die dagegen sprechen, dass sich dies bis 2020 ein weiteres Mal wiederholt.

Mit ein Grund für diese Flut wird sein, dass sich die Bandbreiten auf 1 Gigabit/s für kabelgebundene Kommunikation und auf 1 Megabit/s für den Mobilfunk erhöhen werden.

Swisscom und die Konkurrenz

Stolz vekündete Schloter, dass 20 % der Cablecom-Kunden einen Wechsel zur Konkurrenz ins Auge fassten — bei der Swisscom-Kundschaft seien dies nur 2.5 %. Der Grund gemäss Schloter: Swisscom setzt konsequent auf guten Service, während andere Anbieter viel zu stark möglichst billige Produkte auf den Markt bringen.

Inhalteanbieter

Dank dem Internet werden alte Vertriebsketten überflüssig — die Inhalteanbieter seien bereits heute bestrebt, direkt mit dem Kunden in Kontakt zu treten und Zwischenstellen auszuschalten. Dies sei mit ein Grund, weshalb auch Swisscom vermehrt als Inhalteanbieter auftreten möchte.

Organisation

Der Top-Down-Ansatz habe bei der Swisscom ausgedient. Dies sei eine Organisationsstruktur die für die heutige Zeit nicht mehr einen effizienten Betrieb garantieren könne. Niemand könne prophezeien, wie der Markt in einigen Jahren aussieht — deshalb sei es sehr gefährlich, wenn sich das Unternehmen auf genau ein Szenario einschiesst. Viel mehr müsse man offen gegenüber Neuerungen sein und rasch auf Veränderungen reagieren.

Unternehmensethik

Die Swisscom könnte bereits heute erotische Inhalte vertreiben und ein Heidengeld machen — tue dies aber nicht, weil dies nicht mit der Unternehmensphilosophie vereinbar sei. Bei der Swisscom frage man sich täglich: „Was erwartet die Schweiz von uns?“ — und das würde man auch tun, wenn das Unternehmen zu 100 Prozent in Hand von Privaten wäre.

Swisscom als Arbeitgeber

Andere Unternehmen böten durchaus auch spannende Jobs an, doch bei der Swisscom müssen Investitionen nicht innert 3 oder 5 Jahren wieder hereingeholt sein. Dies führe zu einem geringeren Druck und erlaube, viel längerfristige Projekte in Angriff zu nehmen. Unternehmen, die solch einen kurzen Horizont verfolgten, sind von den Aktionären getrieben und dies führe dazu, dass sich die Arbeitnehmer über jegliche ethischen Werte hinwegsetzten.

Fazit

Mit Schloters Rede und den anschliessenen Gesprächen mit Swisscom-Angestellten hat sich mein Eindruck des bösen Monopolisten radikal geändert. Ich musste erkennen, dass neben dem marktbehindernden Verhalten ein Teil des Unternehmens durchaus auch fortschrittlich ist und die Zukunft mitgestalten will. Diese Unternehmensteile haben kaum mehr etwas mit dem verstaubten Kupferkabel-Monopolisten und den ehemaligen Postbeamten zu tun — insbesondere die Forschungsabteilung mit über 100 Köpfen, die ähnlich wie die Ingenieursbude und Platzhirsch Google an zukünftigen Technologien und Einsatzmöglichkeiten forscht. Diese „Swisscom 2.0“ besteht meiner Meinung nach aus sehr jungen, innovativen Köpfen. Ich hoffe, dass die Swisscom diese neue Unternehmenskultur weiterführt und vielleicht dereinst sogar so selbstbewusst ist, um sich komplett vom Monopolistenstatus und -gehabe zu entledigen. Hoffnung besteht!

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Mittwoch, 24. Februar 2010

Greggs Werbe-Desaster

Kurz vor dem Zu-Bett-Gehen durfte ich heute Morgen noch folgende Friede, Freude, Sonnenschein-Werbung über mich ergehen lassen:

Sagt dem Werbebüro, dass sie ihren Kunden völlig falsch beraten hat und wohl kaum jemand deren Marketing-Bullshit ernst nimmt.

Wieso? Erstens werden in dieser Industriebäckerei wohl kaum weisse Arbeiter aus der Mittelklasse angestellt sein, sondern Immigranten aus allen Herren Ländern. Zweitens lächeln und fliegen die Leute aus Glück über ihren ach so tollen, abwechslungsreichen Job niemals so durch die Gegend.

Sowohl das weltfremde Management der Bäckerei als auch die Werbefachleute sollten mal eine Woche in den Betrieb schuften gehen, um das „wahre Arbeitsleben“ der Fliessbandarbeiter verstehen zu können.

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Freitag, 19. Februar 2010

Arme, arme Wallstreet-Banker …

When challenged, they talk about how hard they work, the 90-hour weeks, the stress, the failed marriages, the hemorrhoids and gallstones they all get before they hit 40.

„But wait a minute,“ you say to them. „No one ever asked you to stay up all night eight days a week trying to get filthy rich shorting what’s left of the American auto industry or selling $600 billion in toxic, irredeemable mortgages to ex-strippers on work release and Taco Bell clerks. Actually, come to think of it, why are we even giving taxpayer money to you people? Why are we not throwing your ass in jail instead?“

Quelle: The Big Takeover : Rolling Stone

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Freitag, 19. Februar 2010

Wie werde ich Grossverdiener?

Drastisch formuliert, meint Dorothee Echter, renommierter Topmanagement-Coach: „Wer nur eine glückliche Kindheit hatte, aus dem wird nix.“ Wobei man auch reich und unglücklich sein darf, um später Erfolg zu haben. Denn bei den Überfliegerkarrieren stehe nicht selten ein solches „Trauma“ aus der Jugend Pate: Wer dann noch Intelligenz und Vitalität mitbringt, neutralisiert die verstörende Erfahrung durch eigenen Erfolg, anstatt daran zu zerbrechen – und startet durch.

[…] „Die eigenen Schwächen ausbügeln zu wollen ist wenig effektiv. Erfolg hat, wer seine Stärken ausbaut und sich Aufgaben sucht, die für ihn ein Heimspiel sind.“

Quelle: Traumgehälter: Große Verdienste – manager-magazin.de

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Mittwoch, 17. Februar 2010

Fehlen uns die Produzenten?

As much as we like to think of our culture as being entrepreneurial, the reality is 99% of our top talent doesn’t seriously contemplate starting companies. Colleges crank out tons of extremely smart and well-educated kids every year. The vast majority go into “administrative” careers that don’t really produce anything – law, banking and consulting. Most of the rest join big companies. As I’ve argued many times before, big companies (with a few notable exceptions) aren’t nearly as successful as startups at creating new products.

Quelle: Every time an engineer joins Google, a startup dies cdixon.org – chris dixon’s blog

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Mittwoch, 10. Februar 2010

Wer den Alltag in den USA am Laufen hält

In this area, the Latinos seem to do all the housework, the roadwork, gardening, landscaping and much of the construction. They truck, they bus, they tote and lift. They’re everywhere. They don’t seem to mind hard work. And they are enterprising – like real Americans! This weekend, they hustled. And each one of them probably made $500 to $1,000. In cash.

Quelle: Here Comes More Snow!

Ähnliches in New Orleans: Meine Taxi-Fahrer vom und zum Flughafen waren schwarz. Die Dame des privaten Sicherheitsdienstes, die den Eingang „Gated Skyscraper“ mit dem Appartment meines Kollegen bewachte: Schwarz. Die Mehrheit der Polizisten: Schwarz. Die zwei Damen im Kentucky Fried Chicken — schwarz. Und die jüngere der beiden zudem noch hocherfreut darüber, wie ich „Macaroni“ aussprach. Der Fahrer des Trams: Schwarz.

Ja, sogar während der einen Parade, die ich während ca. 20 Minuten beobachtete, waren die Cheerleaders und Musikanten schwarz. Zwischen den zwei Schulen, die an mir vorbeimarschierten, dann eine Vierergruppe weisser Cheerleader, die sich irgendwie in den Umzug geschmuggelt hatten. Diesen Eindruck machte es jedenfalls.

Anders hingegen in den etwas gehoberen Restaurants im French Quarter. Dort wurden wir mehrheitlich von jungen, weissen Amerikanern bedient. Das war schade, denn ich mag diesen extremen Südstaatenakzent, den die Schwarze Mehrheit in New Orleans von Generation zu Generation weitergibt.

Die Mehrheit der Saints setzt sich aus schwarzen Spielern zusammen — der Quarterback Drew Brees (offensichtlich der wichtigste Spieler eines Teams, was mir aber während dem Superbowl nicht wirklich auffiel) ist aber ein Weisser. Ah, und in einem in Barnes & Nobles integrierten Starbucks wurde ich auch von einer Weissen bedient. Und auf den vier Flügen (ZRH–IAD, IAD–MSY, MSY–IAD, IAD–ZRH) zählte ich nur gerade eine schwarze Flight Attendant. Der Rest war weisser Hautfarbe. Immerhin war das Video mit den Sicherheitsinstruktionen beim Hinflug politisch korrekt: Ein schwarzer, ein weisser und ein asiatischer Sprecher.

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