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Sonntag, 24. April 2022

Die Welt sollte sich auf einen Versorgungsschock mit Grundnahrungsmitteln gefasst machen …

Für mich und die meisten hier ist Essen „einfach da“ — Brot und Milch kaufe ich im Coop, oder in der MIGROS, und seit Gedenken stand ich noch nie einem leeren Regal (ausser beim Änngelibeck in Bern, kurz vor Ladenschluss).

Im Gegensatz zu meinen Grosseltern und Eltern kenne ich keinen einzigen Preis für Grundnahrungsmittel und weiss deshalb auch nicht, wenn der Preis für Brot oder Milch aufschlägt (aus welchen Gründen auch immer).

Folgendes Gespräch hat mich wachgerüttelt — so wüst die humanitäre Katastrophe in der Ukraine selber aktuell ist, tun wir gut daran, wenn wir uns jetzt schon auf einen weltweiten Versorgungsschock an Grundnahrungsmitteln einstellen, welcher uns mindestens dieses wie auch nächstes Jahr begleiten wird:

Wenn wir reichen Schweizer Glück haben, bedeutet das für uns „nur“, dass wir in den nächsten ein-zwei Jahren mehr für Nahrung bezahlen müssen. Nicht schön, aber ertragbar, indem wir andere, aber nicht zwingende Ausgaben reduzieren. Ärmere Länder, die bereits jetzt immer knapp durchgekommen sind, wird es aber deutlich härter treffen. Resultate könnten Hungersnöte mit vielen Toten sein, aber auch Aufstände, und damit verbunden Massenmigration.

Viele hier hoffen auf einen „Regime-Change“ in Moskau, doch vermutlich werden wir zuerst Regime-Changes in anderen Ländern sehen.

Wieso diese Schwarzmalerei? Das Video erklärt es sehr gut: Die Ukraine und Russland gehören zu den grössten Nahrungsmittelproduzenten und -exporteuren der Welt. Der Wegfall von zehn Prozent bis zu einem Drittel der weltweiten Produktionsleistung kann am Planeten schlicht nicht spurlos vorüber gehen.

Der Krieg führt einerseits dazu, dass Sonnenblumen, Weizen, Gerste und Mais in der Ukraine entweder nicht angebaut werden, oder die Felder im Sommer/Herbst nicht geerntet werden können. Landwirtschaft ist ein zeitkritisches Geschäft, wo man mit der Anpflanzung oder der Ernte nicht beliebig zuwarten kann.

Andererseits wird sich wohl das mit Sanktionen belegte Russland zwei Mal überlegen, in welche Länder es seine eigene Nahrungsmittelproduktion liefert — falls es die Produkte nicht gleich mit einem Ausfuhrverbot belegt.

Zur kritischen Lage trägt indirekt auch Treibstoffmangel bei. Der ukrainische Grosslandwirt erklärt im Video, dass beispielsweise Diesel für die Traktoren entweder von der ukrainischen Armee konfisziert, oder aber vernichtet wurde, damit es den Russen nicht in die Hände fällt.

Weiter vermute ich (ohne Verifizierung!) auch andere Einflüsse: Maschinerie und Transportmittel fehlen dort wo sie eigentlich gebraucht werden, weil sie in Sicherheit gebracht wurden (Landwirtschaftsmaschinerie kostet unglaublich viel Geld), für anderes als Landwirtschaft eingesetzt werden (Abtransport russischer Panzer), oder sie könnten auch in Kämpfen zerstört oder beschädigt worden sein. Selbst wenn die Kriegshandlungen eingestellt werden, ist die Frage, ob und wie rasch man Ersatzteile für Reparaturen bekommen wird. Und: Ohne Maschinerie kann man keine industrielle Landwirtschaft betreiben — egal, wie viele Hände man als Ersatz aufbieten würde.

Schlussendlich erwähnt der Landwirt auch noch verminte Felder, und ich kann mir vorstellen, dass die Überfahrt von Panzern und sonstigem schweren Gerät über Felder nicht gut ist für den Untergrund. Oder wenn verlassenes oder zerstörtes Armeematerial wie Panzer und Haubitzen auf den Feldern liegenbleibt, welches dann erst geräumt werden muss (nicht ganz trivial, wenn noch scharfe Munition rumliegen sollte).

Dasselbe mit Getreidelagern mit der Ernte von 2020, sowie Saatgut: Im schlimmsten Kampfhandlungen zerstört, oder die Ware aus welchen Gründen auch immer verdorben, oder konfisziert und abtransportiert. Der Landwirt erwähnt sein eigenes Maislager im Kriegsgebiet, und dass er nicht wisse, wie es dem dort lagernden Mais ergeht. Ich denke etwas von 300’000 Tonnen gelagertem Mais gehört zu haben (eine fantastische Zahl, die man noch verifizieren müsste — tatsächlich: bei 17 Minuten und 30 Sekunden spricht der Landwirt die Zahl aus). Zur Einschätzung: die Ukraine hat 2020/21 ungefähr 29 Millionen Tonnen produziert.

Weiter man muss sich auch bewusst sein, dass sowohl (künstlicher) Dünger als auch Pestizide aus fossilen Brennstoffen (Gas) hergestellt werden — und einer der grössten Gas-Produzenten führt derzeit eine „Spezialoperation“ in der Ukraine durch.

Einschub: Wie sich das bei mir anekdotisch bemerkbar macht? Im Februar 2013 habe ich meinen zweiten Aktienkauf in meinem Leben getätigt, mit ganz, ganz wenig Spielgeld. Ich habe mir damals auf Grund eines Blog-Artikels Potash-Aktien gekauft (ein Kanadisches Unternehmen, welches „Pottasche“ abbaut, sprich das „Kaliumkarbonat“ im NPK-Düngertriumvirat). Der Aktienpreis stürzte in der Folge ab, aber ich entschied mich, die wenigen Aktien zu halten. Das Unternehmen wurde irgendwann einmal von Nutrien aufgekauft, und ich erhielt dafür Nutrien-Aktien. Und jetzt endlich, 9 Jahre später, bin ich so nah wie noch nie am Break Even: Meine Aktien dümpeln „nur“ noch 11.92 Prozent unter dem Einstandspreis, nachdem sie seit Februar 2022 (war da was?) eine unglaubliche Rally hingelegt haben.

Wieso ein ITler sich um solche Dinge kümmert? Der Titel meines Lizentiats lautete Die Missernte 1916/17 in der Schweiz. «Wenn nur der Wettergott bald ein Einsehen hätte» (Download als PDF hier).

Und da wären wir auch schon im letzten Punkt: Auch die Ungläubigsten unter uns sollten ab und zu beten, dass die Landwirte dieses Jahr nicht auch noch von schlechtem Wetter oder Witterung getroffen werden. Sonst nähern wir uns einem perfekten Sturm.

Zum Schluss: Cui Bono? Neben der Fracking-Industrie und den Waffenproduzenten wird dieser Konflikt auch sehr positive Ertragsauswirkungen auf die U.S.-Landwirtschaft haben.

Nachtrag

Die Witterung scheint uns nicht gut gesinnt:

Südasien wird derzeit von einer aussergewöhnlichen Hitzewelle heimgesucht. Sie bedroht die Ernten vieler Bauern. Indien ist der zweitgrösste Weizenproduzent der Welt. Die durch den Ukraine-Krieg angespannte Situation auf den Agrarmärkten dürfte sich damit noch verschärfen.

Quelle: Weizenproduktion: Hitzewelle in Indien verschärft weltweite Versorgungslage

Nachtrag 2

Wie bereits vom ukrainischen Landwirten angetönt und von uns allen befürchtet, haben die Kriegsparteien in der Ukraine offenbar landwirtschaftliche Felder (oder: Zugangswege dazu) vermint:

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Donnerstag, 21. April 2022

Mir tun Republik-Leser leid: Kritik an „Russisches Kriegsschiff, fick dich!“

Gestern schwemmte irgendein Tweet den Republik-Artikel Russisches Kriegsschiff, fick dich! in eine meiner Twitter-Bubbles.

Wie üblich erstellte ich aus dem Artikel ein PDF und legte es für eine spätere Lektüre auf meinem Desktop ab.

Als ich die Zeit gefunden hatte, mich dem Artikel zu widmen, staunte ich nicht schlecht: 33 Seiten. Holla die Waldfee!

Erkenntnisse nach der Lektüre:

  • Die Illustration von „Hefner“ ist das beste am ganzen Artikel
  • Dem Artikel selber fehlt meiner Meinung nach der rote Faden. Viele Male fragte ich mich: Auf was genau will der Autor Constantin Seibt nun konkret hinaus?
  • Es scheint, als hätte der Autor in etwa so alle Narrative zusammenkopiert, die seit dem 24. Februar 2022 im Internet rumgeistern
  • Was mir geblieben ist: Jeder Schweizer muss sich jetzt explizit und unmissverständlich zwischen zwei Seiten entscheiden. Damit die Entscheidung einfacher fällt: Bei der einen Seite handelt es sich um Faschismus. Und somit ist der Fall klar, aber eigentlich hat man somit auch gar keine Wahl.

Schlussfazit: Falls das Ziel daraus bestand, primär einfach einen extrem langen Artikel zu verfassen, wurde das Ziel mit Bestnote erreicht.

Falls das die Hauptvorgabe bei der Republik ist, tun mir die Abonnenten und Leser wirklich leid.

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Mittwoch, 20. April 2022

Russische Phantomarmee kurz vor der Einnahme Mariupols?

Am 5. März 2022 behauptete der Militärexperte Michael Kofmann, dass die russische Invasionsarmee in „drei bis vier Wochen kampfunfähig“ sein werde. Der US-General Ben Hodges prognostizierte den Zusammenbruch der russischen Armee am 20. März innerhalb einer Woche. Siehe meinen früheren Blog-Artikel.

Irgendwas ist bei diesen Prognosen schief gegangen, denn mittlerweile läuft die russische Offensive in der Ostukraine an, und die strategisch wichtige Stadt Mariupol scheint kurz vor dem Fall zu stehen: «Feind ist uns 10:1 überlegen»: Mariupol-Truppen bitten verzweifelt um Evakuierung in Drittstaat.

Dies obwohl der Schaden für die Angreifer gemäss westlichen Medien massiv zu sein scheint: Zehntausende tote Soldaten, ein Vielfaches davon Verletzte, schier unglaubliche Verluste von Material aller Art (Helikopter, Panzer und gepanzerte Fahrzeuge, Artillerie, sonstige Transportfahrzeuge usw. usf.). Und natürlich als besondere Trophäe für den Gegner das versenkte russische Flaggschiff der Schwarzmeerflotte, die Moskau — gemäss Russland nach einer Munitionsexplosion in einem Sturm versunken, gemäss der Ukraine mit zwei gezielt platzierten Neptun-Raketen versenkt. Ein Photo und ein Video davon.

Hinzu komme, dass Russland alle seine neuartigen Raketen verschossen habe, von welchen wegen den Sanktionen des Westens (Chips etc.) kein Nachschub mehr produziert werden kann. Ich hätte fast von „Wunderwaffen“ gesprochen, aber das Wort ist geschichtlich vorbelastet …

Während die Ukraine gefühlt täglich berichtet, wie viele russische Soldaten seit dem Vortag getötet und verletzt wurden, und wie viel zusätzliches russisches Material gekapert oder vernichtet wurde, hört man hier im Westen kaum solche Meldungen seitens Russland. Immerhin: Vor einigen Tagen gab es eine Meldung des russischen Verteidigungsministeriums, dass es auf Seiten der Ukraine 23’367 „irretrievable losses“ gegeben hätte (Angehörige der ukrainischen Armee, der National Guard sowie Söldner).

Fantastisch anmutend, dass es jemand wagt, solche Zahlen nicht in Tausenderschritten angenähert anzugeben, sondern auf den einer genau. Wird hier Präzision vorgetäuscht, wo gar keine sein kann?

Ich weiss nicht, wem mehr zu glauben ist, bin aber grundsätzlich äusserst skeptisch gegenüber jeder Aussage beider Kriegsparteien.

Ich habe weiterhin Aussagen Mearsheimers, Macgregors und Varoufakis im Hinterkopf: Sie sagten die Verwüstung des Landes voraus, und die Vernichtung der ukrainischen Armee (Paraphrasiert: „keine Chance“).

Aus dem Siegeschor für die Ukrainische Armee der letzten Wochen in den westlichen Medien stach Varoufakis heraus, weil er der Ukraine völlig gegenläufig zu diesen Stimmen Friedensverhandlungen empfahl.

Doch: Wieso Verhandlungen, wenn der Gegner kurz vor der Kampfunfähigkeit steht, und somit der Sieg und die Vertreibung des Angreifers in greifbarer Nähe? Was genau hat Varoufakis nicht verstanden?

Vielleicht werden wir wirklich gerade Zeuge des letzten Aufbäumens der russischen Truppen, bevor sie endgültig untergehen. Und Lawrow zu Selensky reist, um die bedingungslose Kapitulation anzubieten.

Das ungefähr in „drei bis vier Wochen“. Nur sind sich die „Experten“ noch nicht sicher, ab wann diese 30 Tage effektiv zu zählen beginnen …

Oder aber der Krieg wird weder in wenigen Wochen vorbei sein (als Referenz: Der zweite Tschetschenien-Krieg unter Putin dauerte von August 1999 bis April 2000, acht Monate — in Fall hier also bis ungefähr Oktober 2022), noch wird ein klarer Sieger vom Feld gehen.

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Dienstag, 19. April 2022

Heutiger Faktencheck: Video der Explosion der Moskau?

Heute geht es um den russischen Kreuzer Moskau (andere Schreibweise: Moskwa, Moskva, oder kyrillisch Москва).

Ein Benutzer namens evgeniy_suvorov hat auf TikTok dieses Video gepostet und schreibt:

#зсу🇺🇦 #сила #рускийкорабльидинаху #славаукраїні #перемогазанами💙💛💪 #крейслермосква

Übersetzt:

zsu 🇺🇦 force russian ships ship glory of ukraine victories 💙💛💪 cruiser moscow

ZSU bedeutet übrigens Збройні сили України (lateinisch: Zbroini syly Ukrainy), sprich es handelt sich um die Abkürzung der ukrainischen Armee.

Leider handelt es sich um Fake News: Das Video zeigt den Beschuss eines ausgemusterten Schiffs in einer Übung der Norwegischen Marine im Jahre 2013: Fact Check: 2013 video of Norwegian test-fire floated as destruction of Russian warship Moskva.

Auf YouTube findet sich das Video des norwegischen Raketenbeschusses in hochauflösender Form:

Es gibt aber offenbar wirklich mindestens ein Photo der sinkenden Moskau, sowie ein ganz kurzes Video: Footage appearing to show damaged Russian warship Moskva emerges – video

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Montag, 4. April 2022

Butscha: Ein wichtiges Indiz

Ich traue in kriegerischen Zeiten grundsätzlich keinen Medienmeldungen mehr. Seien es die Russen, die Ukrainer, aber auch die Amerikaner, Chinesen, und natürlich auch Westeuropäer: Jeder und jede haben in diesem Konflikt Eigeninteressen und schrecken nicht davor zurück, Meldungen so hinzubiegen, dass sie ihre Ziele unterstützen.

Für uns Normalbürger ist es gleichzeitig schlicht unmöglich, die Sachlage selber zu überprüfen.

Ein wichtiges Indiz veröffentlich nun aber die New York Times: Satellite images show bodies lay in Bucha for weeks, despite Russian claims.

Ich bin mir nicht sicher, wie viele Leute das wissen: Es gibt seit einigen Jahren Unternehmen, die Satellitenflotten ins All geschossen haben, welche die Erde regelmässig abfotografieren. Die aufbereiteten Bilddaten werden danach an Kunden verkauft, welche mit der engen zeitlichen Auflösung etwas anfangen können — beispielsweise die Landwirtschaft. Ein solcher Anbieter ist das Unternehmen Planet.

Die New York Times hat Bilddaten von Maxar eingekauft. Ein genialer Einfall des Blatts. Und siehe da: Leichen tauchen auf den Satellitenbildern zwischen dem 9. und 11. März, sowie für eine andere Stelle dem 20. und 21. März auf.

Zu dem Zeitpunkt war die Stadt von russischen Truppen besetzt. Ein wichtiges Indiz und Puzzlestück, welches auf die Täter hindeutet.

Übrigens: Es ist überfällig, dass neutrale ausländische Spezialisten umgehend nach Butscha reisen, sich dort installieren und sofort mit der Beweissicherung beginnen. Alles muss minutiös aufgezeichnet werden. Das darf man schlicht keiner Kriegspartei überlassen.

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Montag, 4. April 2022

Habecks Glanzstunde: Deutschland kann froh sein, haben sie (zumindest) ihn

Soeben habe ich die ersten 40 der insgesamt 80 Minuten der ZDF-Sendung Markus Lanz vom Freitag, 31. März 2022, geschaut:

Wirtschaftsminister bei „Lanz“ – Habeck: Nicht mit Wohlstand des Landes zocken.

Was habe ich mir in den letzten Jahren ab den Meldungen zu den grünen Energiewende-Traumtänzern und Fridays for Future an den Kopf gelangt.

Den grünen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck schliesse ich seit wenigen Minuten explizit von diesem Klüngel aus.

War der schon immer so, oder ist er seit dem 24. Februar 2022 förmlich über sich herausgewachsen? Mir kommt spontan jedenfalls nur das Video in den Sinn, in welchem Annalena Baerbock sich mit Völkerrecht (ohne Abschl … ach, lassen wir das) brüstet, und Habeck als Bauern („Hühner, Schweine, Kühe melken“) abkanzelt (Ein Kommentar dazu drüben bei Tichy).

Wobei, da sass er einfach, schmunzelte, und als hätte er gewusst, was noch kommen würde, lancierte er keinen Konter.

Und tatsächlich, so schnell kann es gehen: Deutschland hat mit ihm wortwörtlich „Schwein“ gehabt. Habeck ist nicht nur der Star dieses Freitag-Abends, er ist ganz allgemein der richtige Mann zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Ich helfe wetten: In einigen Jahren wird sein Auftritt in dieser Sendung ein wichtiges Zeitzeugnis darstellen.

Fantastisch beispielsweise, wie er die Volkswirtschafter mit ihren Modellen und Prognosen an die Wand argumentiert. Einen möglichen kompletten Stop von russischem Gas hätte es in der Geschichte des Landes noch nie gegeben, und deshalb kann man sich auch auf keine Erfahrungswerte stützen — jeder Prognose sei hier zu misstrauen.

Gesessen hat auch die Bemerkung, dass wir es nicht mit Makroökonomie zu tun haben, sondern zuerst und allemal mit Physik (schlägt in dieselbe Kerbe wie meine Blog-Beiträge „Energiewende: It’s simple Math“) — geblieben ist mir beispielsweise, dass man gar nicht mehr genügend Eisenbahntankwagons habe, um all das benötigte Öl (oder war es Gas?) im Land hin- und herzufahren.

Aus meinem Geschichtsstudium und meinem Lizentiat weiss ich, dass es aus irgendeinem Grund essentiell ist, das man in solchen sich abzeichnenden Versorgungskrisen, respektive in der puren Kriegswirtschaft, Leute mit landwirtschaftlichem Verständnis in den wichtigen leitenden, oder zumindest beratenden, Positionen hat. Für die Schweiz beispielsweise Ernst Laur im Ersten Weltkrieg.

Schlussfrage: Wenn wir Schweizer Deutschland Sommaruga anbieten würden, könnten wir sie bitte gegen Herrn Habeck eintauschen? Mir wäre mit Herrn Habeck deutlich wohler für die Zukunft unseres Landes.

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Sonntag, 3. April 2022

Interview mit ehemaligem Berater des russischen Präsidenten macht keine grosse Hoffnung

Das Interview lässt tief in die Seele und Gedankengänge der heutigen russischen Führung blicken … und macht leider nicht wirklich Mut.

Lassen wir es mal so hier stehen, und schauen uns die Sache in einem Jahr, in drei, fünf und zehn Jahren noch einmal an.

“Russia cannot afford to lose, so we need a kind of a victory”: Sergey Karaganov on what Putin wants

A former adviser to the Kremlin explains how Russia views the war in Ukraine, fears over Nato and China, and the fate of liberalism.

Quelle: “Russia cannot afford to lose, so we need a kind of a victory”: Sergey Karaganov on what Putin wants

Die wichtigsten Aussagen:

“But Russia cannot afford to “lose”, so we need a kind of a victory. And if there is a sense that we are losing the war, then I think there is a definite possibility of escalation. This war is a kind of proxy war between the West and the rest”

“some of Ukraine will become a friendly state to Russia, other parts may be partitioned. Poland will gladly take back some of parts in the west, maybe Romanians and Hungarians will, too, because the Hungarian minority in Ukraine has been suppressed along with other minorities.”

“I think the biggest loser will be Ukraine; a loser will be Russia; a great loser will be Europe; the United States will lose somewhat, but still it could very well survive as a huge island over the ocean; and the big victor is China.”

“Western civilisation has brought all of us great benefits, but now people like myself and others are questioning the moral foundation of Western civilisation.”

“democracy in its present form in most European countries will not survive, because under circumstances of great tension, democracies always wither away or become autocratic.”

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Sonntag, 3. April 2022

Kriegsverbrechen im ukrainischen Bucha?

Bucha scheint die englische Schreibweise zu sein, auf Deutsch schreibt man offenbar Butscha.

Seit gestern Samstag-Abend läuft Social Media über mit verstörenden Photos und Videos aus Bucha, einer ukrainischen Stadt mit 30’000 Einwohnern, nordwestlich ausserhalb von der Hauptstadt Kiev gelegen, offenbar gleich angrenzend an die Stadt Irpin.

Die russischen Truppen, die das Dorf bis vor kurzem besetzt hielten, haben sich offenbar zurückgezogen.

(ACHTUNG: Die folgenden Links zeigen verstörende Bilder und Videos von Toten) Menschen posten auf Social Media Bilder von getöteten Menschen in ziviler Kleidung, wobei bei mindestens einer Person sichtbar ist, dass deren Hände hinter dem Rücken gefesselt sind. Photos und Videos werden auf Twitter rege geteilt und von OSINT-Freiwilligen lokalisiert (gesamter Thread als Artikel).

Wieder ein Beispiel mehr für den Hyperrealen Krieg.

Nun ist Sonntag-Mittag, und langsam erreicht die Nachricht auch die Medien (bspw. The Guardian von heute Morgen); bei SRF und Blick finde ich mit einer kurzen Suche zum Stichwort „Bucha“ noch nichts aktuelles in Bezug auf die getötete Zivilisten.

Korrektur: Der Blick hat heute um 00:57 eine Meldung darüber gebracht: „Ukrainer beerdigen 260 Zivilisten in Massengrab in Butscha“ (Link auf den Newsfeed). Und kurz vor 13 Uhr dann einen eigenständigen Artikel: Dutzende Zivilisten in Vorort von Kiew getötet – offenbar von russischen Soldaten: Das Massaker von Butscha. SRF um 12:04 Uhr: Massive Vorwürfe an Russland nach Leichenfunden in Butscha, um 12:31 Uhr: EU-Ratspräsident Michel wirft Russland Massaker in Butscha bei Kiew vor und 15:06: Deutschland wirft Russland schwere Kriegsverbrechen in der Ukraine vor.

Sind wir gespannt, wie unsere Medien hier die Meldungen aufbereiten und insbesondere gemäss dem journalistischen Handwerk verifizieren werden.

Nachtrag: Glenn Greenwald, Journalist, weist auf die vorsichtige Berichterstattung der New York Times zum Thema hin:

Wikipedia ist bereits up-to-date und kennt seit heute Sonntag, 3. April 2022, 2 Uhr morgens, einen Artikel Bucha massacre („Bucha-Massaker“).

Dort liest man, das gemäss Angaben der ukrainischen Behörden über 400 Zivilisten getötet wurden. Unter anderem existiere ein Massengrab. Korrektur: Das Massengrab wurde von den Behörden ausgehoben, um die Toten zu beerdigen.

Ein Fall für die lokale Justiz (siehe Where and by whom can war crimes be prosecuted?), und vermutlich auch den Internationalen Strafgerichtshof — wobei man anmerken muss, dass Russland das sog. „Rom-Statut“ zwar unterzeichnet, aber nicht ratifiziert hat, und dies auch nicht mehr vor hat.

Damit ist Russland in guter Gesellschaft mit den „üblichen Verdächtigen“ — den USA, Israel sowie für mich etwas unerwartet Sudan. China und Indien haben das Statut gar nicht erst unterzeichnet. Sprich: Grossmächte (darunter Atomwaffenmächte), und die bevölkerungsreichsten Länder der Welt wollen nichts von einem internationalen Gerichtshof wissen. Wieso wohl?

Zur Kalibrierung, auf welche Zeitdauer wir uns für das Gerichtsverfahren einstellen müssen: ‘Butcher of Srebrenica’ still on trial 25 years after genocide.

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Donnerstag, 31. März 2022

Kritik an Messmers „Wir werden durchstarten – dank Putin“

Manfred Messmer heute in seinem Blog-Artikel:

[…] Dieses Mal geht es darum, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen ein für alle Mal auf Null zurückzufahren.

Putins Krieg hat den grössten energetischen Umbau der Geschichte angestossen.

[…] totalen Umbau der Gesellschaft.

[…] Wir haben die Ressourcen, wir haben das Geld, wir haben die Menschen, wir haben die Forschungseinrichtungen und wir haben darüber hinaus die Demokratie als entscheidenden Vorteil.

Quelle: Wir werden durchstarten – dank Putin

Von einer ähnlichen kommenden Zeitenwende hatte ich doch schon im Frühjahr 2020 gehört, als sich eine hochansteckende, unbekannte Krankheit aus Wuhan daran machte, die Welt zu erobern. Was blieb von den damals oft geäusserten Weltrevolutionsträumen übrig?

Zurück zum „energetischen Umbau“: Die Kommunisten in der Sowjetunion wollten den Neuen Menschen schaffen.

Jetzt bauen wir uns über Nacht den Neuen Westeuropäer. Die Ironie an dieser Geschichte, so sie denn eintritt: Der umweltfreundlichste (moderne) Mensch in der Geschichte der Menschheit — (indirekt) geschaffen von „Satan“ Putin, und seinen Vasallen. Wie kann so etwas Böses so etwas Gutes hervorbringen?

Ich habe grösste Bedenken: Eine „Energiewende“ läutet man nicht ein, indem fossile Energieträger von einem Tag auf den anderen wegfallen lässt, während Nachfolge- und Ersatzenergieträger und Produktionsanlagen in den Kinderschuhen stecken und noch nicht ausgerollt sind.

Das wäre, als hätten die Proto-Menschen in dem Moment mit Holz verbrennen aufgehört, als der erste findige Mensch ein Stück Kohle gefunden und angezündet hat.

Die Wasserkraftwerke haben wir nicht abgeschaltet, als wir den Grundstein des ersten AKWs gelegt haben. Die Gasröhren nicht aus dem Boden gerissen, als wir die ersten Steckdosen in Häusern installierten.

Nun wollen wir in wenigen Jahren (wenn man uns den „Gashahn“ zudreht sogar in Tagen oder Monaten) schaffen, was noch nie praktisch durchgeführt wurde: Vollständiger Verzicht auf Erdöl, Gas und Kohle.

Messmers gutgemeinter Traum, direkt vom Ponyhof, erscheint mir als Alptraum.

Ich, 2032, auf die letzte Dekade zurückblickend: In den letzten zehn Jahren war Europa komplett verarmt, hatte es doch seinen gesamten Reichtum in nicht enden wollenden „Energiewenden“ verprasst. Wenn die energieintensiven Industrien nicht Konkurs gegangen waren, zügelten sie alle dorthin, wo man fossile Energie weiterhin günstig, ohne Gewissensbisse und zuverlässig erhielt. Die Jobs dieser Branchen kamen nie wieder. Gegen Schluss arbeiteten 99 Prozent der Bewohner beim Staat, da die Energiewenden nicht dem freien Markt überlassen, sondern jeder Aspekt minutiös von Beamten und Technokraten geplant und ausgeführt werden musste. Länder ausserhalb des westlichen Sanktionsblocks hatten sich nach diesem fatalen Entscheid Europas nicht zwei Mal bitten lassen, und Russland die von unserem fatalen freiwilligen Verzicht frei werdende fossile Energie abgekauft (Stichwort: Grünes Paradoxon).

Wenn wir gerade bei dem Thema sind — die ganze Welt zieht gegen Russland am selben Strick. Die ganze Welt? Nein, eigentlich nur Demokratien westlicher Prägung:

Quelle: Russia sanctioned by the world

Dementsprechend wird es dann heissen: Wir haben alles verloren: Die Ressourcen, das Geld, die Menschen, die Forschungseinrichtungen und die Demokratie. Der so gut gemeinte Entscheid wurde zu unserem Untergang.

Einzelmeinung eines Irrläufers? Nun:

BASF-CHEF IM INTERVIEW

„Wollen wir sehenden Auges unsere gesamte Volkswirtschaft zerstören?“

Der Chemiekonzern BASF ist einer der größten Energieverbraucher Deutschlands. Vorstandschef Martin Brudermüller hält einen Import-Boykott gegen russisches Erdgas für unverantwortlich. Viele Deutschen unterschätzten die Risiken.

Quelle: FAZ: „Wollen wir sehenden Auges unsere gesamte Volkswirtschaft zerstören?“

Nachtrag: Nun auch noch ThyssenKrupp: Thyssenkrupp-Chefin Merz über den Krieg und die Konsequenzen: »Die Wirtschaft könnte regelrecht implodieren«

Bis es so weit ist, treten wir bald in folgende Phase ein, dies bereits beim Neuen Menschen gab:

Hingegen führte beim Großteil der Massen die Umpolung religiöser Energien offenbar weithin zum gewünschten Resultat unkritischer Gefolgschaft. Die frühe Idolisierung Lenins […] griff ohne Bedenken auf kirchlich-orthodoxe Motive und Praktiken zurück: Auf Demonstrationen, die die Tradition der kirchlich-orthodoxen Prozessionen aufnahmen, wurden die Porträts der Gründergestalten der „Neuen Zeit“ auf Tafeln – gleich Ikonen – vorangetragen; in der Presse wurde Lenin zur „Seele der Oktober-Revolution“, ein Mitkämpfer wie Sinowjew sah ihn als Heiligen, Apostel und Propheten des Weltkommunismus, die Parallelen mit Christus häuften sich.

Quelle: Der sowjetische „Neue Mensch“

Halten wir Ausschau nach den „Klimaheiligen“ und „Propheten der Energiewende“. Die ersten sind schon da.

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Mittwoch, 30. März 2022

Ukraine: Der Anfang vom Ende, oder das Ende des Anfangs?

Irgendwann in dieser Woche passiert es: Die russische Armee wird kampfunfähig (siehe Der Countdown läuft). Die westlichen Medien berichten von ersten Anzeichen.

Die Reaktion der Märkte: Der Goldpreis bricht ein, der Erdölpreis sinkt, die Aktien steigen. Diese Bewegungen deuten auf ein baldiges Ende des Konflikts hin. Nachtrag: Die Märkte drehen doch schon wieder.

Der Anfang vom Ende … oder doch nur das Ende des Anfangs?

Denn dann stolpert man unachtsam in eine dieser vielen Twitter-Bubbles, und die Entwicklungen werden komplett anders gedeutet — erstaunlicherweise ist darunter auch die New York Times, Flaggschiff der Qualitätszeitungen:

  • New York Times: What if Putin Didn’t Miscalculate? (29. März 2022) Zusammenfassung: Die Ostukraine ist rohstoffreich, und in der aktuellen militärischen Lage kontrolliert Russland dieses Gebiet nun. Es ging weniger um die Einverleibung der russischsprachigen Regionen der Ukraine, sondern die Einverleibung und Absicherung der Bodenschätze.
  • The Tribune India: Dissecting Ukraine imbroglio Zusammenfassung: Die Kriegsziele der Russen sind die Ostukraine (alles östlich des Dnepr), sowie die gesamte Schwarzmeerküste. Besonderes Interesse gilt Mariupol, aus verschiedenen Gründen: Das Asov-Battalion, in der Ukraine tolerierte Neo-Nazis, hat seinen Stützupunkt dort, und sei (mittlerweile) eingekesselt, aber auch, weil die Stadt strategisch wichtig ist, um die ganze Küstenregion zu besetzen. Schlussendlich befindet sich dort auch wichtige Schwerindustrie und die dazugehörigen Köpfe (wobei: sind die nicht alle geflüchtet?), und als Hafenstadt ist Mariupol sehr wichtig für den Schiffsexport von Rohstoffen.
  • Anonymer Substack-Benutzer: What if Putin had outplayed us all? Has Russia executed the most devilish plan of the 21th century? (24. März 2022) Zusammenfassung: Russland sucht eine Abkehr vom Petrodollar. ACHTUNG: Der Substack-Account hat nur einen einzigen Artikel publiziert — diesen. Und der Autor steht nicht mit richtigem Namen hin. Sehr verdächtig.
  • Scott Ritter auf Twitter: Big Arrow War Thread (29. März 2022) Vorweg: Schreibt doch um Himmelswillen Blog-Artikel, anstelle Twitter-Salven abzusetzen! Zusammenfassung: Die gesamte Kriegstaktik bestand bisher darin, mit einem Drittel der Stärke der ukrainischen Armee die ukrainischen Kräfte an mehreren Fronten zu binden, um die eigentlichen Kriegsziele zu erreichen. Die Taktik soll Big Arrow War heissen. ACHTUNG: Ritter ist ein äussert zwielichtiger, vorbestrafter Geselle, und angabegemäss Russland-freundlich.
  • Former top Pentagon advisor Col. Doug Macgregor on Russia-Ukraine war (15. März 2022) Damals noch völlig davon überzeugt, dass die Ukraine keine Chance gegen den übermächtigen Gegner hat.

Ja was jetzt — ist Putin der GröStüaZ, grösste Stümper aller Zeiten, oder der erste Alexander der Grosse des 21. Jahrhunderts? Wir werden es bald wissen.

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