Seit einigen Tagen liegt das PDF von Dr. Wolfgang Gründingers Artikel „‚Aber China!‘ – Kann Deutschland allein die Welt retten?“ auf meinem Desktop, zwecks späterer Lektüre.
Jetzt habe ich den Artikel gelesen — und bin enttäuscht.
Meiner Meinung nach ist die Grundaussage des Artikels durchaus korrekt (weshalb ich den Artikel auch zur Lektüre gesichert habe): Durch die Deindustrialisierung Europas haben wir viel unseres CO2-Ausstosses ausgelagert. Zählt man nur das im Inland ausgestossene CO2, schneiden wir besser ab, als wir es tatsächlich sind: Denn wir importieren auf Grund unseres Wohlstands Unmengen an Waren aus Übersee, die in unserer CO2-Bilanz fehlen (wobei ich jetzt gerade unsicher werde — oder wird dieses CO2 auch einberechnet und ausgewiesen?).
Den Artikel finde ich aber trotzdem nicht schlüssig geschrieben, und bei folgenden beiden Passagen musste ich zuerst stocken, und dann laut herauslachen (Hervorhebung von mir):
Die rechtsextreme Schweizer Zeitung “Weltwoche” schrieb: “Die Schweiz hat seit 1850 nicht einmal 0,002 Grad zur globalen Erwärmung beigetragen.” Daher müsse die Schweiz also gar nichts für den Klimaschutz tun.
Heute gilt irgendwie alles rechts von links gleich als „rechtsextrem“.
Mit dieser Logik bräuchte dann auch kein Schweizer Bürger mehr Steuern zahlen, da dessen Steuern ohnehin nur 0,002% zum Steueraufkommen beitragen.
Die Aussage ist nicht ganz klar, aber ich gehe davon aus, dass Gründinger unseren Anteil am weltweite Steuereinkommen berechnet hat. Ein unbrauchbarer Vergleich. Korrekterweise müsste man das Steueraufkommen den Staatsausgaben gegenüberstellen, aber dann wäre der intelligent klingende Passus im Eimer: Klima ist global, Steuern sind innerhalb politischer Grenzen zu entrichten, und werden dann (mehrheitlich) innerhalb dieser politischen Grenzen zum Wohle aller (einiger?) Bewohner eingesetzt. Nur weil ich hier in der Schweiz „weniger“ Steuern bezahle, muss jemand in China zum Ausgleich ja nicht mehr Steuern bezahlen, noch „leidet“ die Lokalbevölkerung dort je nachdem stärker oder schwächer, wie hoch mein Obulus an den Staat ist.
Die Kernaussage „Wir müssen etwas Tun, egal wie viel es effektiv nützt, bitte kein Widerspruch, die Sache ist zu wichtig“ gefällt mir ganz und gar nicht. Die Kernaussage meines Artikels in dieser Stossrichtung würde auf Marktwirtschaft basieren: „Wo, das heisst in welchem Land und/oder in welcher Industrie, kann ich mit einem Schweizer Franken am meisten CO2-Reduktion herausholen?“. Das müsste das Leitprinzip sein.
Nachtrag
Dr. Wolfgang Gründinger ist Chief Evangelist beim Greentech-Unicorn Enpal. […]
In seiner Doktorarbeit befasste er sich mit dem Einfluss von Interessengruppen in der Energiewende. Zuvor studierte er Politik- und Sozialwissenschaften in Regensburg, Berlin und Santa Cruz (Kalifornien) und absolvierte die Internet Leadership Academy der Oxford University.
Oh.