Donnerstag, 13. Dezember 2007
So wirbt die gleichnamige Gruppe auf Facebook für ihr Anliegen. Christoph Blocher lächelt den Besuchern auf einem am Seitenkopf angebrachten Foto entgegen – auf den ersten Blick erkennt man, dass es sich um ein Foto eines deutlich jüngeren, fitteren Blochers handelt, als wir ihn diese Woche gesehen haben.
Kommentare zu einigen Aussagen
Wahlmodalitäten des Schweizerischen Bundesrats
Eveline Widmer-Schlumpf, eine von der SVP NICHT VORGESCHLAGENE Regierungsrätin der SVP aus dem Kanton Graubünden wurde vom Parlament mit 125 Stimmen (absolutes Mehr bei 122 Stimmen) vor Christoph Blocher 115 Stimmen gewählt.
Dass von der zuständigen Partei nicht vorgeschlagene Personen gewählt werden, ist nun also wirklich überhaupt nichts neues – als SPler erinnere ich mich spontan an die (Nicht-)Wahl Christiane Brunners.
Heuer hingegen erst zum zweiten Mal vorgekommen ist die Abwahl eines bestehenden Bundesrates. Dies kann aber kaum verboten sein, wenn es die SVP (mit Hilfe der FDP) bereits vor vier Jahren vorgemacht hat.
Unvernünftige Blocher-Abwähler
Der überwältigende Andrang (bereits sind es 150 Mitglieder) auf meine heute Mittag erst erstellte Gruppe freut mich ungemein. Er zeigt mir, dass ausserhalb des Schweizerischen Parlaments – namentlich innerhalb der „Facebook-Generation“, welche die Zukunft darstellt – noch eine (absolute) Mehrheit an vernünftigen Menschen existiert.
Vernünftig ist also, wer dieser bestimmten Facebook-Gruppe beitritt? Nun gut, dann trete ich bei, obwohl ich Blocher nie mehr im Bundesrat sehen möchte.
Das mit der „absoluten“ Mehrheit verstehe ich nicht. Wenn wir davon ausgehen, dass sich auf Facebook 100’000 Schweizer tummeln, sind 259 Nasen nicht annähernd ein Prozent der Gesamtmenge.
Keiner wie Blocher
Nun folgt eine Lobeshymne, ab der man sich fragt, wie das Land die ersten 155 Jahre seines Bestehens ohne Bundesrat Blocher überleben konnte:
Einen Bundesrat abzuwählen, der es als Erster verstanden hat, Ordnung in ein chaotisches System in Bern zu bringen, […]
[…] der die Ausgaben in seinem Parlament um jährlich 250 Mio. CHF senkte, […]
Soweit kommt es noch, dass wir Blocher gar ein eigenes Parlament zur Verfügung stellen. Der Schreiberling meinte wohl „Departement“.
[…] welcher in seinem Departement bereits nach einer einzigen Legislaturperiode einen enormen Leistungsausweis (vorallem im Bereich Bekämpfung von Asylmissbrauch)
Ich kenne mich mit der Materie nicht besonders gut aus, aber meines Wissens hat Metzler die Vorarbeit gemacht, Blocher musste die Vorlage „nur“ noch vor dem Parlament vertreten und vor das Volk bringen …
Wird heute weniger „Asylmissbrauch“ betrieben? Wie misst man so etwas? Falls es rein nur um die Zahl der Asylbewerber geht, hat der Rückgang weniger mit Blocher als mit den Massnahmen seiner Vorgängerin, Ruth Metzler, zu tun.
[…] ein solcher Bundesrat gehört NICHT abgewählt. Schon gar nicht, wenn er innerhalb des Volkes derart gut verankert ist, wie es diese Gruppe demonstriert.
259 Nasen demonstrieren die „gute Verankerung“ Blochers? Bon …
Da fehlt jedem vernünftigen Menschen schlicht das Verständnis dafür.
Mir nicht. Aber ich bin ja auch kein vernünftiger Mensch.
Denn trotz allem können wir stolz sein darauf, was dieser Mann für die Schweiz geleistet hat und auch in Zukunft leisten wird.
Hail to the king! Messias, erlöse uns!
Nichtsnutz Leuenberger darf bleiben
(Leuenberger tritt heuer seine vierte Amtsperiode an und das einzige, was mir von ihm geblieben ist, ist sein fatales Verhalten beim Grounding der nationalen Airline…)
Was hat Leuenberger mit dem Grounding zu tun? Ich habe viele Vorwürfe gehört (Anflüge über Deutschland, immer teurer werdende und sich verzögernde NEAT – aber Grounding?!) Lesen wir bei Gesinnungsgenossen nach:
Das unter Moritz Leuenbergers Verantwortung stehende Bundesamt für Zivilluftfahrt nahm seine Aufsichtspflicht gegenüber der Swissair nicht wahr, was ein Grounding der gesamten Flotte und schliesslich den Konkurs der Gruppe zur Folge hatte.
Quelle: Moritz Leuenberger – ein Sicherheitsrisiko und ein Fall für die GPK
Primär einmal wurde die Swissair auf Grund unfähiger CEOs und Verwaltungsrätte in den Tod geritten. Aber schön, dass hier mehr Staat, weniger Eigenverantwortung besser gewesen wäre. Was aber ist mit Finanzminister Villiger? Der Swissair fehlte es im Herbst 2001 hautpsächlich an Geld, nicht an „Aufsicht durch die Behörden“.
Was Leuenberger konkret angelastet wird, weiss ich nicht. Eine mögliche Spur:
Im weiteren Prozessverlauf äussern sich auch Mario Corti und Eric Honegger. Einmal mehr wird die Mitverantwortung der Banken thematisiert. Sowohl Corti wie Honegger werfen zudem Bundesrat Moritz Leuenberger (Verkehrsminister) und Alt Bundesrat Joseph Deiss (damaliger Wirtschaftsminister) vor, Druck auf die Swissair-Führung ausgeübt zu haben. Es geht um Zahlungen an die serbelnde belgische Fluggesellschaft Sabena, die im Rahmen der Hunter-Strategie gekauft worden war und mit massiven Verlusten die Finanzlage des Swissair-Konzerns stark belastete. Die Bundesräte hätten interveniert, man dürfe Belgien nicht verärgern, um die Verhandlungen für die bilateralen Verträge mit der EU nicht zu gefährden. Das Gericht lädt daraufhin die beiden Bundesräte als Zeugen vor. Diese geben zu, mit den Swissair-Verantwortlichen über die Thematik gesprochen zu haben, bestreiten aber, Druck ausgeübt zu haben.
Quelle: Das Swissair-Debakel
Kultur der Niederlage
Nachdem ich die Wall meiner Gruppe nun von etlichen, undifferenzierten Statements, welche mit der Politik der SVP und Christoph Blochers nichts zu tun haben, befreit habe,
Freie Meinungsäusserungsfreiheit wird in dieser Gruppe nicht geduldet. Die Meinungsäusserungsfreiheit steht nur denjenigen Personen zu, die die richtige Meinung haben. Nämlich.
Vorallem diejenigen Mitglieder der Gruppe, denen wirklich etwas an der Zukunft unseres Landes und der Schweizerischen Volkspartei liegt, dürfen sich nicht derart leicht provozieren lassen, sondern müssen auch in dieser Situation zwingend versuchen, sachlich zu bleiben.
Es gilt das Faustrecht! Viele SVP-nahe Zeitgenossen können Niederlagen einfach nicht verkraften, verlieren die Contenance und werden unflätig. Am Ende nützt nur noch das Schweizer Sackmesser – das wusste schon Gerhard Blocher.
Diese Rede wird in die Geschichte eingehen, genau wie die Worte „Wir sehen uns bei Filippi wieder“ nach einer früheren „Niederlage“ der SVP in die Geschichte eingingen.
Sicher nicht in von Linken und Netten verfasste Geschichtsbücher, die von Linken und Netten Lehrern für den Unterricht benutzt werden.
Niederlagen wie diese machen uns stärker. Dies gilt für die SVP mehr denn für jede andere Partei dieses Landes.
Märtyrer.
Zum einen erscheint heute – wie jeden Donnerstag – DIE WELTWOCHE, welche die Geschehnisse dieser Wahl auf ihre Weise differenziert kommentieren wird.
Parteiblatt. Kollege Smythe prognostiziert der Weltwoche eine Steigerung der Auflagenzahlen, da dies das einzig verbleibende Oppositionsmedium darstellt.
Tages-Anzeiger (grundsätzlich schlechte Berichterstattung, es erstaunt daher auch nicht, dass der nun folgende Kommentar von Roger Köppel, Verleger und Chefredaktor der „Weltwoche“ stammt):
Von Linken infiltriertes Medium halt. Klöppel durfte einen Kommentar im Tagi veröffentlichen?! In der Tat schlechte Berichterstattung, wenn nicht mal die hauseigenen Redaktoren Kommentare verfassen.
Konkrete Handlungsmöglichkeiten für Anhänger Blochers
Wir leben in einer direkten Demokratie, weshalb dem Stimmbürger einige Möglichkeiten offen stehen:
- Initiative „Bundesratswahl durch das Volk“. Mit der Sammlung der 100’000 Unterschriften kann sofort begonnen werden. Die Anpassung der Verfassung erlaubt es nach Annahme durch das Stimmvolk, dass alle Bundesräte zwingend vom Volk gewählt werden müssen. In der Schweiz wurde 1942 bereits einmal über dieses Vorhaben abgestimmt. (Gemäss Politologe Rickenbacher werden wir wohl bald die vierte solche Abstimmung erleben dürfen) Das Anliegen scheiterte damals – eventuell unter gehörigem Eindruck der Nationalsozialistischen Diktatur?
- Nationalratswahlen 2011. Die SVP verdoppelt ihre Sitzzahl, erreicht so das absolute Mehr und kann ihre Bundesräte künftig ohne Hilfe von FDP oder CVP wählen. Wenn sie die Sitze nicht erreicht, muss sie damit leben, dass ihre bestehenden Bundesräte und Kandidaten auch in Zukunft nicht wiedergewählt werden könnten.
- Putsch. Da jeder Schweizer Soldat eine Armeewaffe zu Hause hat, kann auch mit roher Waffengewalt reagiert werden. Entweder kann man damit Jagd auf Linke und CVPler machen, im Bundeshaus Amok laufen (Tipp: vom Rednerpult ausgesehen gegen links zielen, sonst erwischt man die eigenen Leute) oder gleich so einen richtig grossen, überaus blutigen Militärputsch anzetteln, der Blocher wieder als Bundesrat installiert (die anderen sechs brauchen wir ja eh nicht, da unnütz, link und nett).
- Auswandern. Die einfachste Lösung – sich in einer Nacht-Und-Nebel-Aktion davon stehlen.